Kurs auf Krise: Junckers Titanic-Crew
„Mit Junckers neuer EU-Kommission ist kein soziales Europa zu machen“, so die Sprecherin der LINKEN, Dr. Cornelia Ernst. „Denkt man sich die EU als ins Schlingern geratene Schiff dann haben wir nun eine Mannschaft, die stur Kurs auf den Eisberg hält. Die Zeichen stehen weiter auf Sturm. Dabei hat die EU eine Kursänderung mehr denn je nötig. Strukturelle Reförmchen durch die Umbenennung von Posten können nicht verbergen, dass alles beim Alten bleibt.“
Massive Arbeitslosigkeit und eine lahmende Konjunktur in den EU-Mitgliedstaaten verlangen eine grundsätzliche Neuausrichtung der EU-Politikbereiche. Hierzu im Einzelnen die FachpolitikerInnen der LINKEN:
Gabi Zimmer, Fraktionsvorsitzende der europäischen Linksfraktion GUE/NGL und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Beschäftigung und Soziales: „Die Vize-Präsidenten bekommen mehr Verantwortung, damit nicht mehr 28 Köche ihre eigenen Süppchen kochen. Leider wird weiterhin in Schubladen gedacht: Auch künftig gibt es keinen Superkommissar, der zeitgemäß wirtschaftliche Entwicklung mit nachhaltigen sozialen und ökologischen Mindeststandards verbindet. Das wäre angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit und der wachsenden prekären Beschäftigung und Armut dringend nötig.“
Die anhaltende Wirtschaftskrise soll künftig der ehemalige französische Finanzminister Moscovici bearbeiten. „Moscovici wurde in den vergangenen Wochen insbesondere von Seiten der Bundesregierung kritisiert, weil er mehr Zeit für die Einhaltung die Defizitkriterien zugunsten von Wachstum vorschlug. Die Diskussion um eine Lockerung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes ist aber eine Phantomdebatte. Der Fiskalpakt, der mit den Stimmen der Sozialdemokraten und Grünen in den Verfassungen von EU-Staaten verankert worden ist, ist in Kraft. Bereits heute können die Sparzwänge gelockert werden, wenn sich ein Land auf harte »Strukturreformen« verpflichtet. Passend dazu ist Moscovici stolz, wenn die Löhne in Frankreich auf Grund von Reformen der sozialdemokratischen Regierung sinken. Er denkt und handelt offenbar eher im Interesse der Finanzlobby und der Konzerne als im Interesse der Bevölkerung“, so Fabio De Masi, Finanz- und Wirtschaftsexperte der LINKEN im EP.
EU-Kultur mit Zensur?
„Der ehemalige Justizminister der Regierung Orban, Tibor Navracsics (EPP), hat maßgeblich zur Zensur der Medien in Ungarn beigetragen. Die undemokratischen Gesetze zur Einschränkung der Meinungsfreiheit wurden von ihm umgesetzt. Als künftiger EU-Kommissar für Kultur, Bildung und Jugend eine totale Fehlbesetzung“, so die erste Einschätzung von Martina Michels, Mitglied im Ausschuss für Kultur und Bildung.
Gender-Balance? Fehlanzeige.
Trotz großer Töne von Juncker vor seiner Wahl zum Kommissionspräsidenten, er wolle künftig für mehr Ausgewogenheit bei der Postenvergabe zwischen Männern und Frauen sorgen ist die neue Kommission ein Armutszeugnis moderner Politik und Gesellschaft. Gerade mal neun von 27 Spitzenposten sollen künftig von Frauen besetzt werden. „Peinlicherweise machten Europas Konservative allen Ernstes den Versuch, diese Schlappe zu relativieren indem man beteuerte, die Frauen hätten dann aber auch ganz wichtige und spannende Aufgaben und seien darüber hinaus recht kompetent“, kommentiert Cornelia Ernst. „Interessant. Dabei sollte man doch meinen, Kompetenz sei eine Grundvoraussetzung für einen Job als EU-Kommissar, und was genau meinen die Konservativen mit wichtigen Aufgaben? Gibt es etwa unwichtige Aufgaben an der Spitze der EU?“ Neben dem eklatanten Frauenmangel sitzen darüber hinaus anachronistische und frauenfeindliche Vertreter in Junckers Truppe: „Der Spanier Cañete hat sich in seiner Heimat mit sexistischen Kommentaren und durch seine Verbindungen zur Ölindustrie einen Namen gemacht. Wer politische Gegnerinnen nicht ernst nimmt, weil er in ihnen „wehrlose Frauen“ sieht, hat nichts in einer Kommission verloren, die die Gleichstellung der Geschlechter will. Als neuer Kommissar für Forschung und Innovation sehen wir auch die Gefahr, dass seine Verbindungen der Ölindustrie einige Vorteile bringen, auf Kosten zukunftsweisender Wirtschaftszweige“, so Cornelia Ernst abschließend.
Brüssel, 10. September 2014