Gewaltsame Pushbacks beenden – Vertragsverletzungsverfahren einleiten!
Cornelia Ernst, migrationspolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt nach ihrer Reise mit dem EP-Innenausschuss nach Litauen und Lettland, der sich über die Situation von Schutzsuchenden in den beiden Ländern informierte:
„Die letzten zwei Tage in Lettland und Litauen waren wirklich sehr eindrücklich. Beide Länder haben nationale Gesetze verabschiedet, die ‚Pushbacks‘ de facto legalisieren und im klaren Bruch zu internationalem und EU-Recht stehen. Es gab und gibt in beiden Ländern Hunderte ‚Pushbacks‘. An den Grenzen zu Belarus stehen riesige Grenzzäune und die etwa 2000 Menschen, die es nach Litauen oder Lettland geschafft haben, werden in geschlossene Zentren gebracht, ohne ordentliche rechtliche Unterstützung, ohne medizinische Versorgung – dort harren Sie oft Monate aus.“
„In Lettland berichteten uns Menschen, dass sie in an der lettischen Grenze mehrfach gewaltsam zurück nach Belarus geschoben wurden – das ist hier der Normalfall. NGOs und Anwälte bestätigen die Berichte der Menschen über Elektroschocks, Schläge, die Wegnahme persönlicher Dinge und sogar über ‚Waterboarding‘ durch lettische Polizeibeamte. In Litauen wurde uns über die Anwendung extremer Gewalt gegen Geflüchtete erst letzte Nacht in einem der geschlossenen Zentren berichtet. Wir haben die Behörden um eine Untersuchung gebeten, die sie auch zugesagt haben, und wir werden die Sache weiterverfolgen.“
„Sowohl die verabschiedeten Gesetze zur Legalisierung von ‚Pushbacks‘ und die gewaltsamen Praktiken an der Grenze zu Belarus sind inakzeptabel und ein Angriff auf das Recht auf Asyl. Selbst der Grundrechtsbeauftragte von Frontex wies in der Vergangenheit auf die grundrechtswidrigen Praktiken in Litauen hin; seine Hinweise müssen endlich ernst genommen und seine Empfehlungen umgesetzt werden. Die Kommission muss endlich ihre Rolle als Hüterin der Verträge ernst nehmen und Vertragsverletzungen einleiten.“
„In der aktuellen Situation machen wir uns außerdem große Sorge, dass die Entwicklung dahingeht, dass es in den nächsten Monaten Geflüchtete erster und zweiter Klasse geben wird. Auf der einen Seite Menschen aus Afghanistan, Syrien, dem Irak und anderen Ländern und auf der anderen Seite ukrainische Geflüchtete. Ukrainische Geflüchtete erfahren hier vor Ort sehr viel Unterstützung und das ist absolut richtig und wichtig. Andererseits ist offensichtlich, dass Menschen auf der Flucht aus anderen Ländern deutlich schlechter behandelt werden. Diese zwei Klassen darf es bei Menschen in Not nie geben!“
Hintergrund:
Eine Delegation aus sieben Abgeordneten des Innenausschusses des Europäischen Parlaments reiste von Dienstag, 1.3.21, bis Donnerstag, 3.3., nach Lettland und Litauen. Die MdEP besuchten Auffang- und Haftzentren vor Ort, fuhren in die Grenzgebiete und trafen sich mit hochrangigen Regierungsvertreter:innen, EU-Agenturen und Repräsentant:innen der Zivilgesellschaft.