TTIP und Kultur: Handelsausschuss wirft Nebelkerzen
Kulturelle Vielfalt, ein modernes Urheberrecht und öffentlich-rechtliche Medien sind weiterhin Verhandlungsmasse
„Erneut knicken Sozialdemokraten im Europäischen Parlament bei TTIP ein!“, so Martina Michels, stellvertretendes Mitglied im Kulturausschuss des Europäischen Parlaments. Weiterhin hält sie fest: „Auf der Basis einer von Kommissarin Malmström vorgelegten neuen Fassung des Klageverfahrens zwischen privaten Investoren und Staaten (ISDS), indem mittelfristig eine Art Internationaler Handelsgerichtshof mit Revision vorgeschlagen ist, ‚rettete‘ gestern auf Drängen der Konservativen eine Mehrheit der Abgeordneten im Ausschuss für Internationalen Handel das umstrittene Streitbeilegeungsverfahren zwischen privaten Investoren und Staaten für die weiteren Verhandlungen bei TTIP.
Obwohl in der Urfassung des Berichtsentwurfes von Bernd Lange (SPD) festgehalten war, dass die entwickelten Rechtssysteme beiderseits des Atlantik gut auf einen privatisierten Investorenschutz jenseits rechtsstaatlicher Regeln verzichten können, brachte der Berichterstatter selbst, die etwas transparentere und institutionalisierte Fassung des ISDS als Kompromiss zur Abstimmung ein.
Damit wären in der Tendenz viele andere Überlegungen zu Ausnahmen bei Kultur und Medien letztlich Makulatur. Am 10. Juni 2015 stimmt das Plenum über diesen Bericht, der eine Positionierung zum derzeitigen zum Verhandlungsstand darstellt, ab.
Erstens steht damit die Behauptung, sich nun weiterhin für Kulturelle Vielfalt im Rahmen der Verhandlungen einzusetzen, auf tönernen Füßen.
Zweitens ist das ewige Versprechen, die audio-visuellen Medien aus dem Handelsvertrag auszuklammern, welches in der Vergangenheit schon Kommissar Oettinger und die Mehrheit der Abgeordneten im Kulturauschuss ständig im Munde führten, durch keinerlei politisch handhabbares Instrument gedeckt.
Drittens sind und bleiben es vage Ankündigungen von Bernd Lange, wenn er beschwichtigend einräumt, dass Teile des Urheberrechts, bei dem nicht mal die EU bisher ihre Hausaufgaben gemacht hat, aus dem Verhandlungsgegenstand ausgenommen werden sollen.
Der Durchsetzung eines ACTAplus [ACTA – Anti Counterfeiting Trade Agreement. das sogegannte Antiproduktpiraterie- und Urheberrechtsschutzabkommen], das in den TTIP-Verträgen schlummert und bisher weniger öffentliche Aufmerksamkeit gefunden hat, als das umstrittene ISDS und die regulatorische Kooperation, ist damit Tür und Tor geöffnet.“