Die demokratische Kräfte in Peru und Kolumbien müssen unterstützt werden

Politik ist konkret. Und das, was wir jetzt hier sowohl zum Abkommen mit Zentralamerika, als auch zum umfassenden Handelsabkommen mit Kolumbien und Peru beschließen, berührt natürlich die Politikkohärenz der Europäischen Union. Und das am Beispiel dieses Handelsabkommens.

Die Tragödie in Kolumbien dauert seit Jahrzehnten an. Und auch in Peru befinden wir uns in seinem sehr komplizierten und widersprüchlichen Transformationsprozess. Und Teile der Bevölkerung — gerade in diesen beiden Ländern — haben erfolglos versucht, die Verhältnisse durch einen bewaffneten Kampf zu verändern. Ich begrüße ausdrücklich, dass wir gegenwärtig in einem Moment leben, in dem ernsthafte Friedensverhandlungen Kolumbiens laufen. Die Europäische Union sollte sich viel mehr für deren Erfolg einsetzen, auch durch Integration von Vertretern der Zivilbevölkerung.

Andere haben auf friedlichem und demokratischem Weg versucht, diese Veränderung in den Ländern herbeizuführen, um herrschende Willkür im Land zu bekämpfen und der Bevölkerung endlich echte Gerechtigkeit und Rechtstaatlichkeit zu bringen. Sie haben sich in Gewerkschaften engagiert, sie haben in Menschenrechtsorganisationen und in Umweltinitiativen mitgewirkt. Und viele von ihnen sind für ihr Engagement ermordet worden. Und diese Menschen und ihre Hinterblieben und ihre Angehörigen  erwarten heute auch eine sehr konkrete verbindliche Positionierung der Europäischen Union zu ihrem Schicksal.

Die Kräfte, die sich in Kolumbien und auch in Peru außerhalb und innerhalb der Parlamente für einen demokratischen Wandel einsetzen, hoffen auf diese Unterstützung von außen. Manche von ihnen haben erhofft, dass gerade diese Verhandlungen zu dem Abkommen dazu führen, dass ihre Regierung für die Aussicht auf einen lukrativen Abschluss tatsächlich wirksame gesetzliche und institutionelle Veränderungen vollziehen.

Ich erinnere mich daran, wie Frau Ashton dieses Ziel als die Legitimation für ihre Politik des kritischen Engagements benannte. Haben wir dieses Ziel erreicht? Und das ist der Punkt, wo wir heute entscheiden müssen. Ist das Morden beendet? Sind die Strukturen irreversibel demokratisiert? Haben wir als Europäer ein partnerschaftliches Abkommen ausgehandelt, das in der Bevölkerung nur eine gute wirtschaftliche selbsttragende Entwicklung ermöglicht und zur Überwindung von Armut beiträgt? Haben wir uns durch unsere Unterschrift gegenüber der Bevölkerung als Garant der Achtung von Menschenrechten, von sozialen, kulturellen und Umweltrechten verpflichtet — und zwar konkret, transparent, verifizierbar und von Betroffenen auch konkret einklagbar, hier wie dort?

Sämtliche bedeutende Gewerkschaften — Frau Keller hat darauf hingewiesen — in Lateinamerika und in Europa, ETUC, ITUC und andere, die Menschenrechts- und Umweltorganisationen, der Rat der Lateinamerikanischen Kirchen von über 120 Kirchen aus 26 Ländern sagen Nein zu diesem Abkommen. Das muss uns doch zum Nachdenken zwingen.

Mit der Roadmap haben wir nichts als ein unverbindliches und unkonkretes Versprechen für die Zukunft in der Hand. Wir haben eine Versprechung in der Hand, aber sie ist nicht einklagbar. Das Nichterreichen der Ziele bliebe ohne Folgen.

Was wären die Folgen der jetzigen Ratifizierung des Abkommens? Darum geht es! Wir sind nicht generell gegen dieses Abkommen, sondern nur gegen die Ratifizierung zum jetzigen Zeitpunkt, weil eben der Prozess noch lange nicht abgeschlossen ist und wir deutlich machen müssen, wo sozusagen die Zukunft im bilateralen Verhältnis zwischen der Europäischen Union auch im Handel mit Peru und Kolumbien hingeht. Und in diesem Sinne bitte ich Sie, noch einmal nachzudenken — auch angesichts der Schicksale der Opfer: Stimmen Sie morgen mit Nein!