Zur Sache: TTIP – Angriff der Konzerne
Die EU verhandelt geheim ein Freihandelsabkommen mit den USA: Das Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP). EU-Handelskommissar de Gucht, gegen den in Belgien übrigens ein Verfahren wegen Steuerbetrugs läuft, verspricht Wachstum und Jobs. Doch die Bundesregierung gab kürzlich zu, dass solche Versprechen Unsinn sind.
Bei TTIP geht es nicht so sehr um den Abbau von Zöllen, die zwischen der EU und den USA ohnehin kaum noch existieren. Es geht vielmehr um Gesetze und Regulierungen, die Profite von Konzernen bremsen. Alles kann unter die Räder kommen: Etwa Arbeitnehmerrechte. Beispielhaft dafür stehen US-Konzerne wie T-Mobile USA, in denen Betriebsräte mit der Drohung von Entlassungen bekämpft werden. Auch das Verbot von Fracking (also der Förderung von Gas mit giftigen Substanzen) sowie das Verbot der Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmitteln oder das Vorsorgeprinzip in der chemischen Industrie sind durch TTIP gefährdet. So sind in der EU über 1000 riskante chemische Stoffe verboten, in den USA nur elf. Aber auch die EU kämpft gegen strengere US-Regulierungen im Bereich der Pharmaindustrie sowie bei Banken. Zudem droht der Ausverkauf des öffentlichen Eigentums an private Energie- und Wasserhaie. Allein die öffentlichen Aufträge machen in der EU fast zwanzig Prozent der Wirtschaftskraft aus. Dazu ist ein weiteres Abkommen von rund 50 Staaten geplant (TISA), das auch den internationalen Export von Leiharbeitern vorsieht.
Bei TTIP soll ein Regulierungsrat bereits im Vorfeld Gesetze verhindern, die mächtige Konzerne stören. Geplant ist außerdem ein Klagerecht von privaten Konzernen gegen Staaten – vor nicht-öffentlichen, privaten Schiedsgerichten. So verklagt bereits der schwedische Energiekonzern Vattenfall Deutschland in Washington im Rahmen der Energiecharta auf 3,7 Milliarden Euro Schadenersatz wegen „entgangener Profite“ durch den Atomausstieg. Man stelle sich vor, die Arbeitnehmer könnten wegen der Agenda 2010 auf entgangene Löhne klagen. Das wäre ein Fest. In den USA gibt es bereits spezielle Hedge Fonds und Kanzleien, die nichts anderes tun, als weltweit Gesetze zu suchen, gegen die Konzerne klagen können. Doch selbst wenn der „Investitionsschutz“ nicht in TTIP verankert wird: Die EU steht kurz vor dem Abschluss eines Abkommens mit Kanada (CETA). Dort gibt es das Klagerecht. Da Kanada eine Freihandelszone mit den USA hat (NAFTA), reicht es für US-Konzerne, einen Briefkasten in Kanada zu haben, um die Konzernklage zu nutzen.
Eines ist sicher: DIE LINKE kämpft gegen CETA, TTIP und TISA. Hier und in Europa.
Fabio De Masi MdEP, Abgeordneter der LINKEN in der Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) im Europäischen Parlament
Der Artikel erschien zuerst in der Septemberausgabe der Zeitschrift der AG betrieb & gewerkschaften