Martinas Woche 20/21_2022: Miniplenum mit großer Wirkung?
Lux-Filmpreis – Das Miniplenum in Brüssel und die Übergewinnsteuer für Kriegsgewinne – Krieg gegen die Ukraine
Das Europaparlament tagt zwischen den Plenartagungen in Straßburg auch in sogenannten Mini-Plenen an zwei Tagen (jeweils ein Mittwoch und ein Donnerstag) immer in Brüssel. Diesmal sprach die Präsidentin Moldawiens, Maia Sandu, zum Auftakt der Tagung zu den Parlamentarier*innen und es standen u. a. Beschlüsse auf dem Programm, die insbesondere die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Ukraine Krieges in den Mittelpunkt stellten, sowie die Aufklärung von Kriegsverbrechen. Parallel gab es Erklärungen von Kommission und Europäischem Rat, die unsere außenpolitische Sprecherin Özlem Demirel für höchst problematisch hält, weil sie sich nur in der Schraube der militärischen Handlungslogik bewegt.
Wir möchten in dieser Ausgabe auch erinnern, dass der Lux-Filmpreis 2022 in der Juni-Plenartagung am 8. Juni 2022 zur Prämierung ansteht, und dass das europaweite Publikum noch bis diesen Mittwoch, den 25. Mai 2022, die Preisträgerin bzw. den Preisträger mitbestimmen kann. Wir wollen, über das Parlamentsgeschehen hinaus, Entwicklungen Im Ukraine-Krieg beleuchten. Der Krieg geht immerhin in den vierten Monat und ein Ende erscheint kaum in Sicht. Warum sind Lösungsansätze für einen Waffenstillstand mit anschließenden Friedensverhandlungen so schwierig auszumachen?
Lux-Filmpreis: Der letzte Tag der Abstimmung – Mittwoch, der 25. Mai 2022
Corona haben wir wenige gute Dinge zu verdanken. Leider gehören dazu weder ein vergesellschafteter Gesundheitssektor, die Patentfreigabe von Impfstoffen noch eine gut funktionierende Ergänzung der Bildung durch digitale Anwendungen. An diesen Stellen müssen wir weiterkämpfen.
Doch eine gute Nachricht ist: Der Europäische Lux-Filmpreis ist nun schon im zweiten Jahr ein großer Publikumspreis geworden. Jede und jeder kann sich an der Abstimmung zu den drei nominierten Finalisten beteiligen, allerdings ist an diesem Mittwoch, 25. Mai 2022, der Stichtag für die Stimmabgabe. Dann haben noch die Europaparlamentarier bis Anfang Juni Zeit, die Stimme für ihren Filmfavoriten abzugeben. Beide Abstimmungsergebnisse fließen dann zusammen und werden am 8. Juni 2022 im Plenum vorgestellt, wenn es dann heißt: „The winner is…“
Wie ihr noch mit abstimmen könnt, erfahrt ihr hier. Martina hatte kurz vor Ostern in einer Veranstaltung im Kino Babylon in Berlin Vieles zur Entstehung des Lux-Filmpreises in ihrer Eröffnungsrede zusammengefasst. Anschließend wurden alle drei Filme gezeigt und zu ihrem diesjährigen Favoriten, dem Film: „Quo vadis, Aida?“, gab es ein anschließendes Filmgespräch über diese aktuelle Erinnerung an den vergessenen Bosnienkrieg in den 90er-Jahren. Martinas Rede könnt ihr hier nochmal nachlesen.
Aus dem Miniplenum am 18./19. Mai 2022 in Brüssel
„Als Nachbarland der Ukraine ist die Republik Moldau besonders stark von dem anhaltenden Krieg betroffen. Das Land hat nicht nur eine große Zahl ukrainischer Flüchtlinge aufgenommen, sondern war auch von Cyberangriffen und einer Reihe von Sicherheitsvorfällen in der von Russland unterstützten … Region Transnistrien betroffen. Vor dem Hintergrund des russischen Einmarsches in der Ukraine beantragte die Republik Moldau Anfang März 2022 die EU-Mitgliedschaft. Auch das Europäische Parlament forderte in einer am 5. Mai angenommenen Entschließung, dem Land den Status eines EU-Kandidaten zu verleihen.“, schrieb der Pressedienst des Europaparlaments vor dem Auftritt der Präsidentin aus der Republik Moldau am 18. Mai 2022 vorm Europaparlament.
In dieser kurzen Plenartagung standen entsprechend auch wieder weitreichende Beschlüsse zum Krieg gegen die Ukraine und vor allem dessen wirtschaftlichen und sozialen Folgen auf der Tagesordnung. Letztlich erleben alle die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise und interessanterweise hatte die EU-Kommission schon im März Vorschläge für eine Übergewinnsteuer, die ausgerechnet Energiekonzerne aus dem Ukraine-Krieg ziehen, unterbreitet. Italien geht hier in der Umsetzbarkeit voran und erstaunlicherweise wird DER LINKEN in Deutschland hier sogar attestiert, dass sie in dieser Frage die Ampel-Koalition vor sich hertreibt. Inzwischen haben die Grünen, als Mitregierende in Deutschland, diese Forderung übernommen.
Krieg gegen die Ukraine – Wie weiter?
Ein Blitzkrieg, wie Putin es wollte, war der völkerrechtswidrige Angriff auf die Ukraine nicht. Nun lernen wir so entsetzliche militärische Vokabeln wie „Abnutzungskrieg“ und Selenskij verlängerte gerade den Ausnahme- und Kriegszustand seines Landes um weitere drei Monate und nicht mehr wie bisher im Vier-Wochen-Takt. All die Bitternis und Dunkelheit, das Leid, die nie aufgeklärten Kriegsverbrechen, die Nahrungsmittelkrisen, das Leben auf der Flucht und weitere globalen Folgen des Krieges, der Ressourcen frisst, die wir so dringend gegen den Klimawandel bräuchten, hämmern uns täglich Frage in die Köpfe: Wie lässt sich dieser Wahnsinn stoppen? Wie bekommt man Putin an den Verhandlungstisch? Wie verhindert man einen geostrategischen Poker, der in Russland und auch im völlig unterschiedlich agierenden Westen die Interessen rund um diesen Krieg so verändert, dass eine längere Frist seines Wütens einfach in Kauf genommen wird, um die Wirtschaftskriege zwischen der USA und China im Südpazifik neu zu justieren, um die Handlungsfähigkeit der EU als unmittelbare Nachbarin womöglich zu destabilisieren.
Jan van Aken gab am Sonntagabend in der Talkshow bei Anne Will eine der Antworten, die uns womöglich dem Kriegsende schneller näherbringt als alle Waffenlieferung, die auf dem Art. 51 der UN-Charta, der Anerkennung der Selbstverteidigung der Ukraine, gegründet werden, von vielen Linken in Deutschland jedoch abgelehnt werden. Er setzt auf ernsthafte und nicht halbherzige Wirtschaftssanktionen, die Russland wirklich ökonomisch erschüttern. Die Doppelkontostrategien bei den Lieferzahlungen sind ganz sicher keine Lösung. Das Vermögen der reichsten Oligarchen ist jedoch bisher weder eingefroren noch ernsthaft im Fokus der Sanktionen.
In der Zeitschrift „Sozialismus“ gab es in der vergangenen Woche ebenfalls eine interessante Zusammenstellung über die sehr verschiedenen Interessen der westlichen Demokratien im Krieg gegen die Ukraine, die man für eine analytische Basis der politischen Handlungsoptionen unbedingt einrechnen muss, wenn man der EU größere Handlungsoptionen im Rahmen friedlicher Konfliktlösungen abfordern will. Eine vielleicht schmerzhafte, aber sehr diskutable Position veröffentlichte der britische Hochschullehrer und TV-Journalist Paul Mason gestern im FREITAG, bezogen auf das Agieren einer gesellschaftlichen Linken, die bei ihm auch grüne und sozialdemokratische Spektren umfasst. Jedoch ist seine Position nahe an Stimmen der ukrainischen, russischen, polnischen oder auch einigen skandinavischen Linken, den Status Quo der internationalen Sicherheitsarchitektur – auch mit einer reformierten NATO – zum Ausgangspunkt der Veränderungen und des Kampfes gegen Neofaschismus zu machen.