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Gabi Zimmer, Vorsitzende der EP-Linksfraktion GUE/NGL und Martina Michels, Mitglied in der EP-Delegation für die Beziehungen zur Türkei, waren am vergangenen Wochenende zu Gast beim HDP-Kongress in Ankara. Dort fand am Sonntag unter massiven Behinderungen und einem extremen Sicherheitsaufgebot der dritte Parteitag der HDP statt.

In ihrem Grußwort betonte Gabi Zimmer: „Ich bin froh, hier sein zu dürfen, zu erleben, dass sich niemand hat abhalten lassen, hier auf dem Parteitag die Stimme einer politischen Opposition in der Türkei zu erheben. Einer Opposition, die sich für Frieden und Dialog, für Frauenrechte und eine friedliche Lösung der Frage der kurdischen Bevölkerung einsetzt – Ihr seid nicht allein!“

Sie rief zu den über 30.000 Gästen des Parteitages, „dass nicht die Vorstellungen einer einzelnen Person das Zusammenleben in der Türkei bestimmen dürfen, sondern nur die Selbstbestimmung eines jeden und jeder einzelnen der Weg in eine tragfähige Zukunft sein kann.“

Martina Michels erläuterte zu den unmittelbaren Ergebnissen des Parteitages: „Die HDP hat sich vorgenommen, Erdoğans AKP ein drittes Mal die absolute Mehrheit zu vereiteln und damit die Pläne auf dem Weg zu einer präsidialen Verfassung zu durchkreuzen. Auf dem Parteitag konnte man deutlich spüren, dass die HDP-Mitglieder und ihre neuen Vorsitzenden alles daran setzen werden, dass die politische Opposition zu hören ist und als Alternative wahrgenommen wird. Sie brauchen dafür zugleich enorme Unterstützung und auch eine klare Stimme von Seiten der EU, sich für Menschenrechte in der Türkei einzusetzen. Flüchtlingsdeals zur Aufrechterhaltung der EU-Abschottungspolitik und Waffenexporte in die Türkei sind keine Basis für eine Nachbarschaftspolitik mit einem Land, das längst diktatorisch regiert wird und völlig zerrissen ist.“

In Gesprächen berichteten Zimmer und Michels von der Petition für Frieden und Dialog, die inzwischen mehr als 100 Abgeordnete des Europäischen Parlaments fraktionsübergreifend unterzeichnet haben. Angesichts der Militärintervention in Afrin wird die türkische Regierung aufgefordert, zu einer friedlichen Politik zurückzukehren.

Gabi Zimmer dazu: „Es ist unglaublich, dass die Forderung nach Frieden nun ein weiteres Mal zu Haftbefehlen, Gefängnis und Verfolgung führt, dass Menschenrechte auf Meinungsfreiheit und politische Einmischung massiv missachtet werden. Genau deshalb brauchen die vielen, mit ihren ganz verschiedenen Auffassungen eine Stimme in der Öffentlichkeit. Das gilt auch für Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ“, deren Freilassung Zimmer abermals forderte.

Martina Michels zitierte einen Teilnehmer des HDP-Kongresses, der die Herfahrt zum Parteitag in folgende Worte fasste: „‘Sie haben uns sooft durchsucht und haben nichts gefunden, außer unsere Hoffnung.‘ Dies bedeutete auch, dass wir in der EU endlich unsere Hausaufgaben machen und Erdoğan zeigen, dass wir den Weg in eine Diktatur am Bosporus nicht einfach hinnehmen.“ 

Neben der GUE/NGL-Fraktion waren über 50 weitere internationale Gäste zum HDP-Kongress geladen, darunter auch das Mitglied der linken Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses, Hakan Taş und die Hamburger LINKEN-Politikerin Cansu Özdemir.

 

Hintergrund

Am Sonntagnachmittag wählten 1.180 Delegierte, die Abgeordnete Pervin Buldan und den Wirtschaftsprofessor Sezai Temelli zu den neuen Co-Vorsitzenden. Ihnen obliegt die schwere Aufgabe, die HDP in die Wahlen, die bisher für 2019 angesetzt sind, zu führen.

Die bis zum Parteitag amtierende Vorsitzende, Serail Kemalbay, die für die Co-Vorsitzende Figen Yüksekdag, die Geschäfte übernommen hatte, weil ihr von einem Gericht sogar die Parteimitgliedschaft in der HDP abgesprochen wurde, kam einen Tag vor dem Parteitag aus der Haft. Ihr werden, wie Hunderten anderen, die ebenfalls in den letzten Tagen verhaftet wurden, kritische Äußerungen zur Militärintervention in Afrin vorgeworfen. Die Sprecher der grün-linken Zukunftspartei Istanbuls YSGP, Eylem Tuncaelli und Naci Sönmez, sowie den HDK Sprecher, Prof. Dr. Onur Hamzaoglu, gehören ebenfalls zu den inzwischen 666 Inhaftierten der jüngsten Verhaftungswelle. 

 

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Left MEPs stand firm with opposition allies against Erdoğan

The Left group in the European Parliament has expressed its solidarity with Turkey’s main opposition left-wing party, the HDP, as MEPs along with over 30,000 delegates attended its third annual congress in Ankara on Sunday despite heavy security.

Pervin Buldan, a Kurd, and Sezai Temelli, a Turk were elected as the new HDP co-chairs – replacing Selahattin Demirtaş and Serpil Kemalbay. Both Demirtaş and former party leader Figen Yüksekdağ remain in jail on a variety of state-imposed charges. 

GUE/NGL President Gabi Zimmer addressed the congress and praised the delegates’ courage and defiance in the face of repeated threats and intimidation:

„I am delighted to be here with you and to see that no one at this congress is afraid of speaking up as the main opposition in Turkey – an opposition that is campaigning for peace and dialogue, for women’s rights and a peaceful solution to the Kurdish issue. You are not alone!“

In reference to Turkey’s authoritarian leader, Recep Tayyip Erdoğan, Zimmer said:

„No single person has the right to determine how one coexists in Turkey.”

The HDP congress took place just days after MEPs in the European Parliament called on Ankara to scrap the state of emergency in place since the failed July 2016 coup and has been used by Erdoğan to target political opponents, the judiciary, NGOs and the media.

Also at the congress was Martina Michels MEP, who is a member of the European Parliament’s delegation to Turkey. She relayed that some delegates still have faith in the EU to do the right thing and to not bow to Erdoğan’s demands:

“At the HDP congress, one gets a sense that the party members and their new co-chairs will do their best to ensure the political opposition is heard and seen as an alternative.”

“Having said that, they still need a huge amount of support and a strong voice from the EU to promote human rights in Turkey. Anti-refugee and migrant deals to maintain Fortress Europe and the continuation of arms exports to Turkey are no basis for a coherent Neighborhood Policy with a country that has long been authoritarian and fractious.“

Zimmer and Michels also presented a petition for peace and dialogue to the HDP delegates. Signed by 100 MEPs from across the political spectrum, it denounces the Turkish invasion of Afrin and calls on Ankara for a return to peace.

Zimmer concluded: „it beggars belief that that the call for peace has once again led to arrest warrants, imprisonment and persecution, and that human rights to freedom of expression and political interference have been disregarded. That is why so many citizens with divergent views are in need of a voice. This equally applies to the former co-chairs, Selahattin Demirtaş and Figen Yüksekdağ. We demand their immediate release from Turkish jails.” 

 

GUE/NGL Press Contact: Ben Leung
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