Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit

Frau Präsidentin! Herr Kommissar! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Finanzierungsinstrument für die Kooperation mit industrialisierten Ländern wird in dieser Legislaturperiode grundlegend verändert. Bis 348 Mio. Euro wollen wir gemeinsam ausgeben für die Zusammenarbeit in Bereichen wie Wissenschaft, akademischer Austausch – auch Erasmus Mundus –, Kultur, Umweltschutz und erneuerbare Energien sowie Stimulation bilateraler Handelsbeziehungen. Kleine und mittelständische Unternehmen sollen dabei besonders berücksichtigt werden.

Neu ist, dass mit dem so genannten ICI Plus nun auch in Entwicklungsländern Projekte finanziert werden können, und zwar solche Projekte, die nicht unter die allgemeine Definition von Maßnahmen der Entwicklungshilfe fallen. Dazu gehören u. a. Projekte und Maßnahmen wie die Entsendung von europäischen Studierenden an Hochschulen in Afrika, Asien oder Lateinamerika – durchaus ein neuer Zug. Gerade in der heutigen Zeit gewachsener Verantwortung der EU für partnerschaftliche Neugestaltung der Zusammenarbeit mit einer wachsenden Zahl von Staaten ist das Ermöglichen selbstbestimmter Entwicklung dazu zu rechnen.

Mit der Neufassung der Verordnung haben wir die sich aus der geografischen Erweiterung ergebenden Chancen und Herausforderungen deutlich zu benennen. Eindeutig wird festgelegt, wer wofür und zu welchen Bedingungen finanzielle Unterstützung bekommen kann. Neu ist auch mit diesem Instrument, dass in der Verordnung vorgeschrieben ist, bei der Vergabe von Mitteln darauf zu achten, dass die Partnerländer die Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation einhalten und sich für die Verringerung der Treibhausgasemissionen als wichtigen Beitrag im internationalen Kampf gegen den Klimawandel einsetzen.

Ebenso wichtig: Rechtsstaatlichkeit und menschenwürdige Arbeit werden zum Kooperationsziel erhoben. Gerade weil wir in die zweite Lesung eintreten, lassen Sie mich bekräftigen: Ich halte es für absolut notwendig, dafür zu sorgen, dass bei der Gewährung der Finanzhilfen bei den Grundprinzipien der Europäischen Union keine Zugeständnisse gemacht werden dürfen. Bei Förderungen in Entwicklungsländern ist künftig auf die Kohärenz der Politiken zu achten, insbesondere darauf, dass sie mit den Maßnahmen gegen die Nahrungsmittelkrise in Einklang stehen. In der Plenarabstimmung in der ersten Lesung haben wir mehrheitlich – wenn auch knapp – beschlossen, für ICI Plus keine bislang für Entwicklungshilfe gedachten Gelder umzuwidmen.

Wir gehen in die zweite Lesung mit einer beschleunigten Verständigung zu diesem wie zu allen Finanzierungsinstrumenten. ICI Plus haben wir nach erfolgreichen Kompromissverhandlungen zwischen Rat und Europäischem Parlament an die Herausforderungen der Zukunft angepasst. Unserer Einigung zu allen inhaltlichen Fragen wurde im Plenum mehrheitlich zugestimmt. So weit, so gut – scheinbar. Denn nach wie vor ist offen, wie wir künftig mit der Frage der Gewaltenteilung umgehen, die sich aus dem in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon für die beiden legislativen Organe der EU, zumal in der vergemeinschafteten internationalen Handelspolitik, ergibt. Es geht um die Frage der Demokratie, um die so genannten delegated acts , wozu das Europäische Parlament sowie die Kommission und der Rat weiter unterschiedliche Sichtweisen haben.

Worum geht es dabei? Wir wollen erfüllen, was wir als unsere Pflicht gegenüber den Wählerinnen und Wählern sehen. Wir wollen prüfen, ob die mehrjährige Strategieplanung von EAD und Kommission zur Umsetzung unserer Verordnungen auch dem Geist der Gesetzgeber entspricht. In der Vergangenheit galt in der Kommission leider zu oft: Papier ist geduldig. Aus dem Vertrag von Lissabon ergibt sich unsere neue Rolle und Pflicht als Gesetzgeber, und wir fordern ein Vetorecht ein. Alle Berichterstatter für die verschiedenen außenpolitischen Finanzierungsinstrumente, die Ausschussvorsitzenden und die Fraktionsvorsitzenden sind sich einig: Wir werden für dieses demokratische Recht kämpfen!

Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen, das bisher an den Tag gelegte Verhalten zeigt, wir sind noch nicht bei der Erkenntnis dieses Grundsatzes in allen drei Organen der Europäischen Union. Wir verteidigen heute auch deshalb so energisch unser Recht auf Kontrolle, weil sich die Kommission bei ihrer Planung künftig nach den Vorgaben der Gesetzgeber zu richten hat und nicht nach ihren eigenen Mitteilungen.