„Ja zu öffentlichen Verkehrsmitteln – Nein zu Prestige-Projekten: Lasst das Gemeinwesen entscheiden!“
Entschließung
Die TeilnehmerInnen der Anhörung „Yes to Public Transport…. No to Prestige Projects….. Let local Communities decide!“, die am 09. März in Strassburg stattgefunden hat, repräsentieren zwei große Widerstandsbewegungen gegen sinnlose Verkehrsinfrastrukturprojekte in Europa.
Wir sehen, dass die konkreten Situationen, mit denen wir im Widerstand gegen die entsprechenden Prestigeprojekte in Stuttgart und Val Di Susa konfrontiert werden, zum Teil unterschiedlich sind.
Zuallererst wollen wir jedoch unsere Gemeinsamkeiten betonen. Durch den Austausch unserer verschiedenen Erfahrungen aus dem Widerstand gegen Stuttgart 21 und die von der EU ko- finanzierte LYON –TURIN Strecke haben wir viel voneinander gelernt.
Wir teilen sich ähnelnde Bedenken bezüglich der ökologischen, sozialen und demokratischen Aspekte dieser Projekte.
Die Projekte stellen eine unumkehrbare Bedrohung für die ökologische und sozioökonomische Beschaffenheit unserer Städte und Regionen dar.
Wir stellen klar: Wir sind nicht gegen öffentlichen Personenverkehr und umweltfreundlichen Güterverkehr. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass die beiden besprochenen Projekte nicht dem Ziel dienen, den öffentlichen Personenverkehr und/oder Güterverkehr im Interesse der Bevölkerung und ihrer Umwelt auszubauen.
Bezüglich der angeblichen Reduzierung von CO2 Emissionen [dies gilt in erster Linie für das Lyon – Turin Projekt und das Priority Project 6 des TEN T] fordern wir eine allgemeine Folgenabschätzung und Auswertung der Ökobilanz der verschiedenen Hochgeschwindigkeitsinfrastrukturprojekte
Diese Projekte dienen den Interessen der Großkonzerne und des politischen Establishment. Der Europäischen Kommission geht es um den Ausbau des europäischen Binnenmarktes und um die Steigerung der europäischen Konkurrenzfähigkeit im Sinne der vorliegenden Europa 2020 Strategie.
Für private Investoren steht viel auf dem Spiel, sollten diese Projekte nicht realisiert werden.
Wir sind davon überzeugt, dass der ÖPNV und der Regionalverkehr, die zur sinnvollen und qualitativen Mobilitätssteigerung der europäischen Bevölkerung beitragen, durch die geplanten TEN- T Projekte und andere Vorhaben vernachlässigt werden.
Nicht die lokale Bevölkerung, sondern private Investoren werden von diesen Prestigeprojekten profitieren.
Millionen Euro werden in diese Projekte gesteckt, während unsere öffentlichen Dienstleistungen, Schulen und Krankenhäuser von massiven Kürzungen bedroht sind; wir fordern, dass die finanziellen Mittel im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung eingesetzt werden.
Sowohl das “Bündnis gegen Stuttgart 21” als auch das “Movimento NO TAV” mobilisieren seit Jahren massenhaften Widerstand gegen die Ausführung dieser Projekte. Mit Zuversicht stellen wir fest, dass die beiden Bewegungen die überwältigende Unterstützung der lokalen Bevölkerung genießen.
Dies hat allerdings nicht zu einer angemessenen und gründlichen Konsultation der lokalen Bevölkerung geführt. Wir haben kein Mitbestimmungsrecht und sind wütend über den Mangel an Demokratie mit der die entsprechenden Entscheidungen getroffen wurden. Wir fordern angehört zu werden und die Entscheidungen, die unsere Zukunft betreffen, selber zu treffen.
Im Laufe unseres Widerstandes haben wir – teilweise zusammen mit international anerkannten Experten – die Projekte detailliert studiert und sind darum in der besten Ausgangsposition, um eine Entscheidung im Interesse der Mehrheit zu treffen.
Wir stellen fest, dass den Forderungen der lokalen Bevölkerung nicht entsprochen wird. Im Gegenteil: Bei der Ausübung ihrer demokratischen Rechte werden sie oftmals brutaler Polizeirepression ausgesetzt.
Wir verurteilen die brutalen Polizeieinsätze und fordern eine unabhängige Untersuchung bezüglich der schweren Verletzung unserer demokratischen Rechte.
Die Erfahrungen, die wir im Laufe der Jahre gemacht haben, sagen viel über das Funktionieren unserer demokratischen Gesellschaften. Wir wollen nicht durch eine kleine, mächtige, politische und ökonomische Elite fremdbestimmt werden. Unsere Kampagnen spiegeln den Mehrheitsstandpunkt der Bevölkerung wider, deren Leben durch diese undemokratischen Projekte verändert wird. Wir finden natürlich, dass wir die endgültige Entscheidung über diese Projekte treffen.
Die heutige Anhörung ist ein weiterer Schritt in Richtung Koordination unserer Proteste mit Kolleginnen und Kollegen aus ganz Europa. Wir hoffen unsere Kontakte intensivieren zu können und wünschen uns eine engere Zusammenarbeit mit gleichartigen Kampagnen in Europa.
Wir sind davon überzeugt, dass unsere Kräfte dadurch verstärkt werden und der Verlauf unseres Kampfes positiv beeinflussen werden.
Wir unterstützen die Forderungen, die in der Hendaye Charta vom 23. Januar 2010 dargelegt wurden.
Wir fordern den sofortigen Stopp aller Arbeiten oder Vorbereitenden Arbeiten, die im Zusammenhang mit dem Projekt Stuttgart 21 und der Lyon – Turin Strecke des TEN T Projektes ausgeführt werden. Wir werden solange weiterkämpfen, bis unseren Forderungen entsprochen wird.
Straßbrug 9. März 2011