Martina Michels in der Kulturausschussdebatte, 26.10.2020
Martina Michels in der Kulturausschussdebatte, 26.10.2020

Kulturausschuss knüpft am Flickenteppich der digitalen Bildung

Infrastruktur – Lernsoftware – Digitale Kompetenzen – Diskriminierungsfreie Kommunikation im Netz

„Aktionsplan Digitale Bildung 2021 – 2027“ – Ja, so etwas gibt es in der EU, dabei haben 43 % der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger nur sehr marginale digitale Kompetenzen und dazu gehören denn auch oft Lehrerinnen und Lehrer. Das ist alles in allem nur eines der Probleme, die mit solch einem Plan aus der Welt geschafft werden sollen. In Rumänien hatten gerade monatelang 100 % aller Kinder gar keine Schule und selbst in den Ländern mit guter digitaler Infrastruktur und höheren Einkommen betraf dies 10 % aller Lernenden. Das Brennglas „Pandemie“ hat den Mount Everest der ungelösten Herausforderungen sichtbar gemacht.

Heute debattierte der Kulturausschuss einen Bericht zur Gestaltung Digitaler Bildung vom Berichterstatter Viktor Negrescu (S&D), veröffentlicht am 7. Oktober 2020. Negrescu hatte sich die Mühe gemacht, schon vor den Mitteilungen der Kommission am 30. September 2020 ein umfangreiches Arbeitspapier zu erstellen, welches die Bemühungen der EU Kommission und des Europaparlaments seit 2018 zusammenfasst und jetzt noch die Situation in den Mitgliedstaaten durch die Corona-Pandemie aufgreift. Dazu wurden Statistiken und Modellprojekte ausgewertet. 

Martina Michels dankte dem Berichterstatter im heutigen Austausch, weil er den Flickenteppich rund um den Aktionsplan Digitale Bildung sehr gut zusammengefasst hatte. Ihm ist der Zugang aller zu Bildung oberstes Gebot und dabe geht er soweit, dass er anmahnt die digitale Infrastruktur als öffentliches Gut zu behandeln. Er knüpfte an die allseits festgehaltene Problematik an, dass das mangelnde digitale Kompetenzniveau natürlich auch ein Problem von Lehrerinnen und Lehrern, neben den Lernenden ist. Aus den Studien ging deutlich hervor, dass nur diejenigen das Recht auf Bildung einleben lang wahrnehmen Weiterbildungen anstreben, die digitale Grundkompetenzen erworben haben. Berufsumstiege, z. B. hervorgerufen vom industriellen Strukturwandel, sind heute ohne derartige Kompetenzen nicht zu bewältigen.

Über die – gerade durch Covid-19 nochmals deutlich gewordenen – Probleme, wie fehlende Lernsoftware und Vernetzung hinaus, (denn es kann nicht nur darum gehen, sich die vormals kopierten Arbeitsblätter während eines Lockdowns per Mail zu schicken), machte Martina in der Debatte jedoch auf ein bisher überhaupt nicht diskutiertes Problem aufmerksam:

„Lehrerinnen und Lehrer werden auch in Zukunft keine Informatiker*innen. Sie sollten bei der Entwicklung von Lernsoftware und Lernnetzwerken mit ihren pädagogischen Erfahrungen von Beginn an in den Entwicklerteams sein.

Und an einer Stelle müssen wir umdenken: An Universitäten ist eine Netzwerkbetreuung für alle normal. Wir brauchen Informatiker*innen an jeder Bildungseinrichtung, auch in der Grundschule und zwar intern, nicht extern. Dabei geht es auch um die ersten Kenntnisse des Programmieren bis zur datensicheren Anwendungen, vom Aufbau von Intranet-Strukturen an Bildungseinrichtungen. Es geht um diskriminierungsfreie Kommunikation und sichere Wissensquellen im Netz usw.“ 

(Das Video der Wortmeldung wird umgehend hier eingestellt.)

Der Bericht wird in den kommenden Wochen erarbeitet, mit Stellungnahmen zum Beispiel auch des Beschäftigungsausschusses (EMPL) und wir werden über den Fortgang berichten.

In der vergangenen Woche wurde schon ein Bericht zur Zukunft der Bildung angesichts der Pandemie im Plenum abgestimmt. Martina hatte die Abstimmung kommentiert und daraus können wir – neben den hier schon angeschnittenen Problemen – mitnehmen, dass wir für die besten politischen Vorschläge andererseits auch eine angemessene Finanzierung brauchen. Dies gilt für die EU und die Mitgliedsstaaten gleichermaßen.

Kulturausschuss, remote: Wortmeldung von Martina Michels, 26.10.2020
Screenshot/Konstanze Kriese