Martinas Woche 42_2019: Ist die EU noch politisch handlungsfähig?
Krieg in Nordsyrien – Brexit – Episode x – Azubis in Brüssel – MEETeinander – Plenarfokus
Was für eine Woche…
Weder Merkel, Maas noch Macron übernehmen Verantwortung bei der Ächtung des völkerrechtswidrigen Einmarsches der Türkei in Nordsyrien. Die Europäischen Staats- und Regierungschefs bzw. -Chefinnen finden das zwar alles nicht in Ordnung, aber es reichte nicht mal auf dem Regierungsgipfel für ein gemeinsames Waffenembargo, nachdem man gemeinsam Recep Tayyip Erdoğans Truppe seit Jahren profitabel hochgerüstet hat. Die Nachrichten, dass neben dem Einmarsch an sich am laufenden Band Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung verübt werden, verdichten sich. Die UN ermittelt wegen des Einsatzes von Giftgas. Amnesty International hat entsprechende Berichte vorgelegt. Erdoğan selbst schockiert heute die Weltöffentlichkeit indem er, gleich seinen dschihadistischen Söldnern, mit einer mörderischen Sprache die Köpfe seiner Feinde „zerquetschen“ will – jener, der vom ihm wahllos zu Terroristen erklärten.
Bei diesen Nachrichten ist es nicht einfach, das parlamentarische Tagesgeschäft voller Konzentrtion zu absolvieren. Man schreibt Bekannten aus Diyarbakır, redet mit Freunden der HDP oder aus Syrien … Es ist das Mindeste, Solidarität mit Kurdinnen und Kurden, wo immer es geht, öffentlich zu machen, ob durch Spenden, Reden, Videos, im und vor allem auch außerhalb des Parlaments. So hat Özlem sich in Brüssel aus dem Parlament und auf dem Luxemburgplatz engagiert. Martina sprach am Samstag auch in Berlin bei der #riseup4Rojava-Demonstration, nachdem sie am Samstagvormittag schon einen Termin in Magdeburg hatte. Zwischendurch haben wir die kommende Woche in Straßburg vorbereitet, kamen junge Besucherinnen und Besucher nach Brüssel und hat uns der Brexit vor neue Rätsel gestellt. Beim Plenum in Straßburg wird Martina gleich am Montagabend zu den antisemistischen Anschlägen in Halle sprechen. Schlaglichter der kommenden Plenarwoche findet ihr in unserem Plenarfokus.
Solidarität mit der demokratischen Selbstverwaltung in Rojava – Stoppt den Krieg in Nordsyrien!
Martina sprach am gestrigen Samstag in Berlin (hier im Video) auf einer der vielen europaweiten Solidaritätskundgebungen, die zeitgleich mit der großen Demonstration in Köln stattfanden. Zuvor hatte Özlem Demirel ein kurzes Videostatement in Brüssel veröffentlicht und am Mittwoch, noch bevor die niederträchtige „Waffenruhe“ zwischen Trump und Erdoğan sich als neue Eskalation des politischen Versagens auf Kosten von Kurdinnen und Kurden Bahn brach, sprach Özlem auf dem Luxemburg-Platz vorm Europaparlament in Brüssel.
Wir gehen davon aus, dass auch in Straßburg die Situation in Nordsyrien erneut auf der Tagesordnung steht, denn die Sackgasse, in die sich eine tatenlose Staatengemeinschaft manövriert hat, das Versagen des Sicherheitsrates, der NATO, der EU ist derzeit Assads und Putins Lohn und stabilisiert Erdoğan erneut innenpolitisch. Nachhaltige Politik ist das nicht, weder humanitär noch konfliktlösend. Darüberhinaus ist nicht einmal auf der Ebene einfachster sicherheitspolitischer Interessen nachvollziehbar, dass die EU zuschaut, wie hunderte IS-Kämpfer aus den von der YPG/YPJ bewachten Gefängnissen ausbrechen. Früher oder später tauchen sie im Irak unter, reorganisieren sich und tauchen in Mitteleuropa wieder auf. Und wer bis heute geglaubt hat, dass Erdoğan nicht mit ihnen liebäugelt, ist entweder naiv oder blind, auf jeden Fall gehörig verantwortungslos, sofern man in Regierungsämtern die Herausforderung, den Krieg in Syrien zu beenden, noch annehmen will. Immerhin leisten hier die Öffentlich-Rechtlichen Sender derzeit Aufklärungsarbeit, zum Beispiel mit dem Tagesschaubeitrag zu Erdoğans Beziehungen zum IS. Hoffentlich guckt das Kanzleramt denn auch ab und an die Tagesschau.
Brexit – das Serienspecial der EU
Netflix, Amazon und iTunes haben bestimmt schon diverse Drehbuchautor*innen am Start. Doch die Downingstreet scheint alles zu toppen. Nun hat das Unterhaus eine Verschiebung entschieden, die der Brexit-Hardliner Johnson höchst selbst beantragen muss. Was zuvor auf dem Tisch lang, bewertete Martin Schirdewan gleichsam als unfertig, vor allem weil jegliche demokratische Basis fehlt.
Azubis in Brüssel
Azubis der Stadtverwaltung Bitterfeld kamen am Mittwoch nach Brüssel und besuchten Martina Michels im Parlament. Unsere Berliner Europaabgeordnete betreut auch den „Wahlkreis“ Sachsen-Anhalt. Die jungen Leute hatten ihre Brüsseler Erfahrungen selbst organisiert. Sie wollten sich die EU-Gesetzgebung und besonders die EU-Fördermittelrichtlinien genauer anschauen, denn vielleicht kommen sie in den Genuss, diese auch praktisch umzusetzen. Martina war dankbar für die vielen kritischen Fragen und eine gute Diskussion rund um den EU-Haushalt, die Regional- und Förderpolitik, soziale, wirtschaftliche und Infrastrukturprobleme im ländlichen Raum,. Und es ging einmal mehr auch um den Klimaschutz oder komplizierte Begriffe wie „smart cities & villages“. Nachhaltiger Tourismus interessierte genauso wie der Brexit. Letztlich war das eine rundum aufregende Begegnung mit Gewinn auf beiden Seiten.
MEETeinander – Samstag in Sachsen-Anhalt
Die Linke Sachsen-Anhalts hatte am Samstag zum „MEETeinander“, zu einem Mitglieder- und Sympathisant*innentreffen, in der „Alten Viehbörse“ geladen. Den Auftakt der rege besuchten Veranstaltung, nach deren Eröffnung durch den Landesvorsitzenden, bildete das „Couchgeflüster“ – ein Gespräch mit Martina Michels als Europaabgeordnete. Sabine Krems-Jany, die Landesgeschäftsführerin der Linken in Sachsen-Anhalt, befragte Martina anfänglich zu persönlichen Dingen, zu ihrem politischen Werdegang, den Mühen der parlamentarischen Arbeit in Berlin und später in Brüssel, zu ihrem Freizeitbudget. Doch letztlich stand die Politik im Mittelpunkt…