von Cornelia Ernst

Der Mehrjährige Finanzrahmen für 2014 bis 2020 würde, so er vom Europäischen Parlament angenommen wird, erstmalig in der Geschichte der Europäischen Union auch eine Kürzung des Fördermittelhaushalts, der ein Drittel des Gesamthaushalts ausmacht, darstellen. In der aktuellen Förderperiode 2007–2013 erhält Deutschland ca. 23 Mrd. Euro an Fördermitteln. Die neuen Bundesländer erhalten in diesem Zeitraum ca. 19 Mrd. Euro, die alten Bundesländer ca. 4,7 Mrd. Euro.

Obwohl im Juli 2013 die EU um den Mitgliedstaat Kroatien erweitert wird, obwohl die Bekämpfung von Armut in weiten Teilen der EU zur größten gegenwärtigen Herausforderung geworden ist, sollen nach Willen des Rates 29,6 Mrd. Euro weniger für EU-Regional- und Strukturfonds eingestellt werden. Mittlerweile sind 120 Mio. Menschen in der EU von Armut bedroht bzw. direkt betroffen.
Aufgabe der Kohäsionspolitik ist es, die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zwischen den Regionen in der Europäischen Union abbauen zu helfen. Auch für die schwächeren Regionen in Deutschland, wie vor allem in Ostdeutschland, im Ruhrgebiet und in der Region Lüneburg, sind die europäischen Fördermittel aus dem Fonds für regionale Entwicklung und dem Europäischen Sozialfonds von immenser Bedeutung. Wichtige Vorhaben, wie Investitionen in die Infrastruktur, Förderung von Forschung und Entwicklung, die Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen und die Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen, wären ohne diese Gelder nicht möglich gewesen. Wir müssen ernsthaft darüber nachdenken, wie bei sinkenden Haushalten in Ostdeutschland auch durch das Auslaufen des Solidarpaktes wesentliche Förderungen im Bereich der Infrastruktur und im Beschäftigungssektor künftig ermöglicht werden können.
Hinzu kommt, dass nach den Vorschlägen der Staats- und Regierungschefs ein „Sanktionsmechanismus“ für Regionen, deren Mitgliedstaaten die europäischen Verschuldungskriterien nicht einhalten, in den EU-Haushalt eingebaut werden soll. Das heißt, dass Fördermittel für Regionen gestrichen werden sollen, wenn die Haushaltsdefizite und der Schuldenstand der Mitgliedstaaten nicht den Schwellenwerten des Stabilitäts- und Wachstumspakts entsprechen. Dies könnte eine verheerende Wirkung haben für Regionen in hoch verschuldeten Mitgliedstaaten. Der Ausschuss für regionale Entwicklung des Europäischen Parlaments hat sich wiederholt und mit großer Mehrheit gegen einen solchen Bestrafungsmechanismus ausgesprochen, allerdings ohne Erfolg. Offensichtlich ist eine Gruppe von Regierungschefs, darunter Deutschland, Frankreich, Österreich, Italien, die Niederlande, Finnland und Schweden wild entschlossen, die Mitgliedstaaten mit höheren Schuldenständen von den Fördertöpfen abzuschneiden bzw. den Druck, der schon allein durch den Fiskalpakt aufgebaut wird, nun auch noch über die Strukturpolitik zu erhöhen. Statt in „Vielfalt geeint“ heißt dann das Motto der EU „Teile und herrsche“.