Schein statt Sicherheit: EP-Abgeordnete stimmen für die Vorratsdatenspeicherung im Flugverkehr

Cornelia Ernst, innenpolitische Sprecherin der Delegation DIE LINKE. im Europaparlament, erklärt anlässlich der Annahme der Richtlinie zur Fluggastdatenspeicherung (PNR) durch die Abgeordneten des Europaparlaments:

 

„Diese Entscheidung ist falsch! Schon jetzt machen die datenhungrigen Abgeordneten keinen Hehl daraus, die PNR-Daten auch für die Verfolgung „organisierter Kriminalität“ verwenden zu wollen – doch wo beginnt diese Zuschreibung, erst bei Menschenhandel oder schon bei Urheberrechtsverletzungen? Welche Garantien gibt es, dass wir in einem Jahr nicht hier stehen und über eine Zuggastdatenspeicherung sprechen? Eine überstürzte, von der Mehrheit der Großparteien durchgedrückte Vorratsdatenspeicherung des Reiseverkehrs, birgt unabsehbare Risiken für die Grundrechte der Einzelnen: Die Speicherung von Fluggastdaten ist ein tiefer Eingriff in das Grundrecht auf Privatsphäre und wird vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) landen müssen, genauso wie auch sein großer Bruder, die EU-USA-Fluggastdatenspeicherung.“

 

Das Mitglied des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten und Inneres (LIBE) weiter: „Darüber hinaus fehlt bislang jedweder Beleg, dass eine Fluggastdatenspeicherung (bis zu 60 Einzeldaten, gespeichert für fünf Jahre) auch nur irgendeinen Effekt auf eine erfolgreiche Terrorismusprävention nimmt. Im Gegenteil zeigt das schnelle Durchwinken der Richtlinie im Windschatten der abscheulichen Terroranschläge vom 22. März 2016, den hilflosen Aktionismus der Abgeordneten: Alle Terroristen von Paris und Brüssel waren den Sicherheitsbehörden bereits bekannt. Es braucht nicht mehr Daten, sondern eine bessere Ausbildung der Polizei und mehr Beamte. Es ist bedauerlich, dass die Mehrheit der Abgeordneten den Sicherheitsfanatikern auf den Leim zu gehen scheint und mit dieser EU-PNR-Richtlinie sogar über den Kommissionsvorschlag und die PNR-Variante der USA hinausgehen. Das sagt eigentlich alles über den Datenhunger mancher, denn eine Übermenge an Daten wird im Gegenteil weiter auf Kosten der Sicherheit gehen.“

 

Straßburg, 14. April 2016

 

 

Hintergrund:

Vergangenen Dienstag fand die Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zum Passagierdatenabkommen zwischen der EU und Kanada statt. Nachdem der EuGH die Vorratsdatenspeicherung (VDS) vor zwei Jahren auf Grund des Verstoßes gegen Europäisches Recht kippte, übergab das Europäische Parlament das Abkommen mit Kanada den Richterinnen und Richtern zur genaueren Prüfung. Diese äußerten am Dienstag großen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abkommens zur Fluggastdatenspeicherung mit Kanada. Jede EU-Institution musste ihre Positionen vor dem Hintergrund der geltenden Datenschutzbestimmungen vortragen und es wurde schnell klar, dass Kommission und Rat bzw. Mitgliedstaaten mit ihrem blinden Datenhunger ziemlich allein dastehen.

Auch wenn das Fluggastdatenabkommen zwischen der EU und Kanada keine große Öffentlichkeit erhält, geben die kritische Haltung des berichterstanden Richters und der Europäischen Datenschutzbeauftragten doch einen klaren Ausblick darauf, dass die altbekannten Hardliner rechts der Mitte mit ihrem Verlangen nach noch mehr Möglichkeiten zur Profilbildung aller Bürgerinnen und Bürger, letztlich auch vor dem EuGH landen werden. Die entscheidende Meinung des obersten Richters wird zum 30. Juni erwartet.