REGI nimmt Bericht zum Just Transition Fonds an. Mittelgutes Ergebnis, meint Martina Michels.
 

„Mittelgutes Ergebnis bei der Abstimmung zum Just Transition Fund“ kommentierte Martina Michels die Abstimmung im REGI-Ausschuss zum „Just Transition Fonds“ (JTF) am Montag dieser Woche. „Der JTF wird Regionen beim sozial ausgewogenen Kohleausstieg helfen. Die Region warten darauf. Doch den Ausstieg aus fossilen Energien mit Förderung fossiler Energien zu stützen, ist Unfug!“

 

Die Verhandlungen über die finalen Kompromisse liefen bis in die letzten Minuten vor der Abstimmung. Viele positive Aspekte sind den Text auch auf linke Initiative hin aufgenommen worden. Die EU muss zu einer klimaneutralen Wirtschaft übergehen, ohne dass die Unterschiede zwischen den Regionen weiter zunehmen, da sind sich die Regionalpolitiker*innen einig.

 

Allerdings gab es auch eine Ausschussmehrheit für die Förderfähigkeit von Erdgas als Energieträger und entsprechende Infrastruktur. Dank einer Sonderbestimmung kann die Kommission Just Transition-Pläne genehmigen, die solche Aktivitäten enthalten, wenn sie gemäß der Taxonomieverordnung als „umweltverträglich“ eingestuft werden und sechs zusätzliche kumulative Bedingungen erfüllen. Die MdEP der Linksfraktion haben sich während der Verhandlungen und in der Abstimmung ganz klar gegen die Förderung fossiler Energien gewandt und werden entsprechend auch die Debatte und Abstimmung im Plenum vorbereiten.

Problematisch ist eine weitere Ausnahmeregelung, nach der Großunternehmen Geld für den Umbau bekommen können. Die linken MdEP sind der Auffassung, dass die EU-Gelder aus dem Just Transition Fonds vor allem KMU und Vorhaben, die direkt den Beschäftigten und der Allgemeinheit zugutekommen sollten. Energiekonzerne gerade in Deutschland bekommen für den – im Übrigen vergleichbar späten – Kohleausstieg bereits Summen, von denen die EU-Strukturfonds nur träumen.

Zu den positiven Entwicklungen zählt eine Aufstockung der Finanzmittel für den neuen Fonds durch die Kommission, die der REGI noch einmal deutlich ausbauen will: von 11 270 459 000 EUR zu laufenden Preisen auf 25 358 532 750 EUR zu Preisen von 2018 im Kern-MFR. Dieser Betrag würde durch zusätzliche laufende Mittel in Höhe von 32 803 000 000 EUR ergänzt, wie im Rahmen des EU-Wiederaufbauinstruments vorgeschlagen. Wenn dieses denn wir geplant in Kraft tritt.

 

Der vereinbarte Text beinhaltet die Schaffung eines „Green Rewarding Mechanism“, mit dem 18% der gesamten JTF-Ressourcen abhängig von der Geschwindigkeit zugewiesen werden können, mit der die Mitgliedstaaten ihre Treibhausgasemissionen reduzieren, geteilt durch ihr jüngstes durchschnittliches BNE. Zusätzlich würde 1% der Gesamtbeträge speziell für Inseln und 1% für die äußersten Regionen bereitgestellt.

 

Da die JTF die am stärksten vom Umbau betroffenen Gebiete in jeder Region unterstützen soll, fordern die Abgeordneten eine Kofinanzierungsrate von bis zu 85% der Kosten für förderfähige Projekte.

 

Die Einrichtung des JTF darf nicht zu Kürzungen oder verpflichtenden Übertragungen von Geldern aus den anderen Kohäsionsfonds führen. JTF-Ressourcen könnten aber durch freiwillige Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF +) ergänzt werden, wobei aber deren Zielverpflichtungen beibehalten werden müssen.

 

Breiter gefasst würde der Anwendungsbereich des JTF. Der Fonds soll sich speziell auf den sozialen Zusammenhalt konzentrieren und zur Schaffung von Arbeitsplätzen führen. Die vom Fonds unterstützten Aktivitäten umfassen auch: Kleinstunternehmen, nachhaltigen Tourismus, soziale Dienste und Infrastruktur, Universitäten und öffentliche Forschungseinrichtungen, Energiespeichertechnologien, emissionsarme Fernwärme, intelligente und nachhaltige Mobilität, digitale Innovation, Projekte im Kampf Energiearmut sowie Kultur, Bildung und Aufbau von lokaler Gemeinschaften.

Mit 27 Stimmen bei 7 Gegenstimmen und 8 Enthaltungen wurde der Bericht am Montag angenommen. Aufgrund der problematischen Regelung zu Erdgas hat sich Martina Michels, Schattenberichterstatterin zum JTF-Dossier und Obfrau der Linksfraktion im REGI enthalten.

 

 

Europaparlament befragt Kommissarin Elisa Ferreira über die Rolle der Kohäsionspolitik bei der Bekämpfung der sozioökonomischen Auswirkungen der Corona-Krise

(Freitag, 10/07/2020)

Die Obleute des Ausschusses für regionale Entwicklung (REGI) hatten diese Debatte angeregt und der Kommissarin vorab konkrete Fragen und Anregungen übermittelt. Denn seit Beginn der Corona-Krise wurden mithilfe der die EU-Kohäsionspolitik die Voraussetzungen für die Bereitstellung von Hilfsgeldern geschaffen. Regeln wurden gelockert, um schnell in öffentliche Gesundheitssysteme, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und soziale Maßnahmen zu investieren. Für Martina Michels ist es nun jedoch an der Zeit, strategischer zu planen:  „Inzwischen wird über einen Wiederaufbauplan debattiert, mit dem die Krise überwunden werden soll. Deshalb sollten sich die Strukturfonds nun wieder und verstärkt ihrem Kernziel widmen: Die Lebensverhältnisse in der EU anzugleichen. Dazu müssen im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) genug Fördermittel eingestellt und die Förderregeln für die Zeit ab 2021 endlich beschlossen werden. Dafür fordern die Regionalpolitiker*innen im EP einen konkreten Fahrplan von der Kommission. Sie schlagen außerdem eine Kohäsionsnotreserve vor; und eine längerfristige Ausnahme vom Stabilitäts- und Wachstumspakt, damit öffentliche Investitionen in die regionale Entwicklung nicht auf die Staatsverschuldung angerechnet werden.“

 

Kommissar Ferreira erklärte, dass die Europäische Kommission den Zusammenhalt und die Solidarität durchaus in den Mittelpunkt ihres Wiederaufbaupakets gestellt habe. Sie erinnerte an erhebliche Ressourcen und die Flexibilität, die bisher durch die Corona Response Investment Initiatives sowie das REACT-EU-Instrument bereitgestellt wurden, das als Brücke zwischen den beiden langfristigen Programmierungsperioden dienen soll. Alle EU-Institutionen seien aufgefordert, gemeinsam eine rasche Einigung über den Wiederaufbauplan und den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) zu erzielen, um eine umweltfreundliche, digitale und moderne Erholung für EU-Regionen und Bürger zu gewährleisten.

 

Die EU-Initiative „Next Generation EU“ mag ein interessanter neuer Baustein in der Haushaltsarchitektur der EU sein. Die Kohäsionspolitik bleibt jedoch von den nächsten derzeit vorgelegten MFR-Vorschlägen betroffen – mit einem inakzeptablen Rückgang von 12% gegenüber dem vorherigen Programmplanungszeitraum. Dabei wäre es wichtig, die Kohäsionspolitik zu stärken angesichts der bereits sichtbaren und vorauszusehenden wirtschaftlichen und sozialen Problemlagen und Ungleichentwicklungen. Nach der am Dienstag vorgestellten Wirtschaftsprognose der EU-Kommission schrumpft die Wirtschaft im Euro-Raum in diesem Jahr um 8,7 Prozent und legt 2021 um 6,1 Prozent zu. Die Wirtschaftsleistung in der EU insgesamt dürfte 2020 um 8,3 Prozent sinken und im kommenden Jahr um 5,8 Prozent wachsen. Doch ob die Prognose sich als richtig erweisen wird, so sagt die Kommission selbst, ist mit außergewöhnlich hohen Risiken verbunden – vor allem Abwärtsrisiken. Zudem sei die Entwicklung „höchst asymmetrisch in Bezug auf die verschiedenen Mitgliedstaaten und Industriesektoren“.

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