Moldawien braucht eine kluge Wirtschaftspolitik!

Helmut Scholz, DIE LINKE. im Europäischen Interview mit der Journalistin Iolanda Badilita von Radio Free Europe am 03.02.2016.

 

Helmut Scholz, Sie sind der Berichterstatter eines Berichts über die Anwendung der Schutzklausel des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Moldau. Könnten Sie die wichtigsten Ideen des Berichts erklären und warum eine Schutzklausel?

Wir haben das Assoziierungsabkommen: EU-Moldawien. Eingeschlossen in diesem Abkommen haben wir das umfassende Handelsabkommen, da wird festgelegt, wie man den Handel miteinander organisiert und realisiert. Wir haben damit ganz klar festgelegt, welche Mengen aus dem einen Handelsgebiet in das andere Marktgebiet exportiert und importiert werden. Wenn es durch die Handelsströme zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige Produktion in dem anderen Wirtschaftsgebiet kommt, dann muss entsprechend dieser Schutzklausel für eine bestimmte Übergangsfrist diese Präferenz ausgesetzt werden. D.h. dann würden wieder Zölle erhoben werden, damit auf dem anderen Markt eine bestimmte Möglichkeit der wirtschaftlichen Erholung organisiert und ermöglich wird. Und das ist der Inhalt dieses sogenannten Schutzklauselabkommens zum Freihandelsabkommen EU-Moldawien. Und dieses Schutzklauselabkommen ist insbesondere auch auf Wunsch der moldawischen Seite ermöglicht worden, weil hier zwei sehr unterschiedliche Wirtschaftspartner den Handel organisieren. Der Handel mit Moldawien beträgt 0,1% am Gesamthandel der Europäischen Union mit Drittstaaten und dennoch ist die EU der größte Handelspartner Moldawiens, d.h. die wirtschaftliche Macht, oder die Stärke der 28 Mitgliedstaaten der EU, die unterschiedlich von diesen Handelsströmen profitieren, kann natürlich auch zu Verwerfungen in der moldawischen Wirtschaft führen und deshalb war die EU dann bereit diesen Schutzklauselmechanismus als weitere Maßnahme zur Entwicklung der wirtschaftlichen und, ich glaube auch der gesellschaftlichen und politischen Beziehungen zu Moldawien, zu unterzeichnen.

Was kann die EU machen, um die Exportzahlen der moldawischen Exporte in die EU zu verbessern? Kann dieser Bericht, den Sie vorschlagen, dabei helfen oder nicht?

Auf alle Fälle kann dieser Bericht helfen, die eigene Wirtschaftsleistung Moldawiens zu stärken. Wenn Moldau auf Grund der nationalen Wirtschaftspolitik neue Bereiche der Industrie, des Dienstleistungswesens etc. versucht zu entwickeln, dann kann dieses Abkommen dazu beitragen, dass sie im Falle einer negativen Handelsbilanz für Moldawien sagen, wir wollen eine Aussetzung bestimmter Präferenzbehandlungen von Produkten aus der EU nach Moldawien, die die Wettbewerbsfähigkeit dann einer eigenständig angedachten und geplanten und in Angriff genommenen wirtschaftlichen Entwicklung in bestimmten Bereichen ermöglichen. Das, glaube ich, ist dann ein wichtiger Mechanismus, der Moldawien für eine bestimmte Übergangsphase hilft, selbst stärker zu werden. Und damit mehr Gewicht in den bilateralen Beziehungen EU-Moldawien zu sein.

Im Fazit können wir sagen, dass es erstmal die Aufgabe der moldawischen Politik und Wirtschaft ist, ihre Wirtschaftssituation zu verbessern und man sollte nicht zu große Erwartungen an die EU haben, oder?

Die Hausaufgaben müssen in Moldawien gemacht werden. Also Chișinău ist gefordert eine kluge Wirtschaftspolitik zu entwickeln – die jungen Leute einzubeziehen, Ideen aufzugreifen, weniger Geld in korrupten Kanälen verschwinden zu lassen, möchte ich ausdrücklich betonen, und mehr in die Bezahlung guter Jobs zu machen. Dann bleiben Leute im Land. Aber wenn ich von dem Lohn, den ich bekomme nicht leben kann, meine Familie nicht ernähren kann, dann gehe ich natürlich ins Ausland mit meiner Qualifizierung. Und warum sind hochqualifizierte moldawische Menschen nicht in der Lage in Moldau einen Beitrag zur volkswirtschaftlichen Entwicklung zu leisten? Das ist die Hauptfrage und das muss aber durch eine Regierung, die möglichst eine sehr umsichtige Politik der nationalen Entwicklung konzipiert, getan werden. Das kann die EU nicht vorschreiben. Die EU kann nur helfen in bestimmtem Maße dann einer eigenständig entwickelten Volkswirtschaft dann auch Markträume innerhalb der EU zu eröffnen.

 

Herr Scholz, vielen Dank.