Martinas Woche 42_2017
Brüssel: Ratsgipfel – Kulturausschuss – Lux Film Preis – 112 – Berlin: demonstriert gegen Einzug der AfD in den Bundestag
Seit Stunden sind Martina Michels und Nora Schüttpelz auf dem Wege nach Strasbourg zum Plenartagung des Europäischen Parlaments. Der Haushalt steht zur Debatte, doch das ist nicht alles. Morgen früh um 9 Uhr werden in einer Generaldebatte die Ergebnisse des Ratsgipfels debattiert. Auf der Tagesordnung des EU-Gipfels standen plötzlich wieder ernsthafte Hausaufgaben der EU: Asylpolitik, das Verhältnis zur Türkei, die Finanzarchitektur, Außenpolitik, Brexit. Warum manch Themenfeld erst jetzt? Sollten die Wahlen in Österreich und Deutschland von EU-Entscheidungsfreude nicht beeinflusst werden? Der Rechtsruck ist doch schon lange da, nicht nur in Österreich, auch in Deutschland. Hat die EU darauf neue Antworten?
EU-Ratsgipfel am 19./20.Oktober in Brüssel: Falsche Signale in der Flüchtlingspolitik
Was man als Abgeordnete vom Ratsgipfel mitbekommt, unterscheidet sich wenig vom Erleben der Brüsselerinnen und Brüsseler, die zur Arbeit wollen und so gar nichts mit dem Parlament zu tun haben. Straßensperrungen, verstopfte Wege, umgeleitete Busse oder unfreiwillige Fußwege. Touristen wundern sich über unbezahlbare Zimmer und kommen besser an anderen Tagen. Doch was hat der EU-Ratsgipfel am 19./20.Oktober in Brüssel mit den Wahlergebnissen in Deutschland (und Österreich) zu tun? Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass mit den Hausaufgaben von der Asylpolitik, bis zum Verhältnis zur Türkei gewartet wurde, bis Deutschland und Österreich gewählt haben. Fatal, wie wir finden, denn der Rechtsruck ist auch Ausdruck einer herrschenden Europapolitik, die ihren eigenen Problemstau vor sich herträgt. Und letztlich sind die Signale des Gipfels bei der Reform der Asylpolitik verheerend.
Angesichts der Konstituierung des Deutschen Bundestages fordert die UN-Flüchtlingsagentur UNHCR die Wiederherstellung des Asylrechts, den Ausbau legaler Fluchtrouten sowie einen ernsthaften Integrationsansatz und verweist damit zugleich auch auf die Fehlstellen der europäischen Politik. Im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) scheint die Debatte in eine andere Richtung zu laufen, wie Cornelia Ernst uns berichtet.
Kulturausschuss mit Debatten zur Bildung, zu Creative Europe und Beutekunst in Kriegsgebieten
Der Kulturauschuss tagte am Dienstag und hatte ein buntes Debattenprogramm, bei dem unter anderem eine Studie zu “Modernisation of Higher Education”, vorgestellt von Bernd Wächter (Academic Cooperation Association). Er wandte sich gegen einen verengten – auf den Arbeitsmarkt orientierten Bildungbegriff – der die EU-Agenda nach der Finanzkrise beherrschte. Kurz fasste er zusammen: Bildungsmodernisierung darf nicht „Marktifizierung“ sein. Die lesenswerte Studie ist derzeit nur auf Englisch verfügbar.
Neben einer aktualisierten Debatte um die praktischen Hürden, die Unterfinanzierung und die Fehlstellen des Programms Creative Europe, bei dem zur Zeit das Europäische Jugendorchester durch die Mühlen der Antragslyrik fiel, endeten die Debatten mit der Vorstellung einer Stellungnahme zur Beutekunst in Konfliktregionen, die mein Fraktionskollege Nikos Chountis erarbeitet hat. Spät hat sie begonnen, diese Debatte, aber immerhin.
Lux-Filmpreis 2017 – Die Qual der Wahl
Die schönsten Arbeitstage des Jahres haben begonnen. Man kommt früh auf Arbeit und geht in einer verlängerten Mittagspause oder nach 18:30 Filme gucken. Denn noch läuft das Voting für die Abgeordneten. Derzeit laufen die nominierten Filme für den LUX Filmpreis 2017 auch in den Ländern, in Berlin im Babylon und anderen Kinos. Weitere Infos findet ihr hier.
Europaweiter Notruf 112
Nach einem erfolgreichen EENA Members Workshop (European Emergency Number Association) und Meet Your MEP Event im Jahr 2015 fand eine zweite Ausgabe vom 16. bis 18. Oktober 2017 im Pentahotel Brussels City Centre und im Europäische Parlament statt. Martina unterstützt den Austausch von Erfahrungen, bewährten Verfahren und Ideen im Bereich Notdienste und leiste ihren bescheidenen Beitrag, die Notrufnummer, die europaweit gilt, noch bekannter zu machen.
Brüssel und Berlin: Demonstrationen für Menschenrechte und gegen Rassismus
In Brüssel wird viel und oft demonstriert. In der zweiten Oktoberwoche war Generalstreik. Wenn dann das Parlament tagt, sind das oft Einzelinitiativen vor Ort, um auf Themen, die in den Ausschüssen zur Debatte stehen sollten, hinzuweisen. Machmal präsentiert das bunte Brüssel auch „nur“ sein multikulturelles Gesicht, das nicht einzelnen Veranstaltungen anhaftet, sondern das ganze Jahr und das Straßenbild der Stadt prägt, in der allerhand Sprachen fließend gesprochen werden, mehr als sonst in anderen europäischen Städten.
Am Sonntag, dem 22. Oktober, kamen in Berlin über 12.000 Menschen unweit des Bundestages zusammen, um gegen den Einzug der offen rassistischen AfD in den Bundestag zu demonstrieren. Hoffen wir, dass sich dieser Protest verstärkt, dass er das Parlament in den nötigen Auseinandersetzungen mit den einfachen und falschen Lösungen von Rechtsaußen wirklich erreicht. Georg Restle vom ARD Monitor kommentierte den Einzug der AfD auf twitter: „Nächste Woche zieht völkischer Nationalismus wieder in den Reichstag ein. Wer das für normal hält, hat nichts begriffen.“