Pushbacks sind illegal. Punkt. Aus. Ende.
Frontex-Verwaltungsrat veröffentlicht finalen Bericht zur Untersuchung von Pushbacks
Letzten Donnerstag begann die Frontex-Arbeitsgruppe im Rahmen des EU-Parlaments ihre Arbeit. Frontex-Exekutivdirektor Fabrice Leggeri und EU-Kommissarin Ylva Johansson mussten sich den Fragen der Abgeordneten stellen. Nur einen Tag später legte der Frontex-Verwaltungsrat seinen finalen Bericht der internen Untersuchung der Pushback-Vorwürfe vor. Der Verwaltungsrat untersuchte mutmaßliche Pushback-Vorwürfe und kommt zu dem Schluss: Fünf dieser Fälle können aufgrund widersprüchlicher Informationen nicht zweifelsfrei aufgeklärt werden.
Dr. Cornelia Ernst, innenpolitische Sprecherin von The Left im Europaparlament und Mitglied der Frontex-Arbeitsgruppe des EU-Parlaments kommentiert: „Auf der einen Seite ist dies mit Blick auf die Zusammensetzung des Verwaltungsrats nicht überraschend, denn die Agentur hat sich hier selbst untersucht. Auf der anderen Seite ist es erschreckend, wie widersprüchliche Aussagen von insbesondere Griechenland und Frontex den Bericht soweit verwässert haben, dass keine relevanten Schlussfolgerungen gezogen werden können. Wenn griechische Behörden behaupten, Migrant:innen würden auf hoher See nicht um Asyl bitten und freiwillig ihren Kurs zurück in die Türkei ändern, dann ist das einfach nur absurd.“
In dem Untersuchungsbericht wird auch detailliert auf die Rechtslage eingegangen. In den vergangenen Wochen hatte Leggeri wiederholt auf ein viel kritisiertes Urteil des EGMR von 2020 (N.D. and N.T. v. Spain) verwiesen. Außerdem betonte er in den Medien immer wieder, dass Boote gestoppt werden können, wenn der Verdacht auf Menschenhandel bestehe. Die Kommission hat inzwischen eine rechtliche Analyse dazu vorgelegt. Darin werden die von Leggeri angeführten rechtlichen Argumente eindeutig in Zweifel gezogen – der Fall des EGMR-Urteil sei nicht auf Seegrenzen übertragbar.
Cornelia Ernst kommentiert: „Betrachtet man die Aussagen Leggeris in der Anhörung vor dem EU-Parlament sowie in Medieninterviews, scheint es als ob er verzweifelt versucht, eine rechtliche Auslegung zu finden, die es Frontex ermöglicht, sich der Verantwortung zu entziehen und einen Weg zu finden, Pushbacks zu legalisieren. Das ist inakzeptabel und sachlich falsch. Pushbacks sind illegal. Punkt. Aus. Ende. Leggeri kann sich hier drehen und wenden wie er will.“
In Artikel 46 der Frontex Verordnung ist geregelt, dass Frontex seine Operationen suspendieren oder beenden muss, „wenn er (der Exekutivdirektor) der Auffassung ist, dass im Zusammenhang mit der betreffenden Tätigkeit schwerwiegende oder voraussichtlich weiter anhaltende Verstöße gegen Grundrechte oder Verpflichtungen des internationalen Schutzes vorliegen“. Viele Expert:innen betonen seit langem, dass die systematischen Pushbacks in der Ägäis diese Definition erfüllen. Im Untersuchungsbericht des Verwaltungsrats wird auch auf Art. 46 eingegangen. Schon Leggeri hatte vor den Abgeordneten des EU-Parlaments am letzten Donnerstag betont, dass die Suspendierung oder Beendigung einer Frontex-Operation immer letztes Mittel sein solle. Auch der Verwaltungsrat schreibt in seinem Bericht, eine Beendigung der Frontex Operation habe „zahlreiche negative Folgen“, da Frontex eine „deeskalierende und präventive“ Wirkung in der Region einnehme.
Cornelia Ernst erklärt: „Das ist ungeheuerlich. Art. 46 der Verordnung ist klar und deutlich, ob es dem Exekutivdirektor gefällt oder nicht. Was soll denn noch passieren, um eine Suspendierung oder Beendigung des Einsatzes zu rechtfertigen? Schließlich sind in den internen Untersuchungen des Verwaltungsrats immer noch Pushback-Vorwürfe ungeklärt und offen. Es kann nicht sein, dass es, wie im Fall von Ungarn, fünf Jahre und ein EuGH-Urteil braucht, bis der Artikel Anwendung findet. Die Aussagen über die deeskalierende Wirkung von Frontex sind lächerlich. Für mich legitimiert die Frontex-Präsenz in der Region die Pushbacks durch griechische Behörden.“
Nachdem die internen Untersuchungen des Verwaltungsrats abgeschlossen sind, ist es nun an der Arbeitsgruppe des EU-Parlaments die offenen Vorwürfe aufzuklären. Die nächste Sitzung findet am 15.03. um 13.45 Uhr statt.