Aussprache zum geplanten SWIFT-Abkommen

Rede von Lothar Bisky, Fraktionsvorsitzender der GUE/NGL im Plenum des Europäischen Parlaments:

„Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen,
Dieses Abkommen wurde mittels einer wenig vertrauenswürdigen Vorgehensweise verhandelt und noch schnell einen Tag vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages unterzeichnet, um das Parlament zu umgehen. Es geht mir aber vor allem um den Inhalt.
Uns liegt hier „Big brother’s little sister“ sozusagen zum Abnicken vor!
Und Frau Clinton glaubt, uns Parlamentariern das einreden zu können, was wir unseren eigenen Regierungen nicht abnehmen.
Es ist aber grundsätzlich falsch, wenn angebliche Terrorfahnder so umfassenden Zugriff auf Bankdaten erhalten.
Denn dadurch wird die informationelle Selbstbestimmung der Menschen untergraben.
Hier sollen über Jahre und Jahrzehnte persönliche Daten gespeichert werden deren Verwendung niemand kontrollieren kann.
Auch die Befristung des Abkommens hindert ja nicht die weitere Speicherung.
Informationen über den Verbleib der Daten und Entschädigung bei deren rechtswidriger Nutzung durch Drittstaaten können nicht eingeklagt werden.
Hier bekommt der Staat Vorrang vor dem Bürger, und der wird pauschal zum Verdachtsobjekt degradiert.
Über den „Umweg EU“ erlauben die Mitgliedstaaten anderen Regierungen, Bürgerinnen und Bürger auszuspionieren.

Sollen sich – um auf deutsche Beispiele zu kommen – Telekom, Deutsche Bahn oder die Drogeriekette Schlecker in Deutschland da noch schämen, Informationen über ihre Mitarbeiter zu sammeln?!

Und warum sollte Google künftig noch irgendwelche Daten-Hemmschwellen entwickeln?
Terrorismus muß natürlich bekämpft werden, vor allem aber seine Ursachen – jedoch nicht unter Preisgabe der Grundrechte.
Wenn man aber Grundrechte im Kampf gegen Terrorismus aufgibt – warum dann gegen noch gegen Terrorismus kämpfen?!

Ich habe hier schon viele Reden über die EU als Wertegemeinschaft gehört.
Einen dieser Werte sollen wir gerade „wegswiften“! Dem wird meine Fraktion nicht zustimmen.“

(Es gilt das gesprochene Wort.)

Strasbourg, 9.2.2010