Sicherheit der Energieversorgung
Nabucco und Desertec: Aussprache
Herr Präsident, Herr Kommissar! Energiesicherheit steht heute zu Recht auf der außenpolitischen Tagesordnung. Doch statt Macht und Einfluss und die letzten fossilen Rohstoffreserven zu sichern, statt sich vorrangig auf Abhängigkeiten zu kaprizieren, steht meines Erachtens eine zukunftsfähige Energiepolitik vor gänzlich anderen Herausforderungen.
Erstens geht es um eine globale Energiewende hin zu mehr erneuerbaren Energieträgern, um mehr Energieeffizienz und Energieeinsparung, also nicht – und vor allen Dingen nicht nur – um den Streit um Energieaußenpolitik, sondern um intelligente bezahlbare Energie für jede und jeden.
Zweitens muss Energiesicherung Teil einer verantwortungsvollen Friedens- und Entwicklungspolitik der Europäischen Union sein. Zugang zu Energie ist für jeden Menschen, für die wirtschaftliche Entwicklung und für die Armutsbekämpfung entscheidend. Ein Projekt wie Desertec darf deshalb keine Fortsetzung des Kolonialismus mit energiepolitischen Mitteln sein. Was haben denn die Menschen in afrikanischen Ländern, in denen die Bevölkerung wächst und der Energiebedarf steigt, davon? Warum wurden sie bisher nicht gleichberechtigt in die Planung und Entscheidung mit einbezogen?
Globale Energieversorgung ist auch Krisenprävention und Friedenspolitik. Diesen Ansatz vermissen wir auch in den Beziehungen der Europäischen Union zum südlichen Kaukasus oder zu Zentralasien. Als Energielieferanten – siehe Nabucco – werden diese Länder für die EU immer interessanter, doch ich vermisse Konfliktprävention und nachhaltige Entwicklungskonzeption vor Ort. Es ist an der Zeit, dass die EU eine Energieaußenpolitik beendet, die nur den Wettlauf um Öl- und Gasreserven verschärft oder Nukleartechnologie verbreitet! Echte Partnerschaften für erneuerbare Energie, für dezentrale Versorgung sind das Gebot der Stunde!
(Es gilt das gesprochene Wort.)