Muntere Debatte: Digital-Kommissarin Mariya Gabriel im Kulturausschuss

und wieder ging es u. a. ums grenzenlose Fernsehen, kurz: die SatCab2-Verordnung

Nach ihrer Amtsübernahme hat die Nachfolgerin Oettingers, die Digitalkommissarin Mariya Gabriel erstmals den Dialog im Kulturausschuss gesucht. Die Copyright-Richtlinie stockt, das grenzenlose Fernsehen in Form von europaweit zugänglichen Mediatheken wurde in mehreren Ausschüssen vorerst versenkt. Aus der Aufhebung des Geoblockings wurde ein wenig verbesserter Verbraucherschutz, kurz, die Hütte brennt. „Die Vollendung des Digitalen Binnenmarktes hat für die Kommission enorme Priorität„, so eröffnete die entschlossene Kommissarin und verwies gleich darauf, dass der erste Trilog zur SatCab2-Verordnung einen Tag zuvor stattgefunden hat.

Bei den Nachfragen zu den Trilogverhandlungen über die online-Weiterleitungen von TV-Sendern entspann sich eine Art Nummerngirl des Kulturausschusses: Ein Streit zwischen denen, die aus unterschiedlichen Motiven dem Aufstand der Filmindustrie folgen und jenen, die wie hundertausende Bürgerinnen und Bürger mehr grenzenloses Fernsehen ermöglichen wollen, ein erweiteres kollektives Rechtemanagment bevorzugen und auf einen einfacheren Zugang für ein europaweites Publikum hoffen.

Helga Trüpel von den Grünen reklamierte, dass Martina Michels einmal mehr zugesitzt hatte, dass die Filmindustrie das Teritorialprinzip überschätze. „Wenn wir europäischer werden wollen, müssen wir auch die Urheber besser bezahlen“, betonte sie einmal mehr, wobei man hier schon immer leise fragen muss, ob dies nicht die Filmindustrie auch tun muss, nicht nur die TV-Veranstalter. Da gibt es kein ‚entweder oder‘, formulierte Trüpel, denn wir haben es hier mit einem Zielkonflikt zu tun, den wir seit acht Jahren nicht gelöst haben. Petra Kammerevert (S&D) vermittele, es ginge hier nicht um ein ‚entweder oder‘, sondern um ein klares ‚und‘, was die Kommissarin elegant aufgriff:

Wer es europäischer möchte, muss auch etwas in den Medien aus anderen Ländern vorfinden und genau das wird im Trilog besprochen. Es ist schwierig, betonte Gabriel nochmal, aber sonst wird es auch nichts mit dem digitalen Binnenmarkt, wenn ich aus anderen Ländern keine Sendungen sehen kann. Diese durchaus hoffnungsvolle Ansage wird bestimmt demnächst in eine dramatische Titelzeile der FAZ gegossen: ‚Kommissarin setzt  sich über Ausschussempfehlungen hinweg‘, als ob das die Kommission nicht ständig tut, und betreibt den Untergang des europäischen Filmes jetzt hinter verschlossenen Türen.

Das mit den Türen stimmt dann allerdings. Das haben die undemokratischen Triloge so an sich.

Im Januar hat die Kommission, so ergänzte die Kommissarin in ihrem Input, einen Aktionsplan für digitale Bildung verkündet. Schon jetzt beschweren sich 40% aller IT-Unternehmen, dass sie nicht die passenden Beschäftigten finden. Deshalb soll es jetzt auch nach dem Erasmusmodell geförderte Praktika für Student*innen in digitalen Bereichen geben.

Im Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) spielen all die Fonds eine besondere Rolle, die die Wettbewerbfähigkeit und den Arbeitsmarkt qualifizieren. Die Kommission will beim Programm Media ihre Zusagen einhalten und aufforsten. Probleme der veränderten audio-visuellen Landschaft sind bekannt und es soll eine Plattform für das Repetoire von Europäischen Filmen geben. Bis Ende des Jahres soll ein Prototyp an den Start gehen. Dazu gab es einen Runden Tisch bei der Berlinale, über den die Medien auch berichtet hatten.

Um Fakenews auf den Leib zu rücken, soll nach einer Entschließung des Parlamentes die Kommission nach dem Prinzip der Selbstregulierung tätig werden, deshalb wird sie im April etwas vorlegen. Die derzeit laufende öffentliche Konsultation läuft am 23. April aus.

Weitere Nachfragen betrafen dann unter anderem den Schutz Jugendlicher, mehrfach die angekündigte europäische Filmplattform, eine Europäische Lehrerakademie und was eigentlich für Senior*innen getan wird.

Wenn die Kommissarin Gabriel auch angenehm konzentriert ist, muss man trotzdem immer festhalten: Vollmundig ankündigen kann die Kommission beim Digitalen immer hervorragend, doch dann steckt der Teufel im Detail und es dauert, bis etwas Konstruktives zur Lösungen der schier unendlichen Zielkonflikte auf dem Tisch liegt, weil sich die Kommission noch immer am Wohl und Wehe des Binnenmarkts festbeißt, statt sich endlich einzugestehen, dass Digitalisierung gesellschaftliche Normen braucht, die noch immer mit dem Dreigestirn: Netzneutralität, Datenschutz und einem modernen Urheberrecht, das Nutzerinnen und Nutzer, auch die institutionellen, wie Bibliotheken, Bildungseinrichtungen usw. nicht ausblendet, gut umrissen sind.