Tag der Menschenrechte 2015: Schluss mit der Doppelmoral!

Zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2015 erklärt Sabine Lösing, Koordinatorin der linken Fraktion im Auswärtigen Ausschuss und friedenspolitische Sprecherin der Delegation DIE LINKE. im Europaparlament:

„Auch 67 Jahre nach der Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte nehmen weltweit bewaffnete Konflikte, Vertreibungen und Menschenrechtsverletzungen immer weiter zu. Nicht nur in den Krisenherden im Nahen Osten und in Afrika steigt die Zahl der Menschenrechtsverletzungen. Auch in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ist die Entwicklung vor dem Hintergrund der so genannten Flüchtlingskrise und nach den Terroranschlägen von Paris mehr als beängstigend.

Die EU stellt sich gerne als Vorreiter für die Menschrechte dar. Jedoch hat die unmenschliche Abschottungspolitik der EU allein im Jahr 2015 mehreren tausend Menschen das Leben gekostet. Immer mehr Mitgliedsstaaten der Europäischen Union schließen ihre Grenzen mit Zäunen und Stacheldraht, in vielen Aufnahmelagern an den Außengrenzen der EU herrschen erbärmliche humanitäre Bedingungen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis auf dem Balkan im Winter die ersten Menschen erfrieren.

Das in Artikel 14 der Erklärung festgehaltene Recht, ‚in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen‘ existiert mehr und mehr nur noch auf dem Papier. Überall nehmen fremdenfeindliche Übergriffe auf Geflüchtete zu, allein in Deutschland gab es bis 2015 fast 500 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. Gleichzeitig droht vor dem Hintergrund der Pariser Terroranschläge eine Einschränkung von Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Dabei spielen die Menschenrechte zur Bewältigung der so genannten Flüchtlingskrise offenbar nur eine untergeordnete Rolle. Das zeigt nicht nur die Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Türkei sehr deutlich, einem Land, in dem seit Jahren zahllose Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind. Auf dem Gipfeltreffen in Valetta wurde Mitte November auch eine stärkere Zusammenarbeit und finanzielle Unterstützung afrikanischer Diktaturen beschlossen.

Ein Skandal ist es, dass die Europäische Union bis heute nicht der Europäischen Menschenrechtskonvention beigetreten ist. Im Gegensatz zur Erklärung der Menschenrechte ist diese Konvention völkerrechtlich bindend – und die EU hat sich bereits vor acht Jahren im Vertrag von Lissabon zu einem Beitritt verpflichtet. Dennoch wurde der Beitritt bis heute nicht vollzogen.“

Sabine Lösing abschließend:

„Diese Doppelmoral in der Europäischen Union gehört beendet! Der Einsatz von Militär zur vermeintlichen ‚Bekämpfung von Fluchtursachen‘ in den Herkunftsländern der Geflüchteten muss ebenso beendet werden wie die Abschottung der Außengrenzen. Keine Zusammenarbeit mit Staaten, die massive Menschenrechtsverletzungen begehen. Der Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention ist mehr als überfällig. Menschenrechte sind kein Luxusgut, dass man in Krisenzeiten hinten anstellen darf.“