Nach der Wahl ist vor der Wahl!
Helmut Scholz, DIE LINKE. im Europaparlament:“Danke Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Nach der Wahl ist vor der Wahl und die Weiterentwicklung des europäischen Wahlrechts steht deshalb meiner Ansicht nach zu Recht auf unserer Agenda.
Sie kann politisch viel bewerkstelligen, muss sich aber an der Frage bemessen, wem sie am Ende dient. Hilft es, den öffentlichen Raum in Europa zu stärken, die seit Jahren anhaltende Sprachlosigkeit zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der Politik in Europa zu überwinden? Und liefert es ein Mehr an aktiver und passiver politischer Beteiligung bis heute Ausgeschlossener, auch an Parität der Geschlechter?
Das große Manko des Berichts, liebe Ko-Berichterstatterinnen und Ko-Berichterstatter, bei allen guten Absichten – auch heute noch einmal unterstrichen –, besteht darin, dass er einfach nicht mutig an die Reform herangeht, sondern sich in der Vorwegnahme politischer Konstellationen im Rat verheddert und sich damit am Ende eher selbst genügt.
Der Bericht folgt nicht dem Ansinnen, politische Räume und erweiterte Möglichkeiten für Teilhabe zu schaffen, sondern versucht eher, technisch zu managen, was nicht zu steuern ist: die Eigendynamik des politischen Lebens und entsprechender Diskurse in den Gesellschaften der Mitgliedsstaaten.
Demokratische Veränderungen sind für mich nicht in Übereinstimmung zu bringen mit der im Bericht unterstellten Identität zwischen den Interessen der Bürgerinnen und Bürger Europas und denen der deutschen großen Koalition in Berlin. Eine große deutsche bürgerliche Zeitung hat den Vorgang der Einführung einer Sperrklausel klar charakterisiert: eine Provokation gegen das deutsche Bundesverfassungsgericht. Warum sollen wir diesen Weg gehen?“