Auf die Straßen gegen Uploadfilter, den Lord Voldemort der Urheberrechtsreform!
Martina Michels, Mitglied im EP-Kulturausschuss (CULT), beteiligt sich an den heutigen europaweiten Protesten gegen die Reform der EU-Urheberrechts-Richtlinie.
„Eine Reform und vor allem auch eine Harmonisierung des europäischen Urheberrechts wäre absolut nötig gewesen. Doch seit drei Jahren werden die Vorschläge der Kommission, die geprägt sind vom Verlagswesen des 20. Jahrhunderts, unentwegt neu formuliert ohne im 21. Jahrhundert anzukommen. Krude Technikgläubigkeit und härtester Lobbyismus von Springer & Co. haben dazu geführt, dass wir insbesondere mit zwei völlig unnötigen Gesetzesideen konfrontiert sind, die die Meinungsfreiheit bedrohen, die Medienpluralität einschränken können, den Kreativen keinen Cent mehr bringen und am Ende die großen Plattformen noch reicher machen als sie ohnehin schon sind, weil sie ihre Uploadfilter-Technologien massenhaft in Lizenzen verkaufen können.“
„Wir haben verpflichtende Uploadfilter, wie sie in Artikel 13 vorgeschlagen sind, von Beginn an abgelehnt. Sie können urheberrechtlich geschützte Werke nicht eindeutig identifizieren und vor allem nicht unterscheiden, ob sie nur zitiert, parodiert, nachgeahmt oder in einem Remix neu geschöpft werden. Sie sind das falsche und auch ein gefährliches Mittel der Wahl, um mehr Einkünfte für Kreative zu generieren.“
„Ähnlich absurd finden wir die ‚Linktax‘ auf anmoderierende Presseartikel. Deutschland wie Spanien haben den Praxistest so offensichtlich an die Wand gefahren, dass es eine europäische Lösung auf diese Weise nicht besser machen wird.“
„Der Fokus auf diese beiden Artikel und deren Konfliktfelder hat überdies eines der Anliegen der Reform – nämlich vernünftige Ausnahmen für Kulturerbe, Bildung und Wissenschaft europäisch zu harmonisieren – völlig in den Hintergrund geschoben, obwohl ich mir auch hier viel mehr gewünscht hätte.“
„Last but not least: Die Artikel, die Kreativen eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den Verwertern gebracht hätte, wurden im Trilog abgeschwächt. Schade. Es gibt also viele Gründe, heute besonders gegen die Artikel 13 (jetzt 17) und Artikel 11 (jetzt 15) auf die Straße zu gehen. Ich selbst werde in Erfurt an der Demonstration, die um 14 Uhr 30 am Anger beginnt, teilnehmen. Fünf Millionen Unterschriften für eine Petition für das freie Internet sind für mich ein unglaublicher Ansporn, mich für die Gewissheit einzusetzen, dass man Meinungsfreiheit nicht gegen Eigentumsrechte abwägen kann, sondern Grundrechte zu garantieren sind.“
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Unsere Alternativen sind vielfältig:
- Digitalsteuern, können im Allgemeinen, die Marktmacht der großen Plattformen begrenzen und damit könnten auch mehr Journalist*innen und Kreative gefördert werden.
- Pauschallizenzen, wie es jetzt selbst die CDU in Deutschland vorschlägt, helfen nur den großen Verwertungsgesellschaften, kleine Provider können das nicht bezahlen. Das wäre ein Weg für die Größeren, der heute schon möglich wäre. Dafür brauchen wir kein neues Gesetz.
- Verkürzung der Schutzfristen (nach üblichem Ablauf der monetären Verwertung von Werken) also mehr Gemeinfreiheit würde allen zugutekommen.
- Transparenz bei den Verwertern erhöhen und tatsächlich die Vertragsposition der Kreativen verbessern.
- Echte europäische Harmonisierung auch bei den Ausnahmen für Wissenschaft, Kultur, Bildung statt diverse Ausstiegsklauseln durch die Mitgliedstaaten und das Gebot der allumfassenden Lizensierungsforderung.
- Klar: keine Uploadfilter, die über Meinungsfreiheit entscheiden. Über Grundrechte müssen Menschen, im Streitfall die Justiz entscheiden und niemand sonst.
- Eine echte ‚user generated content Ausnahme‘ auf europäischer Ebene, wie sie mit den Vorgaben der 2001 Directive schon auf dem Tisch lag, wäre dringend nötig.
- Einen Stakeholder-Dialog mit wirklich allen, sollte man vor einem Gesetz führen und nicht erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.