Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates (17. Juni 2010) – Vorbereitung des G20-Gipfels (26.-27. Juni)

Rede im Plenum des Europäischen Parlaments

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Fraktion kritisiert nicht das Ob, sondern das Wie des neu geschaffenen Euro-Rettungsschirms. Wie 2009 geht es abermals um die Rettung der Banken und des Finanzsektors. Sie werden an den Kosten der Abwendung drohender Krisen wieder nicht beteiligt. EU-Ländern in Bedrängnis wird erneut diktiert: Sozialabbau, harte Einschnitte bei öffentlichen Investitionen, Abbau öffentlicher Dienste, Kürzungen bei Löhnen und Renten, Erhöhung des Rentenalters. Die geplante Verschärfung des Stabilitätspakts ist purer Sado-Monetarismus. Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer, Rentner und Arbeitslose sollen für die Krise bezahlen, die eine falsche europäische Wirtschaftspolitik und die Zockerei auf den Finanzmärkten verursacht haben.

Diese Kürzungsorgien werden aber die Binnennachfrage und die Steuereinnahmen in Europa in den Keller schicken. Die Rezession kehrt damit zurück. Diese Politik ist aus unserer Sicht grundfalsch und führt nicht zu gesunden öffentlichen Finanzen. Wir hören erneut: Strukturreformen sollen für erhöhtes Wachstum sorgen. Die Arbeitsmärkte sollen noch mehr dereguliert, öffentliche Dienste via privat-öffentliche Partnerschaften privatisiert und der europäische Binnenmarkt weiter liberalisiert werden. Das macht Arbeitsverhältnisse noch unsicherer und prekärer. Das verschärft Armut und soziale Ausgrenzung gerade in dem Jahr, in dem sie bekämpft werden sollen.

Dies wollen Sie mit der Strategie Europa 2020 angeblich bekämpfen. Woher sollen aber die Investitionen in Bildung, in Forschung, in grüne Arbeitsplätze und Armutsbekämpfung kommen, wenn alle Mitgliedstaaten diesen Austeritätskurs verfolgen? Zugespitzt formuliert: Die Strategie Europa 2020 ist das Papier nicht wert, auf dem ihre äußerst bescheidenen Ziele aufgeschrieben sind.

Unsere Fraktion unterstützt Protestaktionen von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen gegen diesen katastrophalen Kurs der Europäischen Union. Wir stimmen dem Europäischen Gewerkschaftsbund zu: Eine EU-weite Finanztransaktionssteuer, Euro-Bonds, Ökosteuern und rigorose Besteuerung hoher Einkommen, Vermögen und Erbschaften können Investitionen in den ökologischen und sozialen Umbau unserer Industriegesellschaften ermöglichen.

Europa braucht jetzt erstens ein europäisches sozialökologisches Zukunftsinvestitionsprogramm zur Überwindung der Krise, zweitens entscheidende Maßnahmen, um die Macht der Finanzmärkte zu brechen, und drittens eine europäische Wirtschaftsregierung und mehr Wirtschaftsdemokratie im Interesse der Lohnabhängigen. Europa wird entweder sozial, oder wir werden bald kein gemeinsames Europa mehr haben!