Abgeordnete der LINKEN auf Delegationsreise in Polen: Menschenrechte einhalten – Schutzsuchende evakuieren!
Vom 14. bis 16. Januar 2022 waren mehrere LINKEN-Abgeordnete aus Europaparlament, Bundestag und Landtagen* auf einer Delegationsreise im polnisch-belarussischen Grenzgebiet
Seit August 2021 spitzt sich die Lage dort zu. Geflüchtete, die über Belarus in die Europäische Union gelangen wollen, sitzen im Wald ohne humanitäre und medizinische Hilfe fest. Viele von ihnen wurden und werden illegal von Polen nach Belarus zurückgewiesen und ihnen somit der Zugang zu einem fairen Asylverfahren verwehrt. Diejenigen, die es nach Polen schaffen, werden in der Regel in Lagern inhaftiert.
Cornelia Ernst, asyl- und migrationspolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt nach der Reise:
„Eins ist ganz klar nach unserer Reise: Polen ist für Geflüchtete nicht sicher. Wenn Geflüchtete nicht im Wald an der Grenze dem Tod überlassen werden, werden sie entweder gewaltsam nach Belarus zurückgedrängt oder misshandelt und unter unwürdigen Bedingungen in polnischen Lagern inhaftiert. Aber auch in Polen muss der Zugang zu Asylverfahren immer gewährleistet sein. Schutzsuchende, die sich jetzt noch im Grenzgebiet aufhalten, dürfen wir nicht zurücklassen“.
„Das Vorgehen der polnischen Regierung ist ein klarer Bruch von Menschenrechten und europäischem Recht. Sie verwehrt außerdem uns Abgeordneten und Nichtregierungsorganisationen den Zugang zur Sperrzone im Grenzgebiet und den polnischen Haftlagern. Damit werden rechtsfreie Räume geschaffen; diese Praxis muss sofort beendet werden! Insbesondere die EU-Kommission muss hier endlich Druck machen und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen einleiten, anstatt mit einem ‚Notfallmaßnahmen‘-Paket Polen die Möglichkeit zu geben von, geltendem EU-Asylrecht abzuweichen und damit die Rechte von Asylsuchenden massiv einzuschränken.“
„Den vielen Organisationen und Engagierten vor Ort, besonders den Anwohner*innen im Grenzgebiet, die alles tun um Menschen vor dem Tod zu bewahren, gehört unser tiefer Respekt und unsere Solidarität. Die massenhafte Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidiger*innen, die in Polen aber auch EU-weit immer massiver wird, muss aufhören!“
Hintergrundinformation Polenreise:
Während ihres dreitägigen Aufenthalts sprachen die LINKE-Politikerinnen mit Rechtsanwält*innen und Engagierten unterschiedlicher Organisationen und besuchten das Grenzgebiet. Entlang der über 400 Kilometer langen Grenze hat die polnische Regierung eine Sperrzone eingerichtet. Nichtregierungsorganisationen, Ärzt*innen, Journalist*innen und Abgeordneten ist der Eintritt in diese Zone offiziell untersagt. Die NGO „Ärzte ohne Grenzen“ zog sich deshalb kürzlich von ihrer Hilfsmission aus dem Grenzgebiet zurück.
Die Abgeordneten sprachen mit Vertreter*innen der Organisationen Fundacja Ocalenie, Grupa Granica, Polish Migrant Forum, Association for Legal Intervention, Open House und Helsinki Foundation sowie Abgeordneten der grünen Partei und der linken Parteien Razem und Nowa lewica, sowohl über die humanitäre Notlage in der Grenzregion, als auch die politischen Folgen und Forderungen. Ein Besuch im geschlossenen Haftlager Wędrzyn nahe der Grenze zwischen Polen und Brandenburg wurde der Delegation verwehrt. In diesem Lager werden zirka 600 Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten, sie sind willkürlich ohne Zugang zu Beratung, medizinischer Versorgung und Kommunikation inhaftiert.
Aktivist:innen und Ehrenamtliche berichteten davon, wie sie Menschen, darunter viele Familien mit kleinen Kindern, völlig durchgefroren und mit teils schweren Verletzungen im Wald in der von der polnischen Regierung eingerichteten Sperrzone aufgefunden haben. Mit warmer und trockener Kleidung versuchen sie, die Menschen vor Unterkühlung und dem Tod zu retten. Bei manchen Flüchtenden war die Kleidung schon an der Haut festgefroren. Mindestens 21 Menschen sind bisher im Grenzgebiet gestorben – letztes Jahr hat es tausende illegale Pushbacks von Polen nach Belarus gegeben.
Mit diesem Vorgehen verstößt die polnische Regierung eindeutig gegen internationales und europäisches Flüchtlingsrecht. Die EU-Kommission schlägt jedoch vor, Polen, Litauen und Lettland mit einem neuen Maßnahmenpaket die Möglichkeit zu geben, von geltendem EU-Asylrecht abzuweichen und die Rechte von Asylsuchenden massiv einzuschränken – statt auf die Einhaltung von europäischem Recht zu bestehen und Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten.
Untenstehend finden Sie das ausführliche Forderungspapier, das infolge der Delegationsreise entstanden ist. Die Abgeordneten werden sich in diesem Sinne auf ihren politischen Ebenen engagieren.
*An der Reise nahmen die Abgeordneten Dr. Cornelia Ernst, MdEP, Clara Bünger, MdB, Katharina König-Preuss, MdL Thüringen, Juliane Nagel, MdL Sachsen, Andrea Johlige, MdL Brandenburg und Henriette Quade, MdL Sachsen-Anhalt teil. Sie wurden u.a. begleitet von einer Vertreterin der hessischen Linksfraktion sowie den migrationspolitischen Aktivisten Pawel Matusz, Foaud El Moutaouakkil und Mark Gärtner.
Notfallmaßnahmen-Paket der EU-Kommission: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_21_6447
Erklärung von Ärzte ohne Grenzen: https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/presse/polen-blockade-projekte
Menschenrechte einhalten – Schutzsuchende evakuieren!PDF-Datei