Raus aus Euratom!
Warum DIE LINKE im Europaparlament die Auflösung des Euratom-Vertrags fordert.
Auszug der Präambel des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM)
„In dem Bewusstsein, dass die Kernenergie eine unentbehrliche Hilfsquelle für die Entwicklung und Belebung der Wirtschaft und für den friedlichen Fortschritt darstellt,
In der Überzeugung, dass nur ein gemeinsames Vorgehen, ohne Verzug unternommen, Aussicht bietet, die Leistungen zu verwirklichen, die der schöpferischen Kraft ihrer Länder entsprechen,
Entschlossen, die Voraussetzungen für die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen, welche die Energieerzeugung erweitert, die Technik modernisiert und auf zahlreichen anderen Gebieten zum Wohlstand ihrer Völker beiträgt […].“
Die seit 1957 bestehende Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) ist seit langem überholt. Das Ziel, der Bevölkerung ein hohes Maß an technischer Sicherheit von Atomkraftwerken zu garantieren, kann durch die Subventionierung, den Ausbau und die Förderung der unbeherrschbaren Atomkraft nicht erreicht werden.
Kurz vor dem 25. Jahrestag von Tschernobyl hat der Super-GAU der Atomkraftwerke in Fukushima am 11. März 2011 der Welt auf dramatische Weise abermals die katastrophalen Folgen der Atomkraft vor Augen geführt.
Der EURATOM-Vertrag hat die Staaten der EU zum führenden Erzeuger von Atomenergie und zur Region mit der höchsten Atomkraftwerksdichte in der Welt gemacht. Insgesamt 135 kommerzielle Atomreaktoren werden in 14 der 27 EU-Mitgliedstaaten betrieben.
Ein europaweiter Atomausstieg und das Ziel einer dezentralen, sozialen und ökologischen Energiewende hin zu 100% Erneuerbaren Energien widerspricht den Zielen des EURATOM-Vertrags und setzt seine Auflösung voraus.
Der EURATOM-Vertrag ist ein Fossil unter den europäischen Verträgen. Nach einem halben Jahrhundert seines Bestehens scheinen sowohl Politiker als auch EU-Bürger diesen Vertrag vergessen zu haben.
Auf EU-Ebene sind die Privilegien der Atomkonzerne strukturell durch den EURATOM- Vertrag abgesichert. Während Atomkonzerne mit ihren gigantischen Profiten weiterhin das Leben von Millionen von Menschen bedrohen, kann die Atomindustrie mit Hilfe des EURATOM-Vertrags substantiell notwendige Verbesserungen der Sicherheit der Atomanlagen verhindern.
Der EURATOM-Vertrag ist die Gesetzesgrundlage für die Atompolitik und die Atomgesetze der EU. Während die EU-Kommission diese Gesetze nach der Stellungnahme des Ausschuss für Wissenschaft und Technik vorschlägt und der Rat der Staats- und Regierungschefs der EU darüber entscheidet, besitzt das EU-Parlament kein Mitentscheidungs- sondern nur ein Anhörungsrecht. Der Ausschuss für Wissenschaft und Technik, das Lobbyorgan der Atomindustrie, besitzt demgegenüber eine mächtige Position, indem er der EU-Kommission die Gesetzestexte vorschlägt. Diese Tatsache macht das Demokratiedefizit des EURATOM-Vertrags offensichtlich.
Die Finanzierung von EURATOM erfolgt über den allgemeinen Haushalt der EU. Für den Neubau von Atomkraftwerken sind von der EU-Kommission bisher fast 4 Mrd. an Krediten für die Atomindustrie vergeben worden. Die Gelder für Nuklearforschung wurden kontinuierlich erhöht auf aktuell 2.75 Mrd. für das 7. EURATOM-Forschungsrahmenprogramm 2007-2011 und vermutlich zusätzlichen 2.5 Mrd. bis 2013 auf Vorschlag der Kommission. Dieses Geld fließt in eine Hochrisikotechnologie während sichere Alternativen wie erneuerbare Energien unterfinanziert bleiben.
Die Mitgliedstaaten unterzeichnen mit dem Beitritt zur EU auch den EURATOM-Vertrag und beteiligen sich so an der Subventionierung der Atomenergie, ungeachtet der Tatsache dass fast die Hälfte der EU-Mitgliedstaaten keine Atomkraftwerke betreiben. Einer Anfrage der Bundestagsfraktion der LINKEN an den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages zufolge zahlt Deutschland trotz des angeblichen Atomausstiegs alleine 2011 über 117 Mio. an den EU-Haushalt für die Europäische Atomgemeinschaft.
Die unbefristete Laufzeit des EURATOM-Vertrags verkörpert eine Ewigkeitsgarantie für die Profite der Atomkonzerne.
Ebenso ist die EU-Richtlinie über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle ein Bestandschutz für die Wettbewerbsfähigkeit der Atomenergie. Durch ungenügende Sicherheitsanforderungen und schwammige Finanzierungsbestimmungen für die Entsorgung wird Atomstrom indirekt subventioniert und somit werden die Profite der Atomkonzerne garantiert.
Der EURATOM-Vertrag verhindert das Ziel, europaweit eine sichere, demokratische und sozialökologische Energieversorgung durch erneuerbare Energien zu verwirklichen. DIE LINKE. im Europäischen Parlament fordert deshalb die Auflösung des EURATOM-Vertrags als Voraussetzung für einen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie und die Gründung einer Europäischen Gemeinschaft zur Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeinsparung.
Die Auflösung des EURATOM-Vertrags muss auf einer vorher einberufenen Regierungskonferenz beschlossen werden. Als Schritt zur vollständigen Beendigung des EURATOM-Vertrages, solange bis die Auflösung von EURATOM und seine Ersetzung durch eine alternative Europäische Gemeinschaft zur Förderung von Erneuerbaren Energien und Energieeinsparung nicht durchgesetzt ist, fordern wir eine Initiative auf EU-Ebene für die Entflechtung der vertraglichen Grundlagen der EU und des EURATOM-Vertrags zu ergreifen. Der EURATOM-Vertrag muss mit einem Enddatum versehen werden und andernfalls von der deutschen Bundesregierung einseitig gekündigt werden.
Obwohl der EURATOM-Vertrag unbefristet gültig ist und die Möglichkeit eines Austritts nicht ausdrücklich im EURATOM-Vertrag festgeschrieben ist, ist dieser laut internationalem Recht möglich. Artikel 62 der Wiener Konvention ermöglicht diesen, sofern eine „grundlegende Änderung der beim Vertragsabschluss gegebenen Umstände vorliegt, welche zuvor „eine wesentliche Grundlage für die Zustimmung der Vertragsparteien bildete. Im Fall der Europäischen Atomgemeinschaft sind diese Voraussetzungen definitiv gegeben.
Raus aus Euratom!-FlyerPDF-Datei