Plenarfokus April 2024

Vorschau auf die Plenarwoche des Europäischen Parlaments vom 22. bis 25. April 2024 in Straßburg

Pressekonferenz
der Ko-Vorsitzenden der Fraktion THE LEFT:

Martin Schirdewan (Die Linke) & Manon Aubry (La France Insoumise)

Dienstag, 23. April 2024, 11.30 Uhr
EP-Pressesaal ‚Daphne Caruana Galizia’

(LOW N-1/201)
Livestream / Livestream

 

 

Helmut Scholz, MdEP, handelspolitischer Sprecher von Die Linke im EP:

‚Verbot von Produkten, die mit Zwangsarbeit hergestellt wurden, auf dem Unionsmarkt‘

Debatte Montag, 22. April, ab ca. 18.30 Uhr – Abstimmung Dienstag, 23. April, ab 12 Uhr

Produkte aus Zwangsarbeit auf dem europäischen Markt gehören bald der Geschichte an. Damit wird eine langjährige Forderung der Linksfraktion endlich erfüllt. Die EU geht mit diesem Gesetz den ersten wichtigen Schritt auf dem Weg zur Bekämpfung von Zwangsarbeit weltweit – weitere müssen folgen. Denn trotz der klaren Verbesserung des Kommissionsvorschlags, wie bei dem Anwendungsbereich, hat der Rat in den langwierigen Trilog-Verhandlungen gezeigt, dass einige Mitgliedsstaaten es nicht so genau nehmen mit Menschenrechten. Die Verordnung wurde an entscheidenden Stellen ausgehöhlt. Fehlende Wiedergutmachungspflichten und weitreichende Ausnahmen bei Unterbrechungen von Lieferketten sind nur die Spitze des Eisbergs.

 

Martina Michels, MdEP, Sprecherin von Die Linke im EP und Mitglied der EP-Israel-Delegation:
‚Reaktion der EU auf die wiederholte Tötung von humanitären Helfern, Journalisten und Zivilisten durch die israelischen Streitkräfte im Gazastreifen‘

Debatte Dienstag, 23. April, ab 15 Uhr

‚Irans beispielloser Angriff auf Israel, die Notwendigkeit einer Deeskalation und einer Reaktion der EU‘

Debatte Mittwoch, 24. April, ab 9 Uhr – Abstimmung Donnerstag, 25. April, ab 12 Uhr

Die EU hat den iranischen Angriff auf Israel verurteilt und unmissverständlich ihre Solidarität mit der Bevölkerung Israels bekräftigt. Gut so. Israels Luftverteidigung und die internationale Unterstützung zur Abwehr der Angriffe haben beeindruckend funktioniert. Aber so sieht Sicherheit nicht aus. Die dringendste Aufgabe besteht darin, die Kriegsspirale zu unterbrechen und eine umfassende Eskalation – ob nun gleich direkt mit dem Iran oder „nur“ mit dem Libanon – zu verhindern. Denn diese würde für die gesamte Region eine Katastrophe bedeuten. Gegenseitige Drohungen mit Vergeltung und Krieg vergrößern die Gefahr von Zerstörung und Tod. Sicherheit gibt es nur als kollektive Sicherheit. Das muss Zielstellung der EU-Außenpolitik auch im Nahen Osten sein.  Jeder Schritt in Richtung Frieden bringt mehr Sicherheit. Zu solchen Schritten gehört auch eine sofortige Waffenstillstandsvereinbarung in Gaza und die umgehende Freilassung der von Hamas seit Monaten gefangenen Geiseln. Dazu gehört auch die Sicherstellung humanitärer Versorgung und der Schutz von Zivilbevölkerung, Mitarbeiter*innen humanitärer Hilfsorganisationen und Journalist*innen in Krisengebieten.  Ebenso müssen die furchtbaren Gewaltausbrüche im Westjordanland gestoppt werden. Die Notwendigkeit, den Israel-Palästina-Konflikt zu beenden, ist nur Teil des Konfliktlösungsprozesses für die Region, aber ein wichtiger. Es braucht eine politische Alternative zum Weg des Extremismus und des Krieges. Es braucht einen Horizont der Hoffnung, der Sicherheit und des Friedens für beide Völker und letztlich für alle Völker im Nahen Osten.

 

Özlem Alev Demirel, MdEP, friedenspolitische Sprecherin von Die Linke im EP:

‚Reaktion der EU auf die wiederholte Tötung von humanitären Helfern, Journalisten und Zivilisten durch die israelischen Streitkräfte im Gazastreifen‘

Debatte Dienstag, 23. April, ab 15 Uhr

Über 33 000 Menschen sind bereits in Gaza getötet, unzählige Menschen verletzt worden und 1,5 Millionen droht der Hungertod. Mit dem Beschuss auf die internationale Hilfsorganisation „World Central Kitchen“ sorgte die israelische Kriegsführung für eine noch größere Empörung weltweit. Dabei ist der Beschuss internationaler Helfer*innen längst kein Einzelfall. Laut UN sind in den letzten sechs Monaten bereits mehr als 180 humanitäre Helfer*innen getötet worden.  Für diese Kriegsführung Israels gibt es keine Rechtfertigung. Seit Beginn des Krieges fordert unsere Fraktion einen Waffenstillstand und lehnt finanzielle Hilfen und Waffenlieferungen strikt ab. Demgegenüber steht, dass Deutschland nach dem 7. Oktober die Waffenausfuhren nach Israel verzehnfacht hat – ein Skandal, der die doppelten Standards verdeutlicht, für die die Bundesregierung steht. Auch mit Blick auf den Iran wird deutlich, welches Eskalationspotenzial hinter diesem Krieg steckt. Um eine Ausweitung des Krieges auf den gesamten Nahen Osten zu verhindern und vor allem um das unermessliche Leid der Palästinenser*innen endlich zu beenden, gibt es nur eine richtige Forderung: ein sofortiger und dauerhafter Waffenstillstand. Es braucht endlich konkrete Schritte hin zu einer nachhaltigen Friedenslösung, die auch den Palästinenser*innen ihr Selbstbestimmungsrecht sicherstellt. Vage Bekenntnisse aus der EU für eine Zwei-Staaten-Lösung reichen nicht mehr.

 

Martina Michels, MdEP, Sprecherin von Die Linke im EP und Mitglied der Euronest-Delegation:
‚Versuche, in Georgien wieder ein Gesetz über ausländische Agenten einzuführen und die Zivilgesellschaft einzuschränken‘

Debatte Dienstag, 23. April, ab ca. 16.30 Uhr – Abstimmung Mittwoch, 24. April, ab 12 Uhr

In Tiflis wird erneut vorm georgischen Parlament demonstriert. 10 000 Menschen blockieren den Verkehr und rufen dazu auf, „Nein zum russischen Gesetz“ zu sagen. Die Regierung antwortet mit Pfefferspray und Festnahmen. Das Parlament stimmte mehrheitlich für eine Fortsetzung dieses Gesetzgebungsverfahrens. Organisationen, die zu 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden, sollen sich registrieren und ihre Budgets offenlegen. Unabhängige Medien und NGOs sehen ihre Arbeitsweise gefährdet. Der Konflikt hat mit dem Beschluss des Europäischen Rates vom Dezember 2023, in dem gegenüber Georgien, der Ukraine und Moldau die EU-Beitrittsverhandlungen eröffnet wurden, eine Dimension erreicht, die über innenpolitische Auseinandersetzungen weit hinausgeht, da er Wege zur Rechtsstaatlichkeit und Medienfreiheit empfindlich berührt und in der georgischen Gesellschaft konfrontativ ausgetragen wird. Die EU hat hier eine besondere Verantwortung, dass Dialoge zur rechtsstaatlichen Entwicklung in Georgien ohne Behinderung der Zivilgesellschaft vonstattengehen. Ohne Bevormundung und Einflussnahme müssen diese Grundprinzipien klar formuliert werden und die partnerschaftlichen Aktivitäten des Beitrittsprozesses begleiten.

 

Cornelia Ernst, MdEP, asyl- und migrationspolitische Sprecherin von Die Linke im EP:

‚Partnerschaft zwischen der EU und Ägypten sowie Abkommen mit wichtigen Drittländern‘

Debatte Dienstag, 23. April, ab ca. 16.30 Uhr – Abstimmung Mittwoch, 24. April, ab 12 Uhr

Erst Tunesien, dann Mauretanien, jetzt Ägypten. Die Besessenheit der EU mit Abschottung und Externalisierung von Migrationspolitik ist regelrecht wahnsinnig. Fragwürdige Deals mit Diktatoren sind keine Lösung und werden nichts für Migrant*innen und Flüchtlinge tun, sondern sie nur auf noch gefährlichere Routen zwingen.

 

Özlem Alev Demirel, MdEP, sozialpolitische Sprecherin von Die Linke im EP:

‚Sorgfaltspflichten für Unternehmen‘

Abstimmung Mittwoch, 24. April, ab 12 Uhr

Auch wenn der nun endlich auch vom Rat beschlossene Kompromiss des EU- Lieferkettengesetzes abgeschwächt wurde, ist ein EU-Lieferkettengesetz längst überfällig, damit endlich große Konzerne und international agierende Unternehmen aus der EU ihrer Verantwortung für Menschenrechte, Arbeiter*innenrechte und die Umwelt gerecht werden. Das Scheitern der EU-Lieferkettenrichtlinie wäre ein Totalversagen beim Kampf gegen Ausbeutung und Kinderarbeit und für den Umweltschutz. Der Beschluss sieht vor, dass sich Opfer von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden an europäische Zivilgerichte wenden können, um ihre Rechte durchzusetzen. Dass Deutschland den ursprünglichen Kompromiss abgelehnt hat und auf eine massive Abschwächung gedrängt hat, ist beschämend. Während die Ampel die GEAS-Reform trotz untragbarer Angriffe auf das elementare Menschenrecht auf Asyl ohne großen Widerstand mitgetragen hat, hat sie gegen ein stärkeres Lieferkettengesetz solange protestiert, bis der Umfang, in dem es greift, eingeschränkt wurde. Es gilt nunmehr nur noch für Unternehmen ab 1000 Beschäftigten mit einem Jahresumsatz von mehr als 450 Millionen Euro, also nur noch für rund 5500 Unternehmen. Zudem soll es erst 2032 vollumfänglich gelten. Dennoch werden wir als Linke dafür stimmen. Für uns ist diese Richtlinie ein erster Schritt und Beitrag im Kampf gegen unhaltbare Menschenrechtsverletzungen entlang der Produktionskette.

 

Martin Schirdewan, MdEP, Ko-Vorsitzender der Linksfraktion THE LEFT:

‚Geldwäschebekämpfung‘

Debatte Mittwoch, 24. April, ab 9 Uhr – Abstimmung Mittwoch, 24. April, ab 17 Uhr

Der beste Freund der organisierten Kriminalität ist die Intransparenz bei Eigentum. Während Bürgergeldempfänger*innen vor unbekannten Sachberarbeiter*innen alles offenlegen müssen, können Konzerne und Megareiche ihren Besitz hinter Firmengeflechten verheimlichen. Von dieser Schattenfinanzwirtschaft profitieren auch die organisierte Kriminalität und die Mafia. Dieses Gesetzespaket kann nur ein erster Schritt sein, aber es ist immerhin ein Schritt. Die Regierungen und die EU müssen in der kommenden Legislaturperiode mehr wagen und sich endlich ernsthaft mit den Superreichen anlegen, damit wir Finanzkriminalität und Geldwäsche besser bekämpfen können.

 

Cornelia Ernst, MdEP, energie- und industriepolitische Sprecherin von Die Linke im EP:

‚Netto-Null-Industriegesetz‘

Debatte Donnerstag, 25. April, ab ca. 11 Uhr – Abstimmung Donnerstag, 25. April, ab 12 Uhr

Die Verordnung formuliert industriepolitische Zielmarken für den Ausbau europäischer Produktionskapazitäten im Bereich strategischer Technologien. Diese sollen über beschleunigte Genehmigungsprozesse für Projekte sowie Vorgaben für die öffentliche Beschaffung von Gütern, Förderprogramme und öffentliche Auktionen für erneuerbare Energien erreicht werden, wobei richtigerweise sogenannte Resilienzkriterien verstärkt berücksichtigt werden sollen. Europa hätte einen Booster für grüne Technologien nötig. Doch wurde einmal mehr eine Chance verpasst: Die Liste strategischer Technologien umfasst auch klimapolitische Scheinlösungen wie Atomkraft, sogenannte Biokraftstoffe und Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO2. Es fehlen überdies wichtige Vorgaben zur Stärkung von Arbeitnehmer*innenrechten und guten Arbeitsbedingungen – industriepolitische Förderung und beschleunigte Genehmigungsverfahren sollte es nur bei sozialen Konditionen geben. Vor allem fehlt eine gemeinsame europäische Finanzierung für industriepolitische Projekte. Auch die Stärkung öffentlicher Kontrolle über die Transformation vermisst man schmerzlich.

 

Helmut Scholz, MdEP, verfassungspolitischer Sprecher von Die Linke im EP:

‚Reformen vor der Erweiterung‘

Debatte Donnerstag, 25. April, ab ca. 10 Uhr

Nach dem Beschluss des Europäische Rates, EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und der Republik Moldau aufzunehmen, hat im Februar das Parlament seine Position zur anstehenden Erweiterung beschlossen. Der Bericht betont die Notwendigkeit, die EU durch institutionelle Reformen auf eine Erweiterung vorzubereiten. Leider bleiben viele weitere Themen unterbelichtet: Die künftige Finanzierung und Ausgestaltung des EU-Budgets unter Herausarbeitung der sozialen Dimension sowie eine Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik und Kohäsionspolitik sollten eine größere Rolle spielen, um prekären Regionen eine Chance auf Wiederaufbau und Transformation zu geben. Eine Reaktion der Kommission bleibt seitdem aus. Wir erwarten daher, dass die Kommission sich in ihrer nun kommenden Stellungnahme konkret und mit zeitlichen Vorgaben zu diesen Herausforderungen äußert.