Ratingagenturen unterliegen neuer Aufsichtsbehörde
Das EU-Parlament stimmt der europäischen Aufsicht über Ratingagenturen zu. Eine ernsthafte Kontrolle der Agenturen und die konsequente Verhinderung von Interessenkonflikten sind nicht in Sicht.
„In einem Punkt“, so fasst Jürgen Klute, Koordinator der LINKEN im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments, zusammen, „ist die verabschiedete Neufassung der Aufsicht von Ratingagenturen zu begrüßen: Aufsicht und Registrierungspflicht liegen jetzt bei der neu geschaffenen europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde.“ In allen anderen Punkten sei der Kompromiss zwischen Kommission, Ministerrat und Parlament enttäuschend. „Selbst der halbherzige Versuch, mit der Förderung unbeauftragter Ratings das verheerende Prinzip zu durchbrechen, nach dem der Herausgeber der Wertpapiere deren Bewertung bezahlt, ist bei den Verhandlungen auf der Strecke geblieben.“ Im ursprünglichen Entwurf war vorgesehen, verhaltenen Druck auf die Ratingagenturen auszuüben, damit sie Ratings ohne entsprechenden Auftrag erstellen. So sollten zumindest für komplexe Wertpapiere auch Bewertungen vorliegen, die nicht vom Herausgeber des Papiers selbst in Auftrag gegeben wurden.
„Leider wurde daneben die Chance versäumt, einer schon lange diskutierten europäischen Ratingagentur einen Schritt näher zu kommen – mit einer solchen Agentur könnte das Oligopol der drei Markt beherrschenden Firmen zumindest teilweise eingeschränkt werden.“
„Wir werden jedoch nicht nachlassen, auch weiterhin eine starke Aufsicht von Ratingagenturen zu fordern. Für das Frühjahr 2011 bereitet die Kommission eine weitere Richtlinie vor.“ Dort, so heißt es aus Kommissionskreisen, soll tiefer in die Regulierung der Agenturen eingestiegen werden. Spätestens mit dieser Richtlinie muss der nicht vorhandene Wettbewerb zwischen den Agenturen ebenso auf die Tagesordnung kommen wie die Behandlung öffentlicher Schulden und die Einrichtung einer öffentlichen europäischen Ratingagentur.
Straßburg, 15. Dezember 2010