Selbstbestimmung des Roma-Parlaments in Budapest muss erhalten bleiben

Ungarische Regierung nimmt Verstöße gegen Recht und Gesetz in Kauf, um Roma-Parlament zu zerstören

Am 60. Jahrestag des Aufstandes und des Freiheitskampfes von 1956 haben in Budapest städtische Beamte unter Verweis auf „lebensbedrohliche Zustände“ die Räumlichkeiten des Roma-Parlaments aufgebrochen. Das kulturelle Eigentum, eine öffentliche Kunstsammlung, die Archive, Finanzunterlagen, wertvolle Gegenstände aus mehr als 26 Jahren wurden an einen unbekannten Ort gebracht.

Am nächsten Tag, dem 25.Oktober, entschied man unter Berufung auf einen Regierungsbeschluss, das nunmehr leerstehende Gebäude auf die Regierung zu übertragen. Die ungarische Regierung will ein „Vorzeigeobjekt“ in ihrem Sinne schaffen. Obwohl die Zustände im Gebäude offensichtlich nicht mehr „lebensbedrohlich“ waren, verwehrte man VertreterInnen des Roma-Parlaments jedoch den Zutritt.

Wegen der Nutzung des Gebäudes befindet sich das Roma-Parlament seit Jahren in einem Rechtsstreit.

Um auf diese Behördenwillkür aufmerksam zu machen, findet heute auf dem Mathias-Platz in der Joseph-Stadt ab 16 Uhr eine „Abschiedszeremonie“ statt. Von dort aus gibt es eine Demonstration zur Theologischen Hochschule im VIII. Bezirk, Dankó u. 11., in deren Restaurant von 17.30 bis 19.00 über die aktuelle Situation informiert und diskutiert wird.

Dazu erklärt Cornelia Ernst, Mitglied des Innenausschuss-Ausschusses des Europaparlaments:

„Wahrscheinlich war das Roma-Parlament im Recht. Warum sonst schafft man so Fakten, anstatt das Gerichtsurteil abzuwarten. Offensichtlich soll das Roma-Parlament vernichtet werden und durch ein regierungstreues Angebot ersetzt werden. Um dies durchzusetzen, ist man anscheinend nicht einmal mehr bereit, ein Gerichtsurteil abzuwarten. So wie für die Medien, gewährt die ungarische Regierung mittlerweile auch der Justiz nur dann die Unabhängigkeit und das letzte Wort, wenn sie in ihrem Sinne urteilt.

Mit dem Roma-Parlament soll ein weiterer Baustein der zivilgesellschaftlichen Selbstverwaltung in Ungarn geschliffen werden. Dies ist ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot der UN-Menschenrechtscharta.

Wenn die ungarische Regierung keine Rechtsbrecherin sein will, hat sie dem Roma-Parlament das entwendete Eigentum zurückzugeben, sowie ein alternatives Gebäude zur Nutzung zur Verfügung zu stellen.“

 

Anmerkung:

1990 wurde das Roma Parlament von zivilen Romagruppen gegründet, es war deren erste nichtstaatliche und selbstverwaltete Dachorganisation. Gemäß seiner Satzung setzt es sich dafür ein, die Situation der Roma in Ungarn zu verbessern. Es organisiert öffentliche, künstlerisch-professionelle Programme, organisiert Rechtsschutz und informiert und koordiniert das öffentliche Leben der Romagemeinschaft.

In Budapest wurde vor 25 Jahren ein Bürgerzentrum geschaffen, das neben einem Museum auch ein Theater sowie einen Sitzungssaal und die János-Balázs-Galerie beherbergt. In seinen Räumen befand sich auch eine einzigartige Dauerausstellung der zeitgenössischen Kunst der Roma.