Presseschau: Aktionsplan gegen Jugendarbeitslosigkeit
ARD Tagesschau
Der Beitrag lässt sich in der ARD-Mediathek on demand streamen, im Folgenden haben wir eine Abschrift des Gesprächs:
Tagesschau: „Herr Händel, die UN will das Problem jetzt mit einem Aktionsplan angehen – kommt dieser Aktionsplan nicht ein wenig spät?“
Thomas Händel: „Er ist spät, aber nicht zu spät. Ich denke, dass wir auch auf der europäischen Ebene alle Anstrengungen unternehmen müssen, um dieses Problem zu lösen. Der Zustand ist nach wie vor untragbar; es wurde einiges eingeleitet, aber es reicht bei weitem noch nicht aus.“
Tagesschau: „Was sieht dieser Aktionsplan denn ganz konkret vor? Wie will man den jungen Leuten mehr Ausbildungsplätze und mehr Jobs verschaffen?“
Thomas Händel: „Es gibt eine europäische Jugendgarantie und die entsprechenden Beschäftigungsmaßnahmen, die darauf abzielen, die Jugendarbeitslosigkeit durch qualifizierte Ausbildung, durch Fortbildung, durch Praktika und durch Arbeitsstellen massiv zu reduzieren. Ich setze auf die Schaffung von Ausbildungsstellen im europäischen Maßstab. Da kann die Europäische Kommission fördern, aber umsetzen müssen es die Mitgliedstaaten. Prekäre Ausbildung und Praktika reichen nach meiner Auffassung nicht aus um das Problem zu bewältigen.“
Tagesschau: „Aber wie sieht’s denn ganz konkret in der EU aus? Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt hier fast 20 Prozent. Was tut denn die EU um den Jugendlichen eine Perspektive zu geben?“
Thomas Händel: „Die EU hat Fördermittel in Höhe von 6 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt – die aber bei weitem nicht ausreichen. Die internationale Arbeitsorganisation (ILO) meint, wir bräuchten mindestens 21 Milliarden per anno. Da ist für die Europäische Union noch jede Menge zu tun, die Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Europäische Union kann an Instrumenten und Fördermöglichkeiten einiges anschieben, aber die Ausbildungsmöglichkeiten schaffen müssen letztlich ausdrücklich die Mitgliedstaaten und da sind wir sowohl von den Berufsschulsystemen als auch von den Möglichkeiten einer praktischen Ausbildung noch meilenweit von dem entfernt, was gelöst werden muss. Es ist ein Skandal, dass das so langsam geht, aber ich will ausdrücklich betonen: Die EU kann Fördermöglichkeiten zur Verfügung stellen, aber umsetzen müssen es die Mitgliedstaaten und da fehlts noch hinten und vorne.“
Tagesschau: „Die vielen Krisen derzeit bremsen ja weltweit die wirtschaftliche Entwicklung. Ist es denn angesichts dieser Krisen überhaupt realistisch, zu erwarten, dass die Jugendarbeitslosigkeit spürbar abnimmt?“
Thomas Händel: „Also ich denke, die erste Maßnahme ist natürlich die Schaffung von qualifizierter Ausbildung, auf die man bauen kann, wenn man längerfristig berufstätig sein will. Aber die zweite Geschichte ist die Schaffung von qualifizierter Arbeit. Arbeit von der man eigenständig leben kann. Und das ist ein anderes Instrument, das ist ein Investitionsprogramm, das wir fordern, quer durch Europa die Schaffung von Arbeitsstellen für die Menschen. Wenn wir das nicht leisten, werden alle Bemühungen für die Qualifizierung von Jugendlichen auch nicht fruchten.“
Tagesschau: „Die Arbeitslosigkeit in der EU ist ja auch deshalb so hoch weil in Griechenland die Jugendarbeitslosigkeit nach wie vor über 50% beträgt. Wo müsste man denn dort ansetzen um den Jugendlichen eine Perspektive zu geben?“
Thomas Händel: „Ich bin in Sachen Griechenland dran z.B. mit einem transnationalen Ausbildungsverbund, der jetzt erste Früchte trägt, zusammen mit der thüringischen Landesvertretung. Wir haben ja die Situation in Europa mit Staaten wie Griechenland, dass es Fördermittel gibt, aber keine Ausbildungsmöglichkeiten währen andere Regionen in Mitteleuropa jede Menge freie Ausbildungsplätze haben und niemanden für die Ausbildung finden. Wenn man die beiden zusammen bringt, dann könnten wir hier in einem Teilbereich schon ein Stück weiter kommen in der Ausbildung von Jugendlichen. Dass Griechenland nicht ausbilden kann liegt auch daran dass wir in der Krise mit der Sparpolitik 220.00 Betriebe in Griechenland regelrecht platt gemacht haben. Dass sich dort nicht dir Möglichkeiten für Ausbildungen finden, ergibt sich aus dieser Zahl schon von selbst. Man muss auch sagen, das griechische Berufsschulsystem ist in einem traurigen Zustand und auch da setzen wir mit entsprechender europäischer Unterstützung an, um das möglichst schnell auf den Weg zu bringen, damit dort wieder ausgebildet werden kann. und dann brauchen wir natürlich Investitionen in Griechenland, damit dort tatsächlich wieder neue Arbeit entsteht, womit die Jugendlichen dann auch längerfristig beschäftigt werden können.“