Presseschau: „Wenn die SPD es ernst meint, muss sie liefern“

Portrait von Fabio De Masi (DIE WELT)

Julia Witte portraitiert für die Tageszeitung DIE WELT den Europapolitiker und Spitzenkandidaten der Hamburger LINKEN, Fabio De Masi. Der Artikel kann online hier abgerufen werden. Aus presserechtlichen Gründen, können wir den Artikel nur in Auszügen dokumentieren.

 

„Beinahe wäre Fabio De Masi der Assistent des damaligen HSH-Vorstandsvorsitzenden Dirk Jens Nonnenmacher geworden. Als der Brief mit der Einladung zum Vorstellungsgespräch bei De Masi eintraf, überlegte er ein paar Tage. Schließlich war der studierte Volkswirt, damals 25, gerade frisch verliebt in Berlin. Er entschied sich, weiter seinem Nebenjob in einem Techno-Club nachzugehen. „Das Angebot war spannend. Aber heute weiß ich, dass Toilettenputzen die bessere Wahl war“, sagt De Masi und lächelt kurz. […] 

De Masi vertritt im EU-Parlament nicht nur die Interessen der Hamburger Linken, sondern auch die von Nordrhein-Westfalen. Wenn er also nicht gerade in Brüssel ist, macht er Termine in NRW und Hamburg, weil es ihm wichtig ist. Und er pendelt regelmäßig nach Berlin. Dort lebt sein siebenjähriger Sohn. Er ist einer der Gründe, warum der politische Weg nun nach Berlin führen soll. Der weitere: „Ich möchte stärker politisch dort arbeiten, wo ich lebe“, sagt De Masi.

Dennoch habe er sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, als führende Vertreter der Linken-Bundestagsfraktion ihn baten, für den Bundestag zu kandidieren. „Ich habe die Argumente gut abgewogen“, sagt De Masi. Denn im EU-Parlament fühlt er sich wohl. De Masi hat dort eine feste Stellung, hat sich selbst bei den politischen Kontrahenten Respekt erworben, als er sich in der Aufklärung der Lux-Leaks-Affäre rund um die Machenschaften Luxemburger Banken verdient gemacht hat. Außerdem ist er der stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zu den Panama Papers. Eine Position, die man nicht leicht aufgibt. […]

Das könnte sicher auch ein Vorteil im Wahlkampf der Linken werden: Die spekulieren schließlich auf ein rot-rot-grünes Bündnis nach der Wahl, doch De Masi sagt auch: „Es wird keine Koalition im Wahlkampf geben. Wenn wir etwas erreichen wollen, müssen erst einmal wir stark werden.“ Dafür wolle die Linke, die Menschen an die Wahlurne bringen, „die die Faust in der Tasche haben. Wir müssen ihnen klar machen, dass wenn sie nicht wählen gehen, sie auch gleich ihr Kreuz bei der großen Koalition machen können.“ Setzen will die Linke auf Themen wie soziale Gerechtigkeit, faire Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt, eine Stärkung der gesetzlichen Rente und bezahlbare Mieten. „Wir wollen dabei auch die Mittelschicht.“

Ist es da nicht ein Problem, dass Schulz ganz ähnliche Versprechen macht? „Die Frage ist, wie glaubwürdig das ist“, sagt De Masi. Denn wer das Engagement von Schulz in Brüssel verfolgt habe, wisse zum Beispiel, dass dieser die Agenda 2010 stets verteidigt, oftmals sogar gelobt habe. […]

„Wir jedenfalls wollen noch vor der Wahl testen, wie ernst es Schulz und der SPD mit ihren Versprechen ist.“ Man wolle drei bis vier zentrale und durch den Bundestag umsetzbare Wahlversprechen noch in dieser Legislatur zur Abstimmung bringen. „Das ist ein Angebot, die Vorhaben sofort umzusetzen. Rot-Rot-Grün hätte bereits jetzt eine Mehrheit im Bundestag. Wenn die SPD es ernst meint, muss sie liefern“, sagt De Masi.

Man könnte derartige Vorhaben als politisches Theater bezeichnen. Für De Masi gehört es zu „kreativen Methoden“, Politik zu machen. Mit diesen hat er schon im EU-Parlament gearbeitet. Um mehr über die Hintergründe der Panama Papers zu erfahren, stellte er beispielsweise eigene verdeckte Recherchen an, versuchte als Geschäftsmann getarnt, schmutziges Geld bei einer Bank in Panama anzulegen. […]

Wie gut die Chancen stehen, dass er jetzt für die Partei den Sprung in den Bundestag schafft? Bei den Wahlen 2013 erreichte die Linke 8,8 Prozent. Das reichte sicher für ein Mandat. „Diesmal wollen wir zweistellig werden“, sagt De Masi. „Das ist sportlich, aber machbar.“ Er jedenfalls habe richtig Lust auf den Wahlkampf. „Ich bin ein Wahlkampftier, mir macht das Spaß.““