Martinas Woche 40_2018
Strasbourg – Berlin – London: Medienrichtlinie – Kampf gegen Nazis – Unternehmen & Menschenrechte – Lichtkunst in Berlin – Banksy schockt den Kunstmarkt
In dieser Woche reiste das ganze Parlament zum Plenum nach Strasbourg und das war nur der Anfang, denn Ende Oktober ist gleich noch eine Plenumswoche mit dem berüchtigten Reisezirkus, den, würde es nach den Parlamentarierinnen und Parlamentariern gehen, alle sofort beenden würden. Vergangenen Dienstag wurde das Verhandlungsergebnis der Audiovisuellen Mediendienste-Richtlinie (AVMD-RL) angenommen. Wir haben uns ernsthaft gefragt warum? Darüberhinaus weisen wir auf Tiefpunkte und Lichtblicke der Plenumswoche und wenn wir schon bei Lichtblicken sind: In Berlin finden derzeit gleich zwei Festivals auf den öffentlichen Straßen und Plätzen statt, das „Festival of Light“ und „Berlin leuchtet“. Doch die Kunstfachwelt und der Kunstmarkt schaute in dieser Woche wohl eher stauend nach London, als sich ein Bild von Banksy im Moment seiner Ersteigerung selbst schredderte.
Reform der Audiovisuellen Mediendiensterichtlinie
Es war ein langer Weg vom „Fernsehen ohne Grenzen“ bis zur Audiovisuellen Mediendienste-Richtlinie und ihrer Revision, denn lineares Fernsehen, wie wir es aus der „guten alten Zeit“ kennen, ist längst ergänzt durch Streamingangebote auf iPads und Smartphones, durch podcasts und online-Kanäle und alle unterlagen bis heute ganz unterschiedlichen Regulationen, obwohl sie alle unsere audiovisuelle Welt prägen. Das große Bemühen, die Videosharingplattformen den traditionellen Sendeanstalten gleichzustellen, vor allem wenn es um die redaktionelle Verantwortung geht, um Werbung und Jugendschutz ist nur mäßig gelungen, eher liegen die Konflikte jetzt etwas klarer auf dem Tisch, doch die Lösungen lassen noch immer sehr zu wünschen übrig. Martina Michels hat deshalb recht ausführlich die Abstimmung kommentiert.
Linke Fraktion beantragte Aussprache zur Zunahme faschistischer Gewalttaten in Europa
Die von unserer Fraktion beantragte aktuelle Aussprache fand die Zustimmung bei der Mehrheit im Parlament, aktuelle Anlässe, wie die Gewaltattacken gegen unser Fraktionsmitglied Eleonora Forenza, erhöhten den Druck auf eine dringende Auseinandersetzung. Martin Schirdewan setzte in der Debatte den klaren Auftakt, dass es hier nicht um Meinungen geht, die man aushalten muss, sondern um Verbrechen. Faschistischer Geist verbunden mit verbaler Einschüchterung und körperlicher Bedrohung bis zum Mord, insbesondere gegen Minderheiten und Menschen mit eher linken Einstellungen sind inmitten europäischer Gesellschaften keine Einzelfälle. Oft werden sie vertuscht, indem die Tatmotive nicht als rassistische eingestuft werden. In dieser interaktiven Karte verbürgt sich eine erschütternde Aufzählung faschistischer Straftaten in Deutschland und sie zeigt klar, dass der politische Handlungsbedarf weitaus größer ist, als oft dargestellt.
Lichtblick der Woche – Unternehmen sollen Menschenrechte einhalten
Gegen Stimmen von Abgeordneten der Konservativen und der Fraktion, in der auch die AfD vertreten ist, der EFDD, hat eine Mehrheit aus linken, sozialdemokratischen, grünen und liberalen Europaabgeordneten sich am Donnerstag für einen UNO-Vertrag ausgesprochen, in dem die Pflichten von Unternehmen zur Einhaltung der Menschenrechte rechtsverbindlich festgeschrieben werden sollen. Helmut Scholz, unser Mitglied im Internationalen Handelsausschuss erläutert dazu die Details.
Lichtkunst – Festival of Lights und „Berlin leuchtet“ – noch bis 14. September
In Berlin kann man derzeit Unter den LINDEN, schon zuvor am Alexanderplatz beginnend bis zum Brandenburger Tor einen fantastischen Wettbewerb der Lichtanimateurinnen und -animateure bewundern. Markante und historische Gebäude, wie der Fernsehturm, die Oper oder die Humboldt-Uni werden völlig verwandelt und ziehen derzeit jeden Abend tausende Besucherinnen und Besucher, Berlinerinnen und Berliner in die Innenstadt. Wir haben einige Motive für euch fotografiert.
Bildkunst – Banksy verblüfft mit Selbstzerstörungsmechanismus den Kunstmarkt
Bei Sotheby’s im berühmten Haus der Versteigerung von Kunst gab es am Freitag eine Sensation. Während eines der bekanntesten Werke des bis heute anonym agierenden Straßenkünstlers Banksy „Girl with Ballon“ ersteigert wurde, zerstörte sich das Werk im Moment des Verkaufs im Wert von 1,04 Millionen Pfund, in dem es im eigenen Rahmen abwärts durch einen Schredder fuhr. Eigentlich nur bis zur Hälfte, der Ballon in Herzform blieb erhalten, was immer uns Banksy damit alles ins Stammbuch schreiben wollte oder nicht. Doch die Kommentatorinnen des Kunstmarktes sinnierten nur unter leichtem Schock, ob das Werk dadurch noch eine Wertsteigerung erfahren haben könnte… Kunstmarkt halt, Hauptsache Wertsteigerung.
Wer Banksy satt erleben will, sei eine Fahrt nach Bethlehem empfohlen, zu einer kleinen unscheinbaren Autowaschanlage, an der der junge Mann, der den Blumenstrauß wirft, im Original zu sehen ist und dann sollte die Fahrt natürlich weitergehen zur Mauer vor Ostjerusalem. Dort ist nicht nur das Hotel von Banksy mit einer ganz beachtlichen Ausstellung von arabischen Künstlerinnen und Künstlern (Eintritt frei), dort findet man auch die sich täglich ändernde Mauermalereimotive von Banksy und Kolleginnen und Kollegen. Die Guides haben für die Besucherinnen immer Spraydosen parat und so sprühen nicht selten junge Jüdinnen und Juden aus New York Friedensbotschaften auf die andere Seite der Mauer. Manches ist an der krassen Stelle verständlicherweise alleinig aus palästinensischer Perspektive geprägt, gespickt mit grenzwertigem Hass auf Israel und schönen Grüßen der eher kunstfeindlichen und den Kunstdialog negierenden BDS-Bewegung. Doch viele der Malereien zielen auf Versöhnung und ein Wachrütteln, weil wir mit der Ausblendung dieses Teils des Nahost-Konfliktes, der Unversöhnlichkeit zwischen Israel und Palästina nicht weiterkommen. Jeden Tag führen vor allem junge Leute aus aller Welt vor dieser Mauer ellenlange Diskussion, die endlich in die Ohren der Hardliner auf beiden Seiten dringen sollten. Kunst kann jedenfalls viel mehr als die Geldwerte steigern. Die von Banksy allemal.