Weltklimagipfel in Durban

Informationen und Einschätzungen von der Linksfraktion GUE/NGL.

 

Sabine Wils, Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen des Europäischen Parlaments, ist Teil der Gruppe von Abgeordneten der GUE/NGL, die bei der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen im südafrikanischen Durban dabei sind. „Die reichen Industriestaaten in der EU sind in der Pflicht, ärmere Länder finanziell zu unterstützen, damit sofort Maßnahmen gegen die Folgen des Klimawandels ergriffen werden können“, so Sabine Wils. In Durban müssen sich die Vertragspartner auf verbindliche gemeinsame Ziele verständigen und einer weiteren Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls zustimmen. Das Protokoll, welches 2012 ausläuft, legt Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industriestaaten fest. Diese sind die Hauptverursacher Erwärmung, während Entwicklungs- und Schwellenländer unter den Folgen leiden: „Nicht nur, dass sie am meisten unter der Umweltzerstörung der Industriestaaten zu leiden haben, sie sind diesem auch noch weitestgehend schutzlos ausgeliefert“, so Wils weiter.

Bleiben Sie informiert und besuchen Sie den Blog der GUE/NGL zum Klimagipfel unter folgendem Link: GUE/NGL Klimagipfel-News.

 

Pressemitteilung von Sabine Wils: Klimagerechtigkeit – vor allem in Zeiten der Krise

 Artikel von Sabine Wils: Die Zentralität der ökologischen Frage

 

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Desaströses Ergebnis beim Weltklimagipfel in Durban

Zum Ausgang der Weltklimakonferenz in Durban erklärt die Europaabgeordnete Sabine Wils, DIE LINKE. im Europaparlament, Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit.

Zum Ausgang er Weltklimakonferenz in Durban erklärt die Europaabgeordnete Sabine Wils, DIE LINKE. im Europaparlament, Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit:

„Die kleinen Inselstaaten, Afrika sowie die am wenigsten entwickelten Länder werden weiterhin existenziell vom Klimawandel bedroht bleiben. Mit dem in Durban verhandelten Zeitplan, 2015 einen Nachfolgevertrag von Kyoto zu verhandeln, der dann erst 2020 in Kraft treten soll, ist das bei der COP16 in Cancún beschlossene 2 Grad-Ziel nicht zu halten“, empört sich Sabine Wils.

„Der Peak der Klimagasemissionen müsste schon 2017, jedoch spätestens 2020 überwunden werden. Wissenschaftliche Institute gehen davon aus, dass sich die Welt weiterhin auf dem Weg  zu einer globalen Erwärmung um mehr als 3,5 Grad Celsius im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung befinden würde“, so Wils weiter.

„Das Verhandlungsergebnis von Durban lässt an der zukünftigen Verbindlichkeit des internationalen Klimaschutzes zweifeln. Das Kyoto Protokoll ist eine leere Hülle, das nur noch 15% der weltweiten Emissionen repräsentiert. Es dient nur noch dem Überleben der Kohlenstoffmärkte, jedoch nicht dem Klimaschutz. Die Bremser haben sich durchgesetzt. Ein Beispiel hierfür ist die Aufnahme der Kohlenstoffabscheidung und Lagerung (CCS) in den Clean Development Mechanismus (CDM)“, kritisiert Wils.

„Jetzt kommt es auf eine ambitionierte Klimagesetzgebung der EU an. Eine Erhöhung der Treibhausreduktionsziele der EU auf 40% im Einklang mit dem Weltklimarat und eine Erhöhung des Ziels, den Anteil der erneuerbaren Energien auf 30% zu steigern, jeweils bis 2020 bezogen auf 1990, sowie verbindliche Energieeffizienzziele sind jetzt das Gebot der Stunde zur Lösung der Verhandlungsblockaden und der Klimakrise“, erklärt Wils abschließend.

Durban, 9.12.2011

 

Loopholes in Durban

Schon vor der Klimakonferenz in Cancun letztes Jahr war die internationale Staatengemeinschaft vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (Unep) mit der Studie „The Emission Gap“ mit den bisherigen Verfehlungen der Klimadiplomatie konfrontiert worden. Laut dieser Studie gibt es ein großes „Mitigation Gap“, eine Minderungslücke bei den Reduktionszusagen einerseits und den benötigten Reduktionsverpflichtungen andererseits, was das für 2020 hochgerechnete Emissionsniveau betrifft – eine Lücke, die zu groß ist, um einen unkontrollierbaren Klimawandel zu verhindern.

Weltweit dürfen im Jahr 2020 nur noch 39 bis 44 Gigatonnen CO2Äquivalente ausgestoßen werden, damit der durchschnittliche globale Temperaturanstieg – mit einer 66-Prozent-Chance – nicht höher als zwei Grad Celsius ausfällt. Die unverbindlichen Reduktionszusicherungen von Kopenhagen 2009 werden die Emissionen jedoch auf 52 bis 57 Gigatonnen angesteigen lassen. Der Minderungslücke von 12 bis 18 Gigatonnen stehen bislang lediglich Reduktionszusicherungen von vier Gigatonnen gegenüber – völlig ungenügend für die Verhinderung eines gefährlichen Klimawandels. Der letzte Strohhalm der internationalen Klimadiplomatie von der COP16 in Cancun war der Bewertungsprozess der langfristigen Auswirkungen der bisherigen Reduktionsverpflichtungen sowie eine politische Strategie, diese Kluft zu überbrücken und die Minderungslücke zu schließen.

Die Verhandlungsstrategie der EU in Durban schien von den Notwendigkeiten vorgegeben: Biete eine zweite Verpflichtungsperiode unter dem Kyoto-Protokoll ab 2012 gegen einen rechtlich verbindlichen, globalen Klimavertrag aller großen Emittenten wie USA, China und Indien ab 2015 an. Reduktionsverpflichtungen von Ländern, die 15 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantworten, als Brücke für Schwellen- und Entwicklungsländer in eine klimaschützende Zukunft.

Der rosige Kyoto-Traum konfrontiert mit der tristen Klimarealität zeigt die Löcher im internationalen Klimaschutzregime. Die Zahlen im Einzelnen: Sogenannte „Hot Air“ (heiße Luft), das heißt überschüssige Emissionszertifikate vor allem aus der Ukraine und Russland, die in die zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls übertragen werden könnten, addieren sich auf 9 bis 13 Gigatonnen CO2-Äquivalente. Regelungslücken aus Flächenversiegelung, Waldrodung und intensiver Landwirtschaft (LULUCF), die laut Unep jährlich bis zu 0,6 Gigatonnen betragen, könnten sich bis 2020 auf bis zu 4,8 Gigatonnen summieren. Für den Clean Development Mechanismus (CDM), der es bisher erlaubt, heimische Reduktionsverpflichtungen in Industrieländern durch Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern zu ersetzen, werden diese „loopholes“ auf 0,7 bis 3,3 Gigatonnen CO2-Äquivalente geschätzt. Zusätzlich sind bis 2020 durch neue Marktmechanismen doppelt verbuchte Emissionsreduktionen von 0,6 bis 1,6 Gigatonnen zu erwarten, sowie Emissionen des Internationalen Flug- und Schiffsverkehrs, die nicht unter das Kyoto-Protokoll fallen, von 4,2 bis 4,4 Gigatonnen.

Die EU muss ihre Emissionen bedingungslos reduzieren 

Was aber passiert während der Verhandlungen? Werden die Reduktionszusagen gestärkt? Werden die Ergebnisse von Durban die Löcher des Klimaschutzregimes stopfen?

Sogenannte „loopholes“ (Regelungslücken) würden ohne eine radikale Umkehr der Klimapolitik zu Minderungslücken von 14,5 bis 27,2 Gigatonnen CO2-Äquivalenten in einer achtjährigen Verpflichtungsperiode führen. Diesen „loopholes“ würden auf dem Emissionspfad der bisherigen Reduktionszusicherungen circa 18 Gigatonnen CO2-Äquivalente durch Minderungsmaßnahmen gegenüberstehen. Das bisherige Klimaschutzregime beschleunigt einen gefährlichen Klimawandel, anstatt ihn aufzuhalten oder gar zu verhindern, wenn die „loopholes“ in Durban nicht gestopft werden.

Gerade vor diesem Hintergrund ist es dringend erforderlich, dass die EU sich in einer zweiten Periode des Kyoto-Protokolls verpflichtet, bedingungslos ihre Treibhausgasemissionen um 30 Prozent bis 2020 zu reduzieren.

Den Standpunkt sowie weitere Informationen zu den Klimaverhandlungen in Durban finden Sie auf: http://www.klimaretter.info/standpunkte/10079-loopholes-in-durban

Durban, 9.Dezember 2011

 

 

Kick Coal out of CDM

Der Clean Development Mechanismus (CDM) hat eine schmutzige Geschichte, die es bisher erlaubt, heimische Reduktionsverpflichtungen in Industrieländern durch Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern zu ersetzen. Sogar geplante Kohlekraftwerke in Indien und China konnten für höhere Energieeffizienzstandards so bisher eine zusätzliche Finanzierung durch zertifizierte Emissionsreduktionen (CERs) erhalten. So wurde dort bisher der Bau von 6 Kohlekraftwerken finanziell unterstützt und die Errichtung von weiteren 35 Kohlekraftwerken stand kurz vor der Anerkennung für den CDM.  

Eine Studie des Stockholm Environmental Institute (SEI) wies jedoch nach, dass sogenannte „superkritische“ und „ultra-superkritische“ Kohlekraftwerkstechnologien keine CDM-Finanzierung brauchen, da sie sich ohnehin rasch als Stand der Technik etablieren. Da durch den CDM mitfinanzierte Projekte zu zusätzlichen Emissionsreduzierungen führen müssen, wurde die Anerkennung der Kohlekraftwerksprojekte kurz vor der Klimakonferenz in Durban (COP17) gestoppt.

Mit der gestrigen Aktion „Kick Coal out of CDM“ forderte CDM-Watch einen dauerhaften Ausschluss neuer Kohlekraftwerke aus dem CDM. Mit einem symbolischen Kick beförderte Sabine Wils (MdEP DIE LINKE) einen als Kohlesack verkleideten Menschen aus dem CDM. Damit will sie dafür eintreten, dass auf der Klimakonferenz eine Entscheidung zur dauerhaften Verbannung von Kohlekraftwerke aus dem CDM angenommen wird.

Durban, 7. Dezember 2012