Martinas Wochen 8 und 9_2017

Brüssel – Berlin: Türkei vorm Referendum – Copyright, „Kreatives Europa“, Regionalpolitik u. a.

Türkei vorm Referendum

Nicht nur in Berlin und vielen deutschen Städten nimmt die Beschäftigung mit den Entwicklungen in der Türkei beinahe täglich zu. Vergangene Woche schockierte Politik und Medienöffentlichkeit, viele Journalistinnen und Journalisten in Deutschland die Verhaftung von Deniz Yücel, dem früheren TAZ und heutigen WELT-Korrespondenten, während die Türkische Presse darüber weitestgehend schwieg. Erstmalig trafen die seltsamen Anklagen im Ausnahmezustand, die die politische Opposition seit Monaten zu Terroristen stempelt, auch einen Journalisten mit deutscher und türkischer Staatsbürgerschaft. Martina hatte sich gemeinsam mit ihrem Delegationskollegen, Fabio De Masi letzten Dienstag schon positioniert.

Gleichermaßen beschäftigten sich im Europäischen Parlament der Handelsausschuss (INTA), der Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten (AFET) und die EU-Türkei-Delegation mit der aktuellen Situation, der Revision der Zollunion, der Visaliberalisierung und damit auch mit den Gründen, warum all diese Vorhaben nicht wirklich vorankommen. Einmal geht es um die Terrorgesetzgebung, die die Türkei praktisch an keinerlei menschenrechtliche Grundpositionen mehr bindet. Andererseits ist die aktuelle Situation, in der die politische und die gesellschaftliche Opposition wachsenden Repressionen ausgesetzt ist, zugleich der Vorabend einer Entscheidung, die die Türkei in die Autokratie führen könnte. Dies hat letztlich viel mehr mit ganz Europa zu tun, als viele wahrhaben wollen. Wir haben viele Wahlen vor uns, die gleichsam von antidemokratischen Positionen flankiert werden. Und andererseits ist der EU-Flüchtlingsdeal mit der Türkei und deren geostrategische Lage offenbar angetan, dass die Regierungschefs der Mitgliedsstaaten keine deutliche Sprache gegenüber ihrem Premiumpartner in Ankara finden. Da helfen alle Studien, die festhalten, dass eine Referendum mitten im Ausnahmezustand schon ein allein ein verfassungsrechtliches Problem darstellt, offenbar wenig. Andererseits sind besonders auch Flüchtlinge die Leidtragenden dieser Durchwurstelei der Europäischen Mitgliedsländer.

Urheberrecht im Kulturausschuss 

Am Dienstag wurden u. a. zwei Stellungnahmen zu den legislativen Vorschlägen der Kommission zum Urheberrecht abgestimmt. Es handelte sich dabei um die vierte Ausnahme, die beim Urheberrecht neben den Ausnahmen für Bildung, Wissenschaft und Kulturerbe behandelt wird, um die Ausnahme für Menschen, die blind sind oder lesebeeinträchtigt sind. Die Kommission hatte hier brauchbare Vorschläge abgeliefert und es gab wenig Ergänzungen bei den Stellungnahmen. 

Anders und viel kontroverser sind die Debatten um weitere Vorschläge, einmal zum grundlegenden Vorschlag zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt und andererseits zu den Vorschlägen die online-Ausstrahlung von TV und Radio-Sender betreffen und die grenzüberschreitend verfügbar gemacht werden sollen. Hierzu gab es den ersten Austausch und die Abstimmungen wurden für den 4. Mai festgesetzt. Bis dahin wird dann die Debatte zu den Ausnahmen, zum völlig unnötigen Leistungsschutzrecht, zu upload-Filtern, zur Verlegerbeteiligung und vielen anderen Vorschlägen geführt werden, auch zwischen den Ausschüssen. Der Anfang ist also gemacht und wer in die Debatten noch einmal reinhören will, kann dies auf der Homepage des Parlaments jederzeit tun, wenn er die Sitzung vom 28.2. in seiner Landessprache hören will. Wir haben hier die englische Version der Debatte verfügbar.

Creative Europe – Ein Förderprogramm, das Opfer seines Erfolges ist.

Am Mittwoch und Donnerstag war Miniplenum in Brüssel, auf dem Martina am Donnerstag zum Auftakt zum Stand der Umsetzung des Creative-Europe-Programms sprach. Die Wortmeldung im Plenum, der Pressekommentar mit Link zum Bericht sind hier zu finden. 

Berlin mit Klausur und Frauenpreisverleihung

Freitag hat Martinas Büro ein wenig Jahresplanung betrieben, Bilanz gezogen und auf die kommenden Zeit geschaut. In dieser und der kommenden Woche wird die Delegation ebenfalls die Jahrespläne beschließen. Wir sind gut vorbereitet. Martina hat überdies neben der Koordination der Europapolitischen SprecherInnen, der Teilnahme in der Internationalen Kommission beim Parteivorstand und ihrer Mitgliedschaft im Europaausschuss des Bundestages noch den Schatzmeister unserer Delegation übernommen. Diese Aufgabe wird eher lautlos absolviert, doch sie wird hoffentlich zu einem guten Mitteleinsatz für die Projekte der Delegation beitragen.

Am Freitag abends verlieh der Parteivorstand der LINKEN den Clara-Zetkin-Frauenpreis in Berlin. Gemeinsam mit Gabi Zimmer, Anna Schröder und Konstanze Kriese, hatte Martina in diesem Jahr die HDP-Abgeordnete und frühere Europaabgeordnete Feleknas Uca vorgeschlagen, da sie sich in besonderer Weise um die politische Mitsprache von Frauen bemüht. Feleknas Uca hat tatsächlich einen Preis erhalten, wozu wir herzlich gratulieren. In einer berührende Dankesrede ging sie auch auf das vielstimmige NEIN, das türkische HAYIR, gegen das Referendum am 16.4. ein.