Schlussfolgerungen des Gipfeltreffens EU-Russland (31. Mai – 1. Juni)

Rede im Plenum

Frau Präsidentin! Hohe Vertreterin und Vizepräsidentin der Kommission! Wir diskutieren im Europäischen Parlament regelmäßig über das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation. Ich habe im Namen meiner Fraktion den gemeinsamen Entschließungsantrag des Parlaments trotz aller Begrenztheit der dort getroffenen Aussagen in Bezug auf die Ergebnisse des jüngsten EU-Russland-Gipfels mitgezeichnet.

Gestatten Sie mir aber, noch Folgendes hinzuzufügen: Es war der erste Gipfel nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, und wohl genau aus diesem Grund hoffte die russische Seite auf eine entschlossenere Europäische Union. Denn für Russland ist die EU ein natürlicher strategischer Partner, mit dem man auch durch gemeinsame Werte verbunden ist. Ich erinnere an dieser Stelle daran, dass die Russische Föderation im Februar 2010 als letzter der 47 Mitgliedstaaten des Europarates die EMRK ratifiziert und damit auch signalisiert hat, dass sie die gemeinsamen Werte des Europarates teilt. Russland hoffte insbesondere auf Fortschritte beim Thema Aufhebung der Visapflicht, und ich erinnere daran: Die Verhandlungen dauern bereits seit sieben Jahren an und zu konkreten Ergebnissen ist man noch immer nicht gekommen.

Ich teile durchaus die Auffassung, dass mit dem angebotenen Vorschlag einer Partnerschaft für Modernisierung ein Schritt hin in Richtung strategisches Partnerschaftsabkommen getan wurde. Aber er reicht aus meiner Sicht nicht aus, zumal laut Zentrum für europäische Reform beispielsweise europäische Technologien nicht an Projekte weiterzugeben seien, an denen der russische Staat teilnimmt. Da beweist die Europäische Union zu wenig Weitsicht, und es werden viele Möglichkeiten der Kooperation – gerade von kleinen und mittelständischen Unternehmen – und damit auch der Vertrauensbildung ausgelassen.

Warum ist die Substanz dieser seit Jahr und Tag andauernden Treffen so dürftig? Aus meiner Sicht müssen wir uns vor Augen führen, dass die wichtigste Herausforderung für beide Seiten nach wie vor in der Überwindung des Mangels an gegenseitigem Vertrauen besteht. Denn es gibt zu viel Rhetorik, es fehlt noch zu oft an ernsthaften Projekten, die dann in allen Bereichen des politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, kulturellen Lebens wirklich zur Vertrauensbildung beitragen können.

Energie und Umwelt sind zentrale Aspekte für ein konstruktives, auf die Lösung bestehender Probleme ausgerichtetes Verhältnis zwischen der EU und Russland. Zu oft benennen wir zwar die Energiepolitik als strategisches Kooperationsinstrument und als positives Beispiel für Vertrauensschaffung, aber gerade im Energiebereich gibt es zu oft Missverständnis und Auslassung. Hier müssen wir entscheidend korrigieren.