Cornelia Ernst im Plenum
Cornelia Ernst im Plenum

Schmierentheater statt Einigung

Cornelia Ernst, asyl- und migrationspolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, kommentiert den heutigen Verhandlungsmarathon zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems:

„Was wir in den Verhandlungen erleben, ist großes Kino. Der Rat weigert sich stoisch, dem Parlament Zugeständnisse zu machen, obwohl das Parlament schon viel zu viele Schritte auf den Rat zugemacht hat. Bei allen noch offenen und für das Parlament wichtigen Punkten stellt sich der Rat quer.

Er will verhindern, dass Geschwister und Familienmitglieder mit legalem Aufenthaltsstatus bei der Familienzusammenführung berücksichtigt werden. Das würde Familien dauerhaft auseinanderreißen und sie zu sekundärer Migration geradezu zwingen.

Grenzüberwachung will der Rat vom vorgeschlagenen Grundrechte-Überwachungsmechanismus ausschließen, wodurch die Mitgliedstaaten gewaltsame Pushbacks weiter ungehindert durchführen können.

Auch weigert sich der Rat, Familien von Grenzverfahren auszunehmen und will damit sogar Kinder an den Außengrenzen einsperren. Es soll nach der Vorstellung der Mitgliedsstaaten keine direkte Umsiedlung von aus Seenot geretteten Menschen und sie bestehen auf das Konzept der ‚Instrumentalisierung‘, das in die Krisenverordnung aufgenommen werden soll. Dieses Konzept ist ein trojanisches Pferd, das die Mitgliedstaaten missbrauchen werden, um die Ausnahme zur Regel zu machen. Damit hebeln sie das Recht auf Asyl praktisch vollständig aus.

In keinem der genannten Punkte zeigte der Rat Bewegung, auch deshalb wurde sich heute auf nichts Substantielles geeinigt. Das Europäische Parlament betreibt seit Monaten eigentlich nur noch Schadensbegrenzung auf Basis eines schwachen Mandats. Jetzt muss das Parlament klare Kante zeigen, denn Kommission und Rat agieren in den Verhandlungen in einer konzertierten Aktion.

Da es keine finale Einigung gab, wird es am 18. Dezember zum finalen Showdown kommen. Dieser könnte als historischer Kniefall vor den Rechtspopulisten in die Geschichte der EU eingehen. Klar ist schon jetzt, dass die GEAS-Reform die Herausforderungen der europäischen Migrationspolitik in der Praxis nicht lösen wird. Im Gegenteil, sie legalisiert die jahrelangen Rechtsbrüche im EU-Asylrecht durch die Mitgliedstaaten. Damit wird die Rechtsstaatlichkeit in der EU schwer beschädigt.”