Zur Abstimmung des Berichtes über die Vorbereitung der Reform der Verträge und der nächsten Regierungskonferenz
Sylvia-Yvonne Kaufmann am 17.11.99 in Straßburg
Ich möchte den Berichterstattern vielmals danken. Sie haben wahrlich eine komplizierte und schwierige Arbeit geleistet. Gerade das Parlament als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger wird im Rahmen der kommenden Regierungskonferenz weiterhin intensive Arbeit zu leisten haben, damit die Regierungskonferenz tatsächlich den hohen Erwartungen der Menschen sowohl in der Union als auch in den Beitrittsländern gerecht werden kann.
Unsere Fraktion wird sich aktiv mit eigenen Vorschlägen in die Debatte einbringen. Wir streiten vor allem dafür, daß ein wahrhaft soziales und demokratisches Europa geschaffen wird. Ein Europa, das das europäische Sozialstaatsmodell bewahrt, ein Europa, in dem der öffentliche Dienst nicht wegdereguliert wird und in dem alles getan wird, um Sozialdumping zu verhindern.
Klar ist für uns: Die sogenannten „left-overs“ von Amsterdam dürfen nicht alleiniger Gegenstand der Regierungskonferenz bleiben. Die Union und ihre Mitgliedstaaten müssen angesichts der von uns allen gewollten Erweiterung endlich den Mut zu tiefgreifenden Reformen aufbringen, damit das politisch nach wie vor geteilte Europa demokratisch und sozialverträglich zusammenwachsen kann.
Beunruhigend, ja geradezu alarmierend ist, was im Bereich der sogenannten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik auf den Weg gebracht wird, mit welcher Vehemenz die bislang zivile europäische Integration ad acta gelegt wird und eine Militärunion geschaffen werden soll.
Im Bericht des Parlaments zum Beispiel wird verlangt, die Union müsse endlich Handlungsfähigkeit erlangen; Handlungsfähigkeit, die auf „glaubwürdigen militärischen Mitteln“ basiert. Was sind denn „glaubwürdige militärische Mittel“? Personenminen oder etwa gar Atomwaffen?
Wohin die Reise geht, das haben die Außen- und Verteidigungsminister am Montag in Brüssel festgelegt. Von einem „historischen Schritt“ war da die Rede. Bis 2003 soll unter dem Dach der WEU eine schnelle Eingreiftruppe geschaffen werden. De facto eine Europa-Armee mit 50.000 Mann für sogenannte Krisenoperationen „in und um Europa“. Die deutsche Tageszeitung „Die Welt“ charakterisierte dies gestern völlig zutreffend: die klassische Verteidigung Europas bleibe allein Aufgabe der NATO, die EU-Eingreiftruppe stehe nicht in Konkurrenz zu ihr, sondern werde „ihr neuer Trumpf“.
Vor diesem Hintergrund hatte unsere Fraktion bereits im Konstitutionellen Ausschuß den Antrag eingebracht, daß die Union Krieg als Mittel zur Lösung internationaler Konflikte ablehnt.
Es ist schlichtweg unfaßbar, daß die klare Absage an den Krieg im Ausschuß keine Mehrheit fand und abgelehnt wurde. Unsere Fraktion bringt diesen Antrag daher morgen erneut ins Plenum – wir werden namentliche Abstimmung verlangen, denn die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, wer in diesem Haus Krieg als legitim ansieht.