GEAS-Reform: historischer Kniefall vor den Rechtspopulist*innen in Europa
Cornelia Ernst, asyl- und migrationspolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, kommentiert die heutige Einigung über die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems statt:
„Der heutige Tag ist dramatisch für die Rechte Schutzsuchender in Europa und ein historischer Kniefall vor den Rechtspopulist*innen in der EU. Das Europäische Parlament ist in den Verhandlungen zum Fußabtreter der Mitgliedstaaten geworden. Die Einigung, die sich maßgeblich am Ratsmandat orientiert, ist die massivste Verschärfung des Europäischen Asyl- und Migrationsrechts seit Gründung der EU.“
„Zukünftig werden Asylsuchende an der Grenze inhaftiert, auch bei Familien mit Kindern aller Altersstufen soll das möglich sein. Von dort aus wird es dann möglich sein, die Menschen direkt abzuschieben, wenn möglich auch in sogenannte ‚sichere Drittstaaten‘. Damit ist das individuelle Recht auf Asyl de facto tot.“
„Eine echte Reform von Dublin ist gescheitert. Statt Menschen aufzunehmen, können die Mitgliedstaaten Abschottungs-Projekte in Drittstaaten finanzieren oder Mittel zur Grenzüberwachung, wie Stacheldraht, innerhalb der EU bereitstellen. Das nennt man dann auch noch ‚Solidarität‘ – das ist blanker Hohn.“
„Der Rat hat es geschafft, sich durchzusetzen und das Konzept der sogenannten ‚Instrumentalisierung‘ von Migration in die Krisenverordnung aufgenommen. Dieses fragwürdige Konzept ist ein Blankoscheck für die Aussetzung praktisch aller Rechte Schutzsuchender und ein Freibrief für illegale ‚Pushbacks‘. Das werden die Mitgliedstaaten lustvoll missbrauchen, um die Ausnahme zur Regel zu machen.“
„Geschwister sollen nicht als Familie gelten. Das bedeutet, dass Asylsuchende, die einen Bruder oder eine Schwester in einem anderen Mitgliedstaat haben, als dem, in dem sie ankommen, nicht mit ihnen zusammengeführt werden können. Familien werden auseinandergerissen, Menschen gezwungen, sich irregulär auf den Weg zu ihrer Familie zu machen. Diese Unmenschlichkeit macht sprachlos.“
„Ursprünglich hatte der Vorschlag zum ‚Screening‘ an den Außengrenzen einen unabhängigen Überwachungsmechanismus für die Grundrechte vorgesehen, der nach der Einigung maßgeblich ausgehöhlt ist. Pushbacks an den Außengrenzen werden ungestraft weitergehen. Außerdem können die Mitgliedstaaten nicht nur an der Grenze, sondern auch innerhalb ihres Hoheitsgebiets das Screening durchführen. Das wird zu einer massiven Zunahme von ‚racial profiling‘ in allen EU-Staaten führen.“
„Die beschlossene GEAS-Reform wird die Herausforderungen der europäischen Migrationspolitik in der Praxis nicht lösen. Im Gegenteil, sie legalisiert die jahrelangen Rechtsbrüche im EU-Asylrecht durch die Mitgliedstaaten. Damit wird die Rechtsstaatlichkeit in der EU schwer beschädigt.”