Künftige Sitzverteilung im Europäischen Parlament

Helmut Scholz, MdEP DIE LINKE, im Plenum des Europäischen Parlaments: „Ich werde dem vorliegenden Vorschlag zur Neuverteilung der Sitze im Europäischen Parlament zustimmen, was sicherlich nicht alle Mitglieder meiner Fraktion tun werden. In drei Punkten möchte ich aber meine klare Kritik äußern.

Erstens: Es ist für mich nicht akzeptabel, dass wir es als Parlament nicht geschafft haben, uns langfristig mit den Wahlen zum Europäischen Parlament zu befassen und entsprechende Weichenstellungen zu vereinbaren. Das Kleinklein, das wir heute mit der Einführung des Spitzenkandidaten, der Vereinheitlichung des Wahltermins und der anzupassenden Sitzverteilung erleben, ist keine wirklich gute Botschaft. Es wäre unsere Pflicht gewesen, die Wahlen in den Kontext von wachsender Skepsis gegenüber dem europäischen Projekt und zunehmender Politikverdrossenheit zu stellen und politische Prozesse anzuschieben.

Bei der Arbeit am Vorschlag zur Sitzverteilung hat sich zweitens ein zu überwindendes zentrales politisches Problem gezeigt: Alle haben so agiert, dass sich für das eigene Mitgliedsland nichts zum eigenen Nachteil verändert. Bürgerinnen und Bürger werden sich schwer tun, hierin einen Unterschied zum Schacher der Regierungskonferenzen zu erkennen. Wir brauchen klare, transparente Regeln und belastbare Methoden, wie wir künftig mit anstehenden Veränderungen umgehen werden, denn Verhandlungen mit weiteren Erweiterungskandidaten laufen und demografische Veränderungen sind auch im Gange.

Drittens: Ich glaube nicht, dass zukünftige Veränderungen der Sitzverteilung unabhängig von einer Betrachtung der gesamten Machtbalance innerhalb der EU vorgenommen werden können. Ich hoffe, wir beschließen morgen gemeinsam, dass auch die Machtverhältnisse im Rat auf den Tisch gehören. Dazu gehört auch die Frage, ob nicht die Rolle des Ausschusses der Regionen zukünftig deutlich gestärkt werden sollte, denn dort sitzen die Vertreter des Raums, in dem Bürgerinnen und Bürger europäische Politikentscheidungen erleben, die auf die Gestaltung der Lebenswelt konkret und unmittelbar Einfluss nehmen sollten.“