Die Agrarpolitischen Probleme und Konsequenzen bei der Osterweiterung der Europäischen Union
Rede im Diskussionsforum der Deutsch-Polnischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft für deutsche und polnische Landwirte und andere Akteure im ländlichen Raum in Gorzow / Polen
Verehrte Anwesende!
Der Einladung zu diesem Diskussionsforum bin ich gern gefolgt. Denn es ist meine feste Überzeugung, dass die friedliche Einigung Europas nur wirklich gelingt, wenn sie nicht allein von den Parlamenten, Regierungen den Finanz- und Wirtschaftexperten, sondern mit den Bürgerinnen und Bürgern aller beteiligten Ländern breit geführt wird.
Laut Verhandlungsfahrplan sollen bis Ende 2002 die Verhandlungen mit jenen Ländern abgeschlossen werden, die bis dahin alle Beitritts-Bedingungen vollständig erfüllt haben, um diese dann noch vor den Europawahlen 2004 in die Europäische Union aufzunehmen. Auch wenn noch sehr schwierige Verhandlungskapitel zu meistern sind, wie das zur Landwirtschaft, die ja im Mittelpunkt des heutigen Forums und meines Beitrages steht, bin ich überzeugt, dass die Republik Polen zu jenen Staaten gehören wird, die bei der ersten Aufnahme-Runde dabei sein werden.
Der Vertrag von Nizza bestimmt, dass dann aus Polen 50 Abgeordnete in das Europäische Parlament einziehen werden. Das wären genau so viel wie aus Spanien. Darauf freue ich mich, denn mit neuen Mitgliedern kommen nicht nur weitere nationale Traditionen sondern auch neue politische Erfahrungen ins Europaparlament. Nur das Wissen voneinander, Begegnungen miteinander, durch Erzählen auch der Lebensgeschichten, in der Auseinandersetzung mit Lebenslügen und von Feindbildern sowie Verletzungen und Verletzbarkeiten, können Vorurteile überwunden und Vertrauen geschaffen werden. Die Vertiefung der europäischen Integration ist sowohl Produkt der wirtschaftlichen und technologischen wie auch der politischen Öffnung der Welt. In Anbetracht dieses Hintergrunds und der politischen Herausforderung setze ich mich im EP dafür ein, dass die Aufnahme der Republik Polen so zügig und so gut wie möglich und vor allem gleichberechtigt erfolgt.
Bei Gesprächen, die ich voriges Jahr in Warschau und in andern Begegnungen hatte, wurde ich mit sehr unterschiedlichen Erwartungshaltungen zum EU- Beitritt konfrontiert. Es waren auf der einen Seite die Festreden und auf der anderen Seite die totale Ablehnung. Die Gegensätze können größer nicht sein. Allerdings bedarf es dazu noch gewaltiger Anstrengungen. So hat die EU-Kommission im „Regelmäßigen Bericht 2001 über die Fortschritte Polens auf dem Weg zum Beitritt“ die folgende Aussage getroffen. Ich zitierte wörtlich:
„Eine schlüssige Strategie für den Agrarbereich fehlt noch. Die notwendige grundlegende Reform der Politik, Gesetzgebung und Strukturen hat bisher weder in der Landwirtschaft noch im Fischereisektor stattgefunden. In beiden Sektoren wurden einige Fortschritte in der Primärgesetzgebung verzeichnet, insbesondere bei den Veterinärvorschriften im Agrarbereich. Die Verwaltungskapazität im Fischereibereich weist extreme Schwächen auf und auch in der Landwirtschaft wurden diese Schwächen deutlich, insbesondere was das Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem (IACS) und die Grenzverwaltung sowohl in Bezug auf die Tiergesundheits- als auch auf die Pflanzenschutzvorschriften betrifft“.
Tatsächlich angebracht ist meines Erachtens jedoch, nüchtern, kritisch und ohne Illusionen an die Beitrittsproblematik heran zu gehen.
Wer zum Beispiel glaubt, mit dem EU-Beitritt werde sich kurzfristig eine vergleichbare Entwicklung der Lebensbedingungen wie in Ostdeutschland vollziehen, der ist kein Realist.
Die EU-Osterweiterung ist nicht das gleiche wie die deutsche Wiedervereinigung, deshalb sind die dabei gesammelten Erfahrungen auch nur bedingt nutzbar. So hat die Wiedervereinigung das Ziel gehabt, in den neuen Bundesländern möglichst bald Bedingungen zu schaffen, die den bereits bestehenden Lebensbedingungen in den alten Bundesländern entsprechen. Das wir davon – trotz erheblicher finanzieller West-Ost-Transfers – noch ein gutes Stück entfernt sind, will ich hier nur am Rande erwähnen, denn bei allen Problemen bleibt als Fakt, dass wir Ostdeutschen uns in einer privilegierten Situation befinden – zumindest im Vergleich zu den Menschen in den anderen einst sozialistischen Ländern. Fakt ist: Im Unterschied zur Wiedervereinigung wird bei der EU-Erweiterung ausschließlich der Anspruch erhoben, dass die Beitrittsländer in der Lage sind, sich am Markt der Gemeinschaft zu behaupten. Andernfalls hätte die EU keine Möglichkeiten, Staaten aufzunehmen, deren Bruttosozialprodukt pro Kopf der Bevölkerung auf der Hälfte des durchschnittlichen Gemeinschaftsniveaus liegt. Tatsächlich ist das Bruttosozialprodukt z. B. in Griechenland, Irland und Portugal wesentlich niedriger als in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden.
In dem Zusammenhang will ich nicht unerwähnt lassen, dass die EU-Kommission in ihrem jüngsten Fortschrittsbericht zu Polen feststellt, dass Polen unter der Bedingung, dass es sein starkes Wirtschaftswachstum von derzeit rund 4,5% beibehalten kann, im Jahre 2020 (!)das durchschnittliche Bruttoprodukt der EU erreichen würde.
Verehrte Anwesende,
bevor ich mich einigen der anstehenden Agrarfragen der Erweiterung der EU zuwende, halte ich es für erforderlich, wenige Anmerkungen zu den jüngsten agrarpolitischen Ereignissen in der EU der 15 Mitgliedsstaaten zu machen. Hier möchte ich als erstes die BSE-Krise anführen. Die Kosten werden derzeitig auf 4.7 Mill. Euro geschätzt und zur Aufklärung der Auswirkungen der MKS wurde im EP ein Untersuchungsausschuss einberufen. Die europäische Agrarpolitik hat ihre Grenzen offen gelegt, und die Verbraucher, bisher mit Überfluss und Billigfleisch verwöhnt, haben ihr Konsumverhalten verändert. Das Keulen ganzer Herden und die Bilder verbrennender Tierkadaver erschrecken die Menschen.
Die Chronologie von Vertuschungsfällen lässt sich fortsetzen:
„dass Wiederkäuer immer wieder tierisches Eiweiß fressen,
Milchpanschereien wie in Italien passieren,
Futtermittel wie in Belgien mit aus Altöl stammendem Dioxin verseucht werden, oder
wie in Spanien, Förderungsbetrug in breitem Stil beim Flachs begangen wird.“
Auch wenn die Verantwortung dafür beim jeweiligen Mitgliedsstaat lag, ist es gleichwohl die EU-Agrarpolitik selbst, die auf dem Prüfstand steht und Fragestellungen ausgesetzt ist wie:
Warum stehen nur die Produkte und nicht die Qualität der Produkte im Mittelpunkt der Gemeinsamen Agrarpolitik?
Warum werden nur 10 % der gesamten Agrarausgaben für die Entwicklung im ländlichen Raum ausgegeben, obwohl EU-weit die Hälfte der Bauern bereits Nebenerwerbslandwirte sind?
Was sind die sachlichen und moralischen Gründe dafür, dass 45 % der gesamten Agrarmittel allein für die Ackerfrüchte – konkret für Getreide und Ölsaaten – ausgegeben werden?
Die agrarpolitische Debatte findet längst nicht mehr nur auf Ebene der verantwortlichen Agrarpolitiker, Landwirtschaftsverbände und Lobbyisten statt.
Heute bewegen – wie nie zuvor – eine breite Öffentlichkeit Fragen nach der Sicherheit der Lebensmittel aus Sicht des Gesundheitsschutzes und nach der Vereinbarkeit von moderner Landwirtschaft und Schutz der Umwelt und Natur. Einen wachsenden Stellenwert bekommt die Frage nach der Art und Weise der landwirtschaftlichen Produktion, beispielsweise wie Tiere gehalten werden – ob artgerecht oder nicht. Darauf hat sich jeder Landwirt, wenn er bestehen will, einzurichten. Nach meiner Überzeugung muss das Rad jedoch nicht neu erfunden werden! Es gilt vielmehr, die aufgebrochenen Naturkreisläufe wieder zu schließen – und das in einem vernünftigen, von den Betrieben auch zu verkraftenden Schrittmaß. Eine neue Ausrichtung der Agrarpolitik wird gefordert. Dazu muss die Debatte über eine nachhaltige Produktion und Ernährungsweise offen und schonungslos geführt werden. Ich halte allerdings den jetzt diskutierten Ansatz – das gesunde Lebensmittel teuer sein müssen, für nicht nachvollziehbar. Auf einen Nenner gebracht: Das europäische Agrarmodell der Multifunktionalität muss weiter entwickelt werden.
Vor diesem Hintergrund wird der auf dem Berliner Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten 1999 vereinbarten Halbzeitbewertung der Agenda 2000 eine besondere Bedeutung zukommen. So muss von der Kommission
– die Getreidemarktentwicklung überprüft,
– das Funktionieren des Ölsaatensystems beurteilt,
– der Rindermarkt unter die Lupe genommen und
– ein Bericht über das Funktionieren des Milchquotensystems abgeliefert werden.
Schließlich sind im laufenden Jahr auch noch die Agrarausgaben zu überprüfen.
Ich verweise darauf, weil von der Halbzeitbewertung mit Sicherheit Änderungen am Agenda-Beschluss ausgehen werden. Das macht die Beitrittsverhandlungen keineswegs leichter, da diese von Seiten der EU einerseits nur auf Basis des geltenden Rechtsstatus erfolgen können, andererseits jedoch die sich im Verlauf der Verhandlungen ergebenden Veränderungen des Rechtsstatus in den Verhandlungsprozess einfließen müssen.
Verehrte Anwesende,
die drei Schlüsselfragen der Beitrittsverhandlungen im Agrarbereich sind zweifelsohne folgende:
1. die Frage der Direktzahlungen,
2. die Frage der Festlegung der geförderten Referenzniveaus für die Produktion und der Produktionsquoten,
3. die wichtige Frage nach akzeptablen und nicht akzeptablen Übergangsregelungen und Maßnahmen, die mit dem Agrarhandel und insofern mit dem Binnenmarkt zusammenhängen.
Schließlich geht es um die vollständige Umsetzung und Durchführung des Veterinär- und pflanzenschutzspezifischen Besitzstandes der Gemeinschaft.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Schaffung effizienter Verwaltungsstrukturen, wozu insbesondere gehören,
das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem,
das Management der gemeinsamen Marktorganisationen sowie auch
die Einrichtung der Zahlungsagenturen für die Abwicklung der Ausgaben der Gemeinsamen Agrarpolitik.
Auf einige dieser Fragen werde ich noch eingehen.
Vorher möchte ich jedoch ein paar Worte zur aus meiner Sicht eigentlichen Herausforderung sagen, die in den Papieren der EU und offensichtlich auch bei den Beitrittsverhandlungen viel zu kurz kommt. Das sind die Fragen der Bekämpfung der zu hohen Arbeitslosigkeit. Fakt ist, dass 17% der arbeitenden Bevölkerung Polens in der Landwirtschaft beschäftigt sind, im EU-Durchschnitt sind es unter 5%. Hinzu kommt die mit 16% hohe Arbeitslosigkeit, die in ländlichen Gebieten oft noch weit größer ist. Das sind 3 Millionen Einzelschicksale!
Sicher stimmen Sie mir zu, dass es unter der Bedingung der Einbeziehung Polens in den EU-Binnenmarkt und dem damit verbundenen Wettbewerbsdruck eine Illusion wäre, zu glauben, dass die gesamte Landbevölkerung auch in Zukunft Beschäftigung in der Landwirtschaft haben wird. Daher wird als Aufgabe stehen, zu verhindern, dass es zu einer Landflucht großen Ausmaßes kommt. Zumindest muss eine solche eingedämmt werden. Das aber macht die Erhaltung und den Aufbau sinnvoller Strukturen im ländlichen Raum erforderlich. Diese zutiefst soziale Frage muss besondere Priorität haben. Deshalb ist es sinnvoll und bitter notwendig, finanzielle Mittel für Infrastrukturmaßnahmen und Anreize für Unternehmer vorzusehen, die bereit sind, im ländlichen Raum zu investieren. Allerdings kann dieser Prozess nicht beliebig beschleunigt werden. Die Formel, je mehr Fördermittel, desto mehr Unternehmer und Investitionen, geht in der Praxis nicht auf. Das zeigen sowohl meine Erfahrungen aus Brandenburg wie auch die Erfahrungen des EU-Beitrittes von Spanien, Portugal und Griechenland. Letztere besagen, dass es zu Fehlallokationen von Investitionsmitteln kommt, wenn die entsprechenden Fördermittel 4 bis 5 % des Bruttosozialproduktes einer Region überschreiten. Zwar kann man mit einem höheren Mittelaufkommen die Investitionen überdimensional ausstatten. Um eine produktive Investition im Sinne der Schaffung dauerhafter Arbeitsplätze sowie der Förderung des Handwerks, der Kleinindustrie und von Dienstleistungsunternehmen handelt es sich dabei jedoch nicht. Trotzdem – oder gerade deshalb – sollte diese Problematik in den weiteren Beratungen und Verhandlungen zwischen der EU und Polen mit politischer Verantwortung behandelt und zu sozialen Lösungen geführt werden. Die bestehenden Modelle sind keine Lösungen, deshalb wird es Zeit, über andere Geldverteilungsmodelle in der EU offen nachzudenken. Die dazu notwendige Solidarität unter den Mitgliedstaaten darf nicht von Wahl zu Wahl verschoben werden.
Zur Finanzierung der EU-Erweiterung und zur Frage der Direktzahlungen
Trotz der großen wirtschaftlichen und sozialen Anpassungsprozesse der EU-Bewerberländer sieht der Beschluss des Berliner Gipfels vom März 1999 für der Zeitraum bis 2006 einen relativ begrenzten EU-Mitteltransfer vor. Für Heranführungshilfen, also Hilfen für beitrittswillige Länder vor dem Beitritt, sind bis 2006 insgesamt knapp 22 Milliarden Euro (in Preisen von 1999) vorgesehen. Hinzu kommen die sogenannten „Erweiterungsausgaben“, das sind die EU-Ausgaben für die Länder nach dem Beitritt. Sie werden für den Zeitraum bis 2006 mit über 45 Milliarden Euro Zahlungsermächtigungen (in Preisen von 1999) beziffert. Im Endjahr der finanziellen Vorausschau, dem Jahr 2006, belaufen sich die Heranführungshilfen auf 3,1 Milliarden Euro und die Erweiterungsausgaben auf 14,2 Milliarden Euro, also zusammen auf 17,3 Milliarden Euro.
Bisher nicht entschieden ist die Frage der Di rektzahlungen. Diese Frage hat sich zu einer Schlüsselfrage der Beitrittsverhandlungen heraus kristallisiert. Als die Agenda 2000 beschlossen wurde, hat man die Direktzahlungen ausgeklammert. Folglich enthält der Finanzrahmen bis 2006 dafür keinen einzigen Cent. Die Begründung dafür klingt einfach:
Die Direktbeihilfen wurden bei ihrer Einführung als Ausgleichszahlungen für die im Zuge der EU-Agrarreform eingetretenen Preissenkungen eingeführt. Und erwartet wird dass es in den Beitrittländern in aller Regel zu keiner Preissenkung, sondern bei fast allen Agrarprodukten zur Erhöhung des Erzeugerpreisniveaus kommen wird. Somit stünden ihnen formal keine Direktzahlungen zu. Diese Begründung lässt allerdings unbeachtet, dass es in der Praxis nicht gehen wird, dass z. B. der deutsche Bauer zum Rapspreis noch eine Flächenprämie erhält, während der polnische Bauer sich allein mit dem Erzeugerpreis zufrieden geben soll. Erschwert wird eine Lösung der Frage auch dadurch, dass in der EU laut über Veränderungen am geltenden System der Direktzahlungen nachgedacht wird. Gründe dafür sind, dass
– die politische Legitimation für die Zahlungen sinkt,
– ein immer größerer Teil der Zahlungen an Grundeigentümer überwälzt wird, die Zahlungen zwar Einkommen sichern, aber nur unzureichend zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen und sich längerfristig kaum in der WTO durchsetzen lassen werden.
Es gibt von Ländern, wie Deutschland, aber auch von der Kommission die Vorstellung, die Direkthilfen durch zeitliche Degression und obligatorische Modulation zurück zu fahren und die so frei werdenden Mittel für die ländliche Entwicklung und Umweltpolitik einzusetzen (Umschichtung in die „zweite Säule“ der GAP). Noch darüber hinaus gehen Vorschläge, die nach einer solchen Umschichtung noch verbleibenden Direkthilfen nicht mehr voll aus dem EU-Haushalt zu bezahlen, sondern durch die Mitgliedsstaaten kofinanzieren zu lassen. Eventuell sogar gestaffelt nach Leistungsfähigkeit der Länder. Ich will das nicht kommentieren, sondern nur aufzeigen, dass in Sachen Direktzahlungen einiges in Bewegung geraten ist.
Auf der Fahrt hierher erhielt ich die Information, dass die EU-Kommission die Frage der Direktzahlungen wie folgt regeln möchte: Der Einstieg soll im ersten Jahr des Beitritts, also 2004, mit 25% des in den „alten“ EU-Ländern geltenden Niveau erfolgen. In einer ersten, bis 2006 dauernden Phase, sollen die Zahlungen um jährlich 5% erhöht werden. Also wären es 2006 35%. Danach käme eine zweite Phase, in der die Beihilfe bis 2013 die volle Höhe erreichen soll. Offenbar meint man in der Kommission, dass Direktzahlungen in voller Höhe von Beginn an- wegen der Einkommenswirksamkeit – den notwendigen Strukturwandel bremsen würden. Das sieht mir sehr nach dem Versuch aus, die Landwirtschaft der MOEL mit einer Art „Schocktherapie“ kurieren zu wollen.
Auf jeden Fall sollte die EU vermeiden, zwei unterschiedliche Formen der Agrarpolitik zu installieren.
Nach Berechnungen verschiedener Wissenschaftseinrichtungen für das Jahr 2007 würde sich der Betrag für Flächenzahlungen und Tierprämien zwischen 7,0 und maximal 8,5 Milliarden Euro (in Preisen von 1999) bewegen, und zwar für alle zehn beitrittswilligen mittel- und osteuropäischen Länder. Wenn der Einstieg in die Direktzahlungen 2004 erforderlich werden sollte, könnte ein solcher Betrag durchaus aus Mitteln der finanziellen Vorschau finanziert werden, da die für das Jahr 2002 eingeplanten Erweiterungsmittel in diesem Jahr eben noch nicht in Anspruch genommen werden müssen.
Das eigentliche Problem ist somit nicht die laufende Finanzperiode, sondern die nach dem Jahre 2006 und hierbei die Frage, ob die Mitgliedstaaten bereit sind, für diese Periode bereits im Zuge der Erweiterungsverhandlungen gewisse Vorbelastungen in Kauf zu nehmen. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, muss es auf jeden Fall noch einmal einen Umbau der geltenden Regelungen geben. Andererseits wird sich dann aber auch die Frage stellen, was die wiederholte Zusage der Mitgliedstaaten, einen maximalen Beitrag zur Gemeinschaft in Höhe von 1,27 % des Bruttosozialproduktes (BSP) zu leisten, eigentlich Wert ist. Denn die derzeitige Vorausschau lässt hier eine beträchtliche Marge offen, die eigentlich noch zur Verfügung stehen würde und im Interesse eines guten Gelingens der EU-Integration der MOEL auch ausgeschöpft werden sollte. Die Eigenmittelobergrenze nach der finanziellen Vorausschau der EU werden bei den Ausgaben im Jahre 2006 nur zu 1,09 Prozent des Bruttosozialproduktes in Anspruch genommen. Hierzu die folgende Rechnung: ,01 Prozent des BSP machen knapp 1 Milliarde Euro aus. Daraus folgt, dass die in der finanziellen Vorausschau nicht enthaltenen Flächenzahlungen und Tierprämien in Höhe von 7.0 bis 8,5 Milliarden Euro für die 10 MOE-Länder, die in der ersten Beitrittsrunde dabei sein wollen, sich mit 0,07 bis 0,09% des BSP finanzieren ließen. Selbst damit würde die Eigenmittelobergrenze von 1,27 Prozent des BSP bei weitem nicht ausgeschöpft. Hieran wird deutlich, dass es in erster Linie um eine politische Entscheidung geht. Ich bin überzeugt, dass das Europaparlament hierauf eine klare Antwort der Mitgliedstaaten noch im ersten Halbjahr, also während der spanischen Präsidentschaft im EU-Ministerrat drängen wird. Vom Europäischen Parlament wird favorisiert, die Direktbeihilfen zu gewähren, aber nicht für die Landwirtschaft, sondern zur Entwicklung der ländlichen Räume. Das würde von den künftigen Neumitgliedern Kofinanzierungsmittel erfordern, über die sie kaum verfügen. Deshalb bedarf es hierzu einer anderen Regelung. Aber unabhängig von diesem Problem, habe ich meine Zweifel, ob man Neumitglieder anders behandeln kann als Altmitglieder. Auch darf man die Frage der Direktzahlungen nicht isoliert betrachten. So muss man davon ausgehen, dass (zumindest nach dem derzeitigen EU-Recht) alle Regionen der Beitrittsländer nach dem System der EU Ziel-1-Gebiete werden. Dies bedeutet, dass ein wesentlicher Teil der ländlichen Entwicklung nicht aus Mitteln des Agrarhaushaltes finanziert würde, sondern aus den Strukturfonds. Allein aus dieser Sicht gibt es keinen Grund, den polnischen Landwirten die Direktzahlungen vorzuenthalten.
Also ich bin für Direktzahlungen. In dem Zusammenhang bejahe ich Forderungen, wonach das System der Direktzahlungen für die MOE-Länder produktionsneutral gestaltet werden soll, jedoch mit der Fußnote, dass das im Gleichklang mit der Umstellung des Systems in der Alt-EU erfolgen muss. Damit will ich nicht von vornherein zeitweilige Unterschiede bei den Direktbeihilfen zwischen Alt- und Neumitgliedern ausschließen, wenn dadurch eine Kompensation von Zugeständnissen für erforderliche Übergangsmaßnahmen auf anderen Gebieten erfolgt. Hier sollte es Verhandlungsspielraum für vernünftige Kompromisse geben.
Ganz entschieden bin ich jedoch gegen das Argument der Kommission, dass Direktzahlungen zu einer gegenüber anderen Bevölkerungsschichten ungerechtfertigten Erhöhung der Einkommen der polnischen Landwirte führen würden. Immerhin hat die gleiche Kommission darüber informiert, dass das Einkommen der polnischen Landbevölkerung, das wesentlich vom Einkommen der Landwirte bestimmt wird, bei nur 38% der Stadtbevölkerung liegen würde, während es 1989 noch bei 102% des städtischen Durchschnitts lag. Und schließlich ist bei der ganzen Diskussion zu beachten, dass deutlich mehr als die Hälfte der polnischen Landwirtschaft nicht von der gemeinsamen Agrarpolitik erfasst werden wird, weil viele Kleinstbetriebe Subsistenzwirtschaften sind, also nicht für den Markt produzieren und damit auch keine Direktzahlungen erhalten würden. Es gibt deshalb Überlegungen, die Probleme dieser Kleinbauern nicht mit agrarpolitischen Mitteln, sondern mit Maßnahmen der Sozial- und Beschäftigungspolitik anzugehen. Ich bedauere es sehr, dass ich Ihnen in vielen Punkten heute nicht definitiv sagen kann, welche Position die EU in der einen oder anderen Frage einnehmen wird. Leider liegt mir das von der Kommission für Ende Januar angekündigte Orientierungs papier zu den haushaltssensiblen Fragen der Regional- und Agrarpolitik noch nicht vor.
Bekannt geworden ist jedoch, dass die Europäische Kommission den EU-Kohäsionsfonds gegenüber den gemeinsamen Strukturfonds im Rahmen der Osterweiterung deutlich aufwerten will. So sollen künftig 33% der Regionalhilfen auf den Kohäsionsfonds und 67% auf die Strukturfonds entfallen. Derzeit sind lediglich 10% der Gelder für die Kohäsionspolitik, aber 90% für die Strukturförderung bestimmt. Die Kommission will damit dem Umstand Rechnung tragen, dass das Bruttoinlandsprodukt der zehn aussichtsreichsten Beitrittsländer derzeit im Mittel um 30 % bis 35 % niedriger liegt als der EU-Durchschnitt. Die Gelder aus dem Kohäsionsfonds sind bekanntlich für die ärmsten Länder der Gemeinschaft bestimmt. Derzeit sind das Portugal, Irland, Griechenland und Spanien, die zwischen 2000 und 2006 rund 18 Mrd Euro erhalten, weil ihr Bruttoinlandsprodukt 90 % des EU-Durchschnitts unterschreitet. Eine stärkere Gewichtung des Kohäsionsfonds würde zwangsläufig zu Lasten der wohlhabenden Mitgliedstaaten gehen. Zum einen liegt das daran, dass diese Länder keine Mittel aus dem Kohäsionsfonds erhalten. Zum anderen hängt es damit zusammen, das die Europäische Union bei den Kohäsionsmaßnahmen einen deutlich höheren Anteil finanziert als bei den Strukturprogrammen. Bei unverändertem Gesamtfördervolumen hätte eine Aufwertung des Kohäsionsfonds damit zwangsläufig höhere EU-Ausgaben zur Folge – und die werden zu knapp einem Viertel von der Bundesrepublik geschultert. Welche Förderkriterien für den Kohäsions- und die Strukturfonds künftig gelten sollen, hat die Kommission bisher nicht verraten. Für die vier aktuellen Kohäsionsländer ist allerdings genau diese Frage entscheidend, denn wenn durch die Aufnahme der MOEL in die Gemeinschaft das durchschnittliche EU-Bruttoinlandsprodukt sinkt, laufen sie Gefahr, ihre Förderwürdigkeit zu verlieren. Besonders ernste Sorgen um die EU-Gelder muss sich Spanien machen, das zwischen 2000 und 2006 fast ein Viertel aller EU-Regionalhilfen erhält: Ich erwähne diese Frage, um zu verdeutlichen, dass die EU-Erweiterung auch mit neuen Interessenkonflikten in der Alt-EU verbunden sein wird. Deshalb müssen, die Reform der EU-Politiken und die EU-Erweiterung zusammen gedacht und als Einheit gelöst werden.
Zur Frage der Mengensteuerung
Keinerlei Zweifel besteht daran, dass der gesamte acquis communautaire auf die neuen Mitgliedstaaten übertragen werden muss, also auch die bestehenden Mengensteuerungsinstrumente. Dies ist das Grundprinzip der Erweiterung. Zum Beispiel gibt es Im Getreidebereich folgendes Problem: Hier ist das Mengensteuerungsinstrument die Flächenstilllegung, die nur dann funktioniert, wenn es Direktzahlungen gibt. Dies ist bei den von mir bereits genannten Überlegungen ebenfalls zu berücksichtigen.
Nicht konfliktfrei werden die Verhandlungen zum „Agrarkapitel“ auch bei den schwierigen Fragen der Definition der Basisflächen und der Ableitung von Referenzen, also dem Problem der Produktionsquoten besonders für Milch und Zucker, sein. Quoten sind Instrumente zur Mengenregulierung, die zur Drosselung des Produktionswachstums und Vermeidung von Überproduktion und damit zugleich zur Einhaltung der WTO-Verpflichtungen beitragen sollen. Verständlich ist, dass jedes Beitrittsland bemüht ist, möglichst hohe Produktionsquoten zu erhalten. Zumal davon mit die Höhe der Erwirtschaftung von Einkommen abhängt. Die Schlüsselfrage hierfür sind die Bemessungsgrundlagen. Hier muss eine gewisse Fairness gelten. Da Polen aus einem völlig anderen System kommt und darüber hinaus eine Phase des Zusammenbruchs der Produktion durchlaufen hat, kann man weder die Phase, in der die Landwirtschaft künstlich subventioniert worden ist, noch die Phase des Produktionszusammenbruches als Referenzgröße für die Produktionsmöglichkeiten der polnischen Landwirtschaft heranziehen. Vielmehr muss es einen Spielraum für die Entwicklung der Produktion geben. Allerdings darf dieser nicht zu einer neuen Welle der Überschussproduktion in die EU führen, weil das zu einem Anstieg der Haushaltsausgaben für Stützkäufe, Exportsubventionen und Lagerkosten führen würden. Das wird nicht mehr akzeptiert – weder haushaltspolitisch noch von der europäischen Öffentlichkeit.
Zusätzlich belastet wird das Quotenproblem dadurch, dass es innerhalb der EU eine Diskussion um die Abschaffung der Milchquote gibt. Gegner und Befürworter halten sich derzeit die Waage. Aufgrund dieser Pattsituation dürfte sich vor dem Jahr 2008 kaum irgendetwas ändern. Ich habe das erwähnt, weil es Meinungen gibt, dass es keinen Sinn machen würde, die Quoten in den neu hinzukommenden Staaten überhaupt einzuführen, wenn der Trend in Richtung Abschaffung der Quoten gehe. Davon sollte sich niemand irre machen lassen, denn verhandelt wird nicht irgendein hypothetisches Szenario der gemeinsamen Agrarpolitik, sondern die gegenwärtige Rechtslage.
Zur Frage von Übergangsregelungen
Die EU ist bestrebt, so wenig und so kurze Übergangszeiten wie möglich zu vereinbaren. Auch ich meine, dass man mit Übergangsregelungen für den Binnenmarkt sehr zurückhaltend sein sollte. Wenn man z. B. in Polen andere Qualitätsstandards der Produktion als in der Gemeinschaft zuließe, würde dies zu einer Zweiteilung des Marktes führen. In der Praxis ist das kaum durchführbar. Hinzu kommt, dass die Abschaffung der Grenzkontrollen eines der politischen Hauptziele ist. Diese Frage war zur Zeit des Beitrittes von Spanien nicht das Problem gewesen, da es seinerzeit noch nicht den Binnenmarkt in der heutigen Form gegeben hat. Deshalb sind Hinweise die auf diesen Ländern gewährten langen Übergangszeiten kaum von praktischem Nutzen. Eine andere Frage ist die der polnischen Forderung nach einer Übergangsregelung beim Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen Diese wird von mir – trotz damit verbundener Probleme – unterstützt.
Mit dem Projekt der Osterweiterung der EU verbindet sich östlich wie westlich von Oder und Neiße die Hoffnung auf neue Absatzmärkte und Absatzmöglichkeiten auch für den Agrarsektor. Sicher wird sich die Hoffnung auf die Intensivierung des Agrarhandels erfüllen. Allerdings dürfte die Zunahme des Handels kaum gleichgewichtig erfolgen – zu mindestens nicht im mittelfristigen Zeitraum.
Fakt ist, dass Polen, in den letzten Jahren mehr Agrarerzeugnisse in die EU exportierte als es aus der EU importierte. Und das nicht etwa nur bei hoch verarbeiteten Nahrungsmitteln, sondern auch bei einfach verarbeiteten Nahrungsmitteln und landwirtschaftlichen Rohprodukten.
Vieles deutet darauf hin, dass sich diese Tendenz nach der Aufnahme in die EU zunächst noch fortsetzen und wahrscheinlich sogar verstärken wird. Immerhin hat das in Vorbereitung auf den EU-Beitritt zwischen der EU und Polen geschlossene „Doppel-Null-Abkommen“ in punkto Gleichgewichtigkeit des Handels wenig bewirkt. So hat Polen beispielsweise das Kontingent zur zollfreien bzw. zollbegünstigten Lieferung von Geflügelfleisch in die Gemeinschaft im Zeitraum Juli 2000 bis Juni 2001 nur zu knapp 57 % ausgenutzt.
Trotzdem hat Polen aus meiner Sicht neben Ungarn die größten Chancen für eine Ausweitung des Agrarhandels. Immerhin kann die polnische Land- und Ernährungswirtschaft mindestens drei Wettbewerbsvorteile nutzen:
– die unmittelbare geografische Nachbarschaft zu Deutschland als dem größten Agrarimporteur der EU;
– die mit ca. 0,47 ha landwirtschaftliche Nutzfläche je Einwohner relativ hohe Flächenquote, die es erlaubt, bei mäßigem Einsatz ertragssteigender Mittel eine hohe Pro-Kopf-Produktion zu erzielen;
– die niedrigen Arbeitskosten bzw. Einkommenserwartungen, die den Export von Erzeugnissen, deren Herstellung einen verhältnismäßig hohen Aufwand von Handarbeit erfordert (z. B. Gemüse, Obst, Beeren, Zierpflanzen, Baumschulerzeugnisse), begünstigen.
Mit dem Vorankommen der Handelsliberalisierung und der Einbeziehung dieser Länder in den EU-Binnenmarkt dürfte sich hier ein weites Feld für Handelsaktivitäten eröffnen. Schließlich gilt es mit steigender Wettbewerbsfähigkeit auch im Drittlandhandel weitere Marktanteile zu erringen. Für entscheidend halte ich die möglichst beschleunigte Modernisierung der Verarbeitungsindustrie, was auch eine höhere Attraktivität der Bedingungen für ausländische Investoren erfordert. Die Zukunft ist nicht der Export von Futtergetreide, sondern wenn aus Futtergetreide Schinken gemacht wird. Das sichert eine höhere Wertschöpfung und vor allem Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelindustrie.
Zu den Chancen des ökologischen Landbaus
Der ökologische Landbau hat in den verschiedenen Beitrittsländern eine unterschiedliche Bedeutung. Während in Tschechien etwa 2,6 % der landwirtschaftlichen Fläche nach ökologischen Standards bewirtschaftet werden, liegt dieser Anteil bei den anderen Staaten unter 0,5 %. Der hohe prozentuale Anteil des Ökolandbaus in Tschechien lässt sich dadurch erklären, dass es mit einigen Unterbrechungen schon seit etwa zehn Jahren eine staatliche Förderung für ökologisch wirtschaftenden Betriebe gibt. Des Weiteren wird dieser etwa in Ungarn, Rumänien und in der Slowakei unterstützt. Unter dem Eindruck der durch die BSE-Krise in der EU, insbesondere jedoch in Deutschland, ausgelöster Verunsicherung der Verbraucher und der nachfolgenden Diskussion um die Zukunft der europäischen Landwirtschaft hat die polnische Seite wiederholt erklärt, dass in der Entwicklung des ökologischen Landbaus eine große Chance für die polnische Landwirtschaft, insbesondere für den Export von Öko-Produkten in die westeuropäischen EU-Länder, gesehen wird. Für diese These spricht, dass derzeit mehr als 90% der in den Beitrittsländern erzeugten Bioprodukte nach Westeuropa exportiert werden. Das dürfte auch in naher Zukunft aus zweierlei Gründen möglich sein:
Zum Einen, weil in Polen der Produktionsfaktor Arbeit für den arbeitsintensiven ökologischen Landbau wohl auch in den nächsten Jahren relativ kostengünstig sein wird. Polnische Bioprodukte sind somit wettbewerbsfähig. Zum anderen, weil der ökologische Landbau in der EU noch kein großes Gewicht besitzt. Per 31.12.2000 hatte er einen Anteil von lediglich 2,9% an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche der Gemeinschaft.
Meines Erachtens dürfte die Entwicklung eines exportorientierten Öko-Landbaus früher oder später an Grenzen stoßen. Dafür sprechen folgende Gesichtspunkte, die bei den konzeptionellen Überlegungen mit bedacht werden sollten: Der Ökolandbau ist auch in den Ländern der bisherigen EU auf Wachstumskurs. So hat die ökologisch bewirtschaftete Fläche seit 1995 in der Gemeinschaft pro Jahr durchschnittlich um 25% zugenommen. Auch 2001 und danach werden kräftige Zuwächse erwartet. Dafür spricht, dass es seitens der Regierungen verstärkte politische Anstrengungen gibt, das „Nischendasein“ der Ökoproduktion zu beenden. So wurde z. B. in Deutschland die Förderung des ökologischen Landbaues ab diesem Jahr massiv verbessert. Das heißt, seine Wettbewerbsposition wird gestärkt. – Auch gegen polnische Konkurrenz!
Für eine dauerhafte Zukunft des ökologischen Landbaus ist es auch in Polen unerlässlich, dass er sich auf den polnischen Markt etabliert und ausdehnt. Bedingung dafür ist eine deutliche Steigerung der Kaufkraft weiter Teile der Bevölkerung, denn gegenwärtig wird der Öko-Landbau mit seinen in der Regel teueren Erzeugnissen durch die im Durchschnitt niedrigen privaten Einkommen begrenzt. (Aber selbst eine höhere Kaufkraft ist keine Garantie dafür, dass Ökoprodukte massenhaft nachgefragt werden. Vielmehr ist die Mentalität ausgeprägt, Lebensmittel billig einzukaufen, das heißt den Zuwachs an persönlichen Einkommen für andere Bedürfnisse wie Auto, neue industrielle Konsumgüter und Reisen zu verwenden.)
Die dominierende konventionelle Produktion wird als angewandter integrierter Landbau nicht nur zunehmend umweltfreundlicher, sondern auch künftig in der Lage sein, kostengünstiger als der ökologische Landbau zu produzieren. D. h. der Bedarf an teueren Ökoprodukten wird nicht ins Unermessliche wachsen, und zwar weder in den alten noch in den neuen Staaten der EU.
Unabhängig davon ist die Ausdehnung des ökologischen Landbaus allein wegen seiner anerkannt positiven Umweltwirkungen wünschenswert. Dabei wird das Tempo der Ausdehnung in Polen mit davon abhängen,
– dass Agrarumweltprogramme implementiert und gesetzliche Regelungen über die Erzeugung und Kennzeichnung ökologischer Produkte umgesetzt werden,
– in welcher Höhe diese Wirtschaftsweise künftig – in Relation zur konventionellen Produktion – gefördert wird und
wie sich die Marktstrukturen in diesem Marktsegment entwickeln werden.
Zu beachten ist, dass es sich beim ökologischen Landbau um eine Produktionsweise handelt, die vollständig auf der Grundlage von EU-Normen spezifiziert und kontrolliert wird.
In wirtschaftlicher Hinsicht wird die Erweiterung im starken Maße eine Agrar-Erweiterung sein, denn der Anteil der Landwirtschaft an der gesamten Wirtschaft ist in den Mittel und Osteuropäischen erheblich größer als in der derzeitigen EU. Das gilt auch für den Anteil am Bruttosozialprodukt, für die Beschäftigten, als auch für den Umfang der, in der Landwirtschaft zur Verfügung stehenden Nutzflächen. Unterstellt, der Beitritt würde heute vollzogen zu gleichen Bedingungen wie in der EU, dann würde die Agrarproduktion um 30% wachsen, aber das Bruttoinlandsproduktion der EU mit nur 3%. Das Hauptproblem des Beitrittsprosses werden die sozialen Wirkungen sein. Und das kostet Geld.
In dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung liegt ein Bericht zu den SRPARD- Programmen vor. Am 18.2. wird es dazu in Beisein der Agrarminister eine offene Diskussion geben. Die Forderung zur Auszahlung ist sicher an starken bürokratischen Hürden hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten. Recht oft wurde dieser Zustand vom EP kritisiert. Ich hoffe, dass noch im ersten Halbjahr die Auszahlung erflogt und das es in den Ländern ausreichend Bänker geben wird, die mit Risikokapital die Zahlungsempfänger langfristig sichern. Die Anfragen wie, wo und womit ausländische Unternehmer in Polen eine Existenz aufbauen können steigen.
Zum Schluss:
Die gesellschaftlichen Erwartungen sind ein entschiedenes Element für die Besonderheiten des europäischen Agrarmodells. Die BSE, und MKS -Krise haben das erreichte Positive in Frage gestellt. Das gleiche gilt auch auf einigen Gebieten des Tierschutzes. Schätzungsweise 250. Mio. Tiere werden jährlich durch die Union transportiert. Über deren Notwendigkeit aber auch deren Sinnlosigkeit wird von allen Beteiligten hart gestritten. Es fehlt an Ernsthaftigkeit, Transparenz und Ehrlichkeit auf diesem Gebiet. Wenn Wildlebende Tiere in Polen in Netzen gefangen und in tierquälerischen Containern über Deutschland nach Frankreich geschafft werden damit Sportschützen ihre Freizeit verbringen, dann schadet das den Berufsstand und ist eine schlechte Hypothek auf eine ordnungsgemäße Landwirtschaft.
Meine verehrten Damen und Herren,
die Bürgerinnen und Bürger in den Betrittsländern sollen nicht denken, das die Erweiterung der EU von einigen wenigen Politkern gemacht wird, die sich die Maßstäbe wiederum von einigen Wenigen aufdiktieren lassen. Für den Startschuss in ein erfolgreiches Referendum zum EU-Beitritt wird Glaubwürdigkeit der Politik und der stolze Wille eines ganzen Volkes notwendig sein. Dabei wünsche ich viel Erfolg.
Erfahrung, ist die einzige Schule, in der ein Kluger Kopf und weniger kluger Kopf etwas lernen können. Was die Bedingungen in der Republik Polen an betrifft, gehöre ich sicherlich zu der zweiten Kategorie. Deshalb werde den heutigen Erfahrungsaustausch dazu nutzen, mich auf die nächste Beratung im April in Warschau mit dem Agrarausschuss des EP gut vorzubereiten.
Danke für die Aufmerksamkeit