Weit entfernt von den politischen Realitäten
Am Mittwochabend hat das Europäische Parlament den Bericht zur Reform des EU-Wahlrechts angenommen. Wichtige Forderungen nach einer tatsächlichen Demokratisierung und Bürgerbeteiligung blieben dabei auf der Strecke, kommentiert Helmut Scholz, Europaabgeordneter der LINKEN und Mitglied im Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO).
„Die Abstimmung zeigt, wie weit sich die Mehrheit der Abgeordneten von den Realitäten in Europa entfernt hat. Gerade die Tatsache, dass mit dem Bericht eine Gleichberechtigung für Frauen beim passiven Wahlrecht faktisch ausgeschlossen und ein Wahlrecht mit 16 Jahren abgelehnt wurde, belegt, dass die Ansicht der Parlamentsmehrheit mit der gesellschaftlichen Entwicklung in Europa nicht mehr Schritt hält.“
Helmut Scholz weiter: „Auch die Aufstellung europaweiter Kandidaten neben den nationalen wäre an der Zeit gewesen, um die demokratische Legitimität der Entscheidungsprozesse der EU zu erhöhen. Wie im Ausschuss für konstitutionelle Fragen haben sich aber Konservative und Sozialdemokraten zusammengetan, um nur kosmetische Änderungen als Reform zu verkaufen.“
Ausdrücklich kritisierte Scholz, dass sich das Parlament mit der Empfehlung an größere Staaten, Sperrklauseln zwischen drei und fünf Prozent einzuführen, zum Handlanger der Großen Koalition in Deutschland mache. „Für die Sicherung der ordnungsgemäßen Arbeitsweise des Europäischen Parlaments wäre es wichtig gewesen, eine weitere Fragmentierung zu verhindern. So wäre es sinnvoll gewesen, eine verbindliche Schwelle zwischen drei und fünf Prozent für die Verteilung der Sitze in Mitgliedstaaten mit nur einem Wahlkreis und in Wahlkreisen einzuführen, in denen eine Listenwahl stattfindet und es mehr als 26 Sitze gibt.“
„Den Berichterstattern wie der Parlamentsmehrheit fehlte offensichtlich der Mut zu einer wirklichen EU-Wahlrechtsreform, die sich den heute deutlicher denn je zu Tage tretenden, notwendigen gemeinschaftlichen europäischen Aufgaben stellt. Das stärkt sicherlich nicht EU-weite Bemühungen um eine demokratische Rückkoppelung und Verankerung von EU-Politik und damit zivilgesellschaftliches Engagement. Dabei können und werden wir als Linke im Europaparlament nicht stehen bleiben.“