Eine gegenseitige Blockade

Helmut Scholz zum Stand der politischen Beziehungen zwischen der EU und Russland

Redemanuskript:

Die bilateralen Beziehungen der EU zu Russland befinden sich im kritischsten Zustand seit 1990 und drohen sich weiter zu verschlechtern. Wir stehen vor einer prinzipiellen Entscheidung:
Wie wollen wir Frieden und partnerschaftliche Beziehungen mit Russland im Interesse der Lösung gravierender Probleme auf unserem Kontinent, in unmittelbarer Nachbarschaft der EU und Russland und auch unsere Verantwortung für Konflikte in anderen Regionen der Erde künftig gewährleisten?
Die Erfahrungen des 20. Jahrhunderts aber auch der letzten zwei Jahrzehnte lehren uns, Stabilität, Frieden und Lösungsansätze –  bei allen unterschiedlichen Interessenslagen beteiligter Akteure – ist nicht gegen, sondern nur mit Russland umzusetzen.

Liebe Kolleg*innen, liebe Berichterstatterin, wir haben beim Bericht darüber diskutiert, ob die Beziehungen auf gegenseitiger Abschreckung basieren sollen. Ich bleibe dabei: das ist falsch! Wir manövrieren unsere Beziehungen immer tiefer in eine gegenseitige Blockade. 
Angesichts der Spannungen, Rüstungswettläufe und einer wachsenden politischen und militärischen Konfrontation muss zu Differenzen ein sachlicher, kritischer sowie ergebnisorientierter Dialogleitfaden ohne Vorbedingungen in Angriff genommen und entwickelt werden. Dazu gehört auch das Aufheben der gegenseitigen Sanktionen auf die parlamentarische Zusammenarbeit. 

Die EU sollte ihre durchaus berechtigte kritische Bewertung der Innen- und Außenpolitik Russlands durch eine selbstkritische Analyse ihrer eigenen Politik ergänzen. Das erwarte ich ebenso von allen politischen Verantwortlichen in der Russischen Föderation. 

(Nicht mehr in der Redezeit:)

Wirtschaftliche Verflechtungen, gemeinsame Anstrengungen zur Begrenzung des Klimawandels, das Beharren auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und solidarisches Einfordern von Menschenrechten, auch durch Kontakte mit der Zivilgesellschaft, müssen Eckpfeiler unseres künftigen Verhältnisses zu den Menschen und politischen und wirtschaftlichen Verantwortlichen in Russland sein. Unsere Fraktion hat deshalb eine alternative Resolution eingebracht.