Solidarität praktizieren, Eurobonds einführen!
Jürgen Klute und Thomas Händel, für DIE LINKE im Europäischen Parlament und dort Mitglieder im Wirtschafts- und Währungsausschuss, begrüßen den Vorstoß von Kommissionspräsident Jose Manuel Baroso, der mit dem heute vorgestellten Grünbuch auch die Bundesregierung dazu auffordert, ihe Blockadehaltung gegenüber gemeinsamen europäischen Anleihen aufzugeben.
Klute, Koordinator der Linksfraktion im Europäischen Parlament hält es für richtig, vorgeschobenen Gegenargumenten keine Beachtung zu schenken: „Die häufig vorgetragen Behauptung, gemeinsame Anleihen der Euro-Zone würden zu einem erheblich höheren Zinsniveau führen, ist nicht mehr als Augenwischerei. Ein leichter Zinsanstieg für Deutschland ist möglich, andererseits führen aber gemeinsame Anleihen je nach Ausgestaltung zu einem großen, hochliquiden Markt ähnlich dem für US-Anleihen und mit diesen durchaus konkurrenzfähig. Die dadurch zu erwartende starke Nachfrage würde wiederum zu günstigen Refinanzierungsbedingungen führen.“
Klute: „Die unverschämte Unterstellung der Kanzlerin und ihres Wirtschaftsministers, dass Griechenland und andere Volkswirtschaften sofort ihre Sparbemühungen einstellen würden, sollten sie sich über gemeinsame Anleihen refinanzieren können, entbehrt jeder Grundlage. Richtig ist, dass der brutale Verarmungsdruck von den Ländern genommen würde und es nicht mehr nötig wäre, das Wirtschaftsleben in diesen Ländern kaputt zu sparen.“
Auch Thomas Händel, Sprecher der LINKEN im Europäischen Parlament, begrüßt, dass Barroso sich mit seiner Initiative gegen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt: „Solidarität in Europa muss endlich wieder mit Leben erfüllt werden. Gemeinsame Anleihen der Eurostaaten sind eine praktische Möglichkeit, die Zinsbelastungen für die in die Krise getriebenen Mitgliedstaaten so zu gestalten, das diese von denen auch beglichen und Schulden abgebaut werden können. Es reicht eben nicht, Solidarität wie eine Monstranz vor sich herzutragen. Europäische öffentliche Haushalte müssen endlich gemeinsam vor den Angriffen der Märkte geschützt werden.“
Die Europaabgeordneten verweisen jedoch auf den dringenden Bedarf nach Entlastungen für die von der Krise betroffenen EU-Länder. Händel: „Das Grünbuch stellt erst einmal eine Diskussionsbasis dar – und zwei der drei vorgelegten Vorschläge erfordern eine Änderung der Europäischen Verträge. Das dauert zu lange, um die aktuelle Krise abzuwenden. Dazu müsste sich eine zentrale Stelle bereit erklären, in großem Umfang Staatsanleihen der Krisenländer am Primärmarkt aufzukaufen, sei es die Europäische Zentralbank oder der gemeinsame Rettungsschirm EFSF. Mittelfristig kann die logische Schlussfolgerung nur die Gründung einer demokratisch kontrollierten europäischen Bank für öffentliche Anleihen sein, welche Kredite zu den Zinsen der Europischen Zentralbank an die Mitgliedstaaten ausgibt und diese so vom Diktat der Finanzmärkte befreit.“
Brüssel, 23. November 2011