Die Debatte im Europäischen Parlament um die Schaffung des Europäischen Auswärtigen Dienstes und die Position der Mitglieder der Delegation DER LINKEN in der GUE/NGL
Eine Kurzinformation.
Im Juli 2010 hat das Parlament den Bericht über den Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes abgestimmt. Alle Mitglieder der Delegation DER LINKEN im Europäischen Parlament haben gemeinsam mit ihren Kollegen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/ Nordisch-Grüne Linke gegen diesen Bericht gestimmt. Schattenberichterstatter der Fraktion war Helmut Scholz.
Worum ging es?
Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) ist Bestandteil des Lissabonner Vertrages. Es ging im Verfahren der Konsultation des Europäischen Parlaments darum, wie der EAD ausgestaltet wird, nicht ob er geschaffen wird.
Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen standen das zukünftige Kräfteverhältnis zwischen den europäischen Institutionen sowie zwischen der EU und den Mitgliedstaaten: Soll ein wahrhaft europäischer auswärtiger Dienst, der der demokratischen Kontrolle durch das Europäische Parlament unterliegt oder eine von den Partikularinteressen der Mitgliedstaaten geprägte Behörde geschaffen werden?
Im Ergebnis der politischen Auseinandersetzungen hat sich das Konzept der Mitgliedstaaten durchgesetzt. Die Forderungen nach parlamentarischer Einflussnahme auf die europäische Außenpolitik und politischer Kontrolle des EAD, die das Parlament noch im Herbst 2009 erhoben hatte wurden von den großen Fraktionen auf Druck aus den Hauptstädten der EU Mitgliedstaaten im Juli 2010 weitgehend aufgegeben.
Die Forderungen nach einer parlamentarischen Kontrolle durch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente wurden von Mitgliedern der deutschen Delegation im Europäischen Parlament unterstützt. Dennoch haben wir im Herbst gegen den Bericht zum EAD (Berichterstatter für das Europäische Parlament war Elmar Brok, CDU) gestimmt. Wir teilen vorbehaltlos die grundsätzliche Kritik der europäischen Linken an der Ausrichtung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) im Allgemeinen sowie die Kritik an der Vermischung von diplomatischem Dienst und Militärstrukturen im EAD.
Warum wir den EAD kritisieren:
Am 8. Juli 2010 gab das Europäische Parlament im Konsultationsverfahren seine Zustimmung zur Ausgestaltung des EAD. Die Verhandlungen zwischen Rat und Kommission mit den Berichterstattern Elmar Brok (CDU) und Guy Verhofstadt (Liberale) hierfür fanden hinter verschlossenen Türen statt.
Wir kritisieren das Ergebnis der Verhandlungen zur künftigen Ausgestaltung des EAD aus folgenden Gründen:
Erstens: Was den Abgeordneten unter dem Etikett „europäisch“ zur Abstimmung vorgelegt wird, erweist sich schlicht als ein Instrument der Mitgliedstaaten, um ihren nationalen außenpolitischen Interessen mehr Gewicht zu verleihen. Der EU wird real keine Entscheidungskompetenz übertragen.
Zweitens: der EAD ist in einem weitgehend intransparenten Verhandlungsprozess ausgehandelt worden. Der vorliegende Kompromiss selbst erweist sich zudem als parlamentarisch wenig kontrollierbar, weder durch den Bundestag noch durch das Europäische Parlament. Alle betreffenden Regelungen sind zunächst nur einseitige Absichtserklärungen von Frau Ashton. Demokratische Teilhabe bleibt auf der Strecke.
Drittens: über den EAD und in ihm sollen alle Politikfelder mit Außenwirkung, von der Außenpolitik bis hin zur Entwicklungspolitik, der Nachbarschaftspolitik und den Menschenrechten gebündelt und kohärent gestaltet werden.
Die zwischen diesen Politikfeldern bestehenden Zielkonflikte lassen sich jedoch organisatorisch nicht auflösen. Die Verpflichtung des EAD zur Kohärenz birgt die Gefahr, dass diese Politikfelder der offensiven Vertretung der Eigeninteressen der EU und ihrer Mitgliedstaaten untergeordnet werden.
Viertens: Das Zusammenlegen eines Außenamtes mit einem Verteidigungsministerium ist für eine Gemeinschaft von Demokratien schlicht ein falsches und blamables Signal an die Außenwelt.