Jetzt geht’s los! Brexit Kollateralnutzen: Rüstungsschub

Zur deutsch-französischen Verteidigungsinitiative erklärt Sabine Lösing, Koordinatorin der linken Fraktion im Auswärtigen Ausschuss (AFET) und im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung (SEDE) des Europäischen Parlaments:

„Insbesondere diejenigen, die den Ausbau des EU-Militärapparates schon lange vorantreiben wollen, können ihre Freude über den anstehenden britischen Austritt aus der EU kaum verbergen. So wird mein konservativer Kollege Elmar Brok, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments, heute mit den Worten zitiert: »Der Brexit hat auch gute Seiten.« Was das für Seiten sein sollen, erklärt Brok gleich mit: »Jahrelang haben uns die Briten aufgehalten. Jetzt geht es endlich voran.«“

„Tatsächlich war es stets Großbritannien, das bislang fast jede relevante EU-Militarisierungsinitiative aus Sorge um die Eigenständigkeit seiner Sicherheitspolitik im Keim erstickte. Mit dem anstehenden Brexit sehen nun Viele die Zeit für einen neuerlichen Militarisierungsschub gekommen. Bereits wenige Tage nach dem britischen Referendum am 23. Juni 2016 holten die Außenminister Deutschlands und Frankreichs ein offensichtlich lange vorher erarbeitetes Papier hervor, in dem der massive Ausbau des EU-Militärapparates gefordert wurde. Nach der Sommerpause schlug auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in dieselbe Kerbe. Der letzte Streich bestand nun in dem Papier »Erneuerung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik«, das Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihr französischer Amtskollege Jean-Yves Le Drian gestern gemeinsam veröffentlichten.“

„Darin wird eine deutsch-französische Verteidigungsinitiative präsentiert, mit der die sich mit dem Brexit bietende Möglichkeit beim Schopfe gepackt werden soll: »Unter der Prämisse der Entscheidung des Vereinten Königreichs, die Europäische Union zu verlassen, ist es nun unser Ziel, zu 27st weiter voranzuschreiten.« Gefordert werden u.a. die Einrichtung eines EU-Hauptquartiers, der Ausbau der EU-Rüstungsforschung, eine stärkere gemeinsame Finanzierung von EU-Militäreinsätzen und die »bessere« Einsetzbarkeit der EU-Kampftruppen. Auch ein konkreter Zeitablauf wurde benannt: Auf dem informellen Verteidigungsministertreffen am 26./27. September 2016 in Bratislava soll ein detaillierter Fahrplan präsentiert werden. Der soll dann beim Treffen der EU-VerteidigungsministerInnen am 15. November 2016 verabschiedet und könnte dann vom Europäischen Rat im Dezember 2016 bekräftigen werden.“

Sabine Lösing abschließend: „Es ist eine bittere Ironie, dass die wichtigste Schlussfolgerung aus dem Brexit und der Unzufriedenheit (nicht nur) der britischen Bevölkerung darin zu bestehen scheint, kostspielige Militarisierungsinitiativen voranzutreiben, anstatt sich endlich der wirklichen Sorgen und Nöte der Menschen anzunehmen.“