Martinas Woche 46_2016
Brüssel – Berlin- Erfurt
In der vergangenen Woche – in denen wohl alle Medien sich vor allem Trumps Wahlsieg und den Folgen widmeten – lud die GUE/NGL u. a. zu einer großen Konferenz zum Schutz von Whisteblowern ein. Die Kommission verhielt sich einmal mehr als Reparaturbehörde und will dann letztlich trotzdem Teil des Problems der absurden Sparpolitik bleiben, wie sie in ihrem Beschluss zu Portugal und Spanien beweist. In Berlin startete in dieser Woche eine rot-rot-grüne Regierung. Ein erweiterter GUE/NGL-Vorstand traf sich in Erfurt. Neben dem Rückbick verweist Martina auf zwei kommende Veranstaltungen, am 25.11. in Berlin und am 29.11. in Brüssel.
Brüssel 1: Whistelblowerkonferenz
Letzte Woche hatten wir schon vom Whistleblowerfilmfestival im Brüsseler Kulturzentrum „Botanique“ berichtet. Am Dienstag dann hatte die die GUE/NGL, die linke Fraktion im Europaparlament, zu einer Konferenz zum gleichen Thema geladen. Es sollte dabei insbesondere um die politischen Konsequenzen des mangelnden Schutzes der Whistleblower auf europäischer Ebene gehen, ergänzt um die unmittelbaren Erfahrungen der Whistleblower großer Bankhäuser. Deutlich wurde, dass die Gerichte und die Staatsanwaltschaft leider nicht die erste Adresse sein können, wenn es um weitreichende Aufdeckung von kriminellen Machenschaften der Mächtigsten in der Wirtschaft, im Finanzsektor, im Steuervollzug geht. Eine unabhängige Anlaufstelle, wie es die Niederlande geschaffen haben, bietet erst die entsprechende Beratung, Anonymität und die Begleitung zu Anwälten und Medien bei gleichzeitigem psycho-sozialen Schutz vom Whistleblowern. In einem Initiativbericht des Parlaments hat der linke Abgeordnete von der SP in den Niederlanden, Dennis De Jong, diesen Bedarf für gesetzliche Lösungen zusammengefasst. Nun müssen die entscheidenden Schritte in der Kommission erst gegangen werden.
Brüssel 2: Entscheidungen zu Strukturfonds in Portugal und Spanien
„Keine Suspendierung der Strukturfonds in Portugal und Spanien vorzuschlagen, ist die einzig sinnvolle Entscheidung, die die EU-Kommission treffen konnte. Es wäre wirtschaftlich, sozial und politisch unsinnig und gefährlich, den sowieso schon von Krisen getroffenen Regionen auch noch die kohäsionspolitischen Entwicklungsperspektiven zu verbauen.“ Martina Michels fast einen sinnvollen Kommissionsbeschluss zu monatelangen Debatten um die Strukturförderung in Portugal und Spanien zusammen. Doch sie kritisiert letztlich, dass die eigentliche politische Substanz, die Sparpolitik mit ihren Defizitverfahren nicht auf dem Prüfstand stand.
Berlin: Koalitionsvertrag diskutiert und vollendet
Berlin hatte im September gewählt und eine rot-rot-grüne Regierung ermöglicht, die sich jetzt mit einem ausgehandelten Koalitionsvertrag ans Werk macht. Viele interessante Details von anderer Mietenpolitik für Menschen ohne Job, LehrerInneneinstellungen, schneller Ausstieg aus der Kohle und einer Aufwertung der kommunalen Energieversorgung, sowie eines Sozialtickets für mehr Mobilität zeugen von hohen Zielsetzungen das Berliner „Weiter So“ der rot-schwarzen Vorgängerregierung endlich zu beenden. Dies verlangt zugleich eine andere Flüchtlingspolitik, eine funktionierende Verwaltung und eine Konzentration auf Berlins Weltoffenheit und kultureller Vielfalt in allen politischen Bereichen. Martina hat ihren Genossinnen und Genossen erst einmal beherzt gratuliert. Dass Metropolenpolitik immer auch Europapolitik ist, ist nun wirklich kein Geheimnis, weshalb hier die Zusammenarbeit letztlich nur wachsen kann.
Erfurt: Erweiterte Vorstandstagung der GUE/NGL im Landtag
Am Donnerstag und Freitag trafen sich Europaabgeordnete in Erfurt und gingen frisch ans Werk, indem sie praktisch Linke in Regierungen zum Thema machten. Ob Ministerin in Finnland, dereinst regierend Zypern und heute in Griechenland, die Linke ist europaweit eigentlich mit einem reichen Erfahrungsschatz ausgestattet, wenn es daran geht, ihre Forderungskataloge praktisch umzusetzen. Sie kennt die Widerspruchs- und die Beharrungsstrukturen in Verwaltungen und manch absurden Geist des Gesetzes, der auch für Linke gilt. Ziemlich schade war an der interessanten Debatte, dass die ausgesprochenen Gegner linken Regierungshandelns unter den Abgeordneten, der Veranstaltung eigentlich ferngeblieben waren. So war der Austausch zwar einerseits konkret und sehr qualifiziert, aber wenig Brücken bauend für ideologische Barrieren regierungsskeptischer linker Flügel.
GUE/NGL in der Gedenkstätte Buchenwald
Am zweiten Tag des Treffens waren die Abgeordneten früh in der neuen Ausstellung der Gedenkstätte Buchenwald, über deren erschütternde Hinterlassenschaft der obligatorisch scharfe Wind auf dem Ettersberg wehte. Eine abschließende Diskussion zur Bekämpfung des Rechtsextremismus‘ und Rassismus‘ hielt fest, dass wir es derzeit nicht mit ganz neuen Entwicklungen zu tun haben, sondern viele Jahrzehnte einer lebensweltlichen Ausbreitung menschenverachtender Ideologien zugeschaut wurde. Spätestens mit der Aufdeckung der NSU-Morde wurde überdies die Mithaftung des Verfassungsschutzes und anderer staatlicher Organe zum Thema der politischen Auseinandersetzung.
Tipp 1: 25. November 2016 – EuropaRot in Berlin
Einladung zu EuropaRot vor Ort
Was wissen wir über europäische Politik? Presse- und Meinungsfreiheit in Zeiten des Infotainments.
Ein Abend, an dem Martina Michels zu diesem Thema mit Frau Katharina Mikulčak vom Europäischen Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) sowie Ihren anderen Gästen ins Gespräch kommt.
25. November 2016, um 18.30 Uhr, im »Café Sibylle«, Karl-Marx-Allee 72
Tipp 2: 29. November 2016 – Fachgespräch zur Medienfreiheit in Brüssel
Alle Infos zu den Gästen des Europäischen Zentrums für Presse und Medienfreiheit und zu den Debattenschwerpunkten des Facgesprächs sind hier zu finden.
Anmeldung/Registrierung bis Dienstag, den 22.11. unter Angabe von Namen, Geb.-Datum und Pass-Nr. unter: konstanze.kriese@europarl.europa.eu