Jugendschutz im digitalen Zeitalter – mehr Dilemmata als Lösungen

Anhörung im Kulturausschuss am 22. Februar 2018

Der Problemstau ist größer als die bisherigen politischen Bemühungen. Eltern fühlen sich allein gelassen. Niemand überschaut das Angebot, das Kinder und Jugendliche online rezipieren und mitgestalten. Ausbleibende Mindesstandards, die man den Dienstleistern verordnen könnte, fehlen an allen Ecken und Enden genau wie Übersichten von empfehlenswerten Angeboten, die, wenn vorhanden, zumeist Anregungen für Pädagoginnen, Pägogen und Eltern sind. Deren digitalen Kompetenzen sind allerdings z. T. schlechter als bei Kindern und Jugendlichen.

In der Anhörung wurde daher beklagt, dass alles im Netz unzureichend „überwacht“ wird, wenn es um Jugendschutz geht, es andererseits keinen Nachweis gibt, dass der bisherige Schutz Jugendlicher im Netz überhaupt effizient ist.

Diesem Problembündel geschuldet, vollziehen alle derzeitigen politischen Maßnahmen, die in der Debatte sind (die allgemeine Jugendschutz-Verordnung, die AVMD-Richtlinie mit ihrem langen Verhaltens-Kodex für Produzenten gegen Hassreden, Cybermobbing, Minderheitendiskriminierung usw.) einen Turn von der Selbstregulierung zur Ko-Regulierung. Erstere richtet sich an Unternehmen und die Ko-Regulierung ist zumeist an den Staat adressiert.

Doch bei allen Strategien, die neu zum Schutz der Kindern und Jugendlichen beschlossen wurden, stoßen wir auf allerhand Dilemmata, die von Eva Lievens, Professorin für Recht und Technologie an der Rechtsfakultät der  Uni Gent, vorgestellt wurden:      

1. Information wird beim Auspunkt – schädliche Inhalte von Kindern und Jugendlichen fernzuhalten – in der Konsequenz eingeschränkt, was gegen die Informationsfreiheit verstößt. Dies sollte man, insbesondere für Jugendliche auch im Zusammenhang mit Punkt 2 betrachten.

2. Konflikte zwischen sexuellen Rechten und Identitätsbildung versus Ausblenden sexuellen Contents und damit immer wieder verbunden: Entscheidungsträger sollten weggehen von Filtern und endlich auf Kompetenz und Robustheit setzen, damit diese Debatte nicht erneut genutzt wird, um den Datenschutz auszuhebeln.

3. bleibt hier als Zwischenstand: Altersgruppenkategorien sind wichtig, aber auch schwierig zu entwickeln.          

4. Rechte auf Meinungsäußerung und das Recht auf Spiel sollten genauso beachtet werden, wie die unbedingte Einbindung von Kindern in die Prozesse, in denen die politischen Empfehlungen für einen Jugendschutz im digitalen Zeitalter entstehen.

Fazit: Der Schwung der Datenschutzverordnung und der im Trilog befindlichen AVMD-Richtlinie, sollte genutzt werden, um nicht nur über den Schutz von Kindern zu befinden, sondern es sollten endlich alle Rechte von Kindern – auch im digitalen Zusammenhang – beachtet werden.

Die drei folgenden aktuelle Publikationen (EN) wurden in der Anhörung vorgestellt.

Lösungen und politische Dilemmata des online-Jugendschutz

Child safety online – definition of problems

Empfehlungen für die EU-Politik zum Thema