Mitgliedstaaten sind beim Covid-Zertifikat Gralshüter sinnentleerter Regelungen

Cornelia Ernst in der Straßburger Plenum zum aktuellen „Stand der Umsetzung der Verordnungen über das digitale COVID-Zertifikat der EU“

Herr Präsident! 200 Millionen Zertifikate wurden bislang ausgestellt. Das zeigt, dass die Regelung von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen wird und doch eine gute Idee ist – für die wir uns gestritten haben, die Haare gerauft haben, die Nächte um die Ohren gehauen haben. All das haben wir gemacht, und das ist auch unser Job, so muss das sein.

 

Warum aber, frage ich mich jetzt, soll ich, wenn ich nach Griechenland fahre, außerdem ein Passenger-locator-Formular ausfüllen, wo ich angeben muss, wo ich genau bin und wie lange. Und mir wird angedroht, sofern ich noch nicht vollständig geimpft bin, zusätzlich getestet zu werden, möglicherweise sogar schon nach der Ankunft. Das Ausfüllen verpflichtender Formulare gilt auch für Spanien. Spain Travel Health heißt das dort wunderschön. In Italien oder in Frankreich braucht man noch eine ehrenwörtliche Erklärung. Anderswo wird mit dem Zertifikat gemacht, wozu man gerade Lust hat.

 

Ein wahres Labyrinth an zusätzlichen nationalen Bestimmungen – und jetzt sage ich mal als Kennerin der deutschen Kleinstaaterei: je nach Fürstentum und Grafschaft mit eigenem Signum auf Schwert und Schild. So erweisen sich die Mitgliedstaaten sogar bei einem für sie selbst richtig guten Zweck als Gralshüter zahlreicher sinnentleerter Regelungen. Hauptsache, es sind die eigenen.

 

Europäische Politik ist aber nicht die Summe nationalstaatlicher Egotrips, was das Grundrecht auf Freizügigkeit deutlich unterstreicht. Die Schönheit der nationalen Karte ist in einem Flickenteppich eben relativ und verwirrt die Bürgerinnen und Bürger. Wir sollten Schluss machen damit, und ein bisschen mehr europäisch ist doch an dieser Stelle nicht wirklich zu viel verlangt. Machen wir es einfach.