Cornelia Ernst
Cornelia Ernst

Brandgefährlicher Kommissionsvorschlag ist weiterer Schritt zur Aushöhlung des Asylrechts

Cornelia Ernst, asyl- und migrationspolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt im Vorfeld der heutigen Plenardebatte um Provisorische Notfallmaßnahmen an den EU-Außengrenzen zu Belarus:

„Den Vorschlag der Kommission lehne ich entschieden ab. Die Rechtsgrundlage des Vorschlags ist mehr als fragwürdig: Er stützt sich auf die Existenz einer ‚Notlage‘ aufgrund ‚eines plötzlichen Zustroms von Drittstaatsangehörigen‘. Die derzeitige Situation kann aber nicht als eine solche Notlage bezeichnet werden, da die Zahl von Menschen an der Grenze zu Belarus niedrig ist und eigentlich nie hoch war – die Kommission hat die ruhigere Lage selbst auf ihrer Pressekonferenz eingeräumt. Diese Rechtsgrundlage wird bewusst gewählt, um das Parlament und speziell den Innenausschuss zu umgehen – dagegen müssen wir vorgehen.“

„Außerdem verfehlt der Vorschlag das Kernproblem an den EU-Außengrenzen zu Belarus. Es braucht einen garantierten Zugang zu Asylverfahren, da Menschen entweder informell oder aufgrund einer Entscheidung nach nationalem Recht, das EU-Recht bricht, zurückgeschoben werden. Doch anstatt Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten einzuleiten, deren nationale Gesetzgebung sogenannte Push-Backs ermöglicht, will die Kommission nun genau diesen Mitgliedstaaten die Möglichkeit geben, von geltendem EU-Asylrecht abzuweichen und die Rechte von Asylsuchenden massiv einzuschränken.“

Cornelia Ernst weiter:

„Der Vorschlag ist brandgefährlich und ein weiterer Schritt zur Aushöhlung des individuellen Rechts auf Asyl in Europa. Die Kommission spielt hier der Anti-Migrations-Agenda von EU-Regierungen wie Polen und Ungarn in die Hände. Die schändliche Kriegsrhetorik der letzten Wochen und Monate über Migrant:innen als Waffe und hybride Gefahren, die von Kommission und Mitgliedsstaaten vorangetrieben wurde, manifestiert sich jetzt in einem Vorschlag, der darauf abzielt, auf Grundlage einer angeblichen ‚Notlage‘, undemokratisch am EU-Parlament vorbei, Mitgliedsstaaten die Möglichkeit zu geben von geltendem Recht abzuweichen.“

„Grundlage jeden Handels der Europäischen Union müssen die Grundrechte der EU sein – das Gegenteil ist hier der Fall! Die Kommission übernimmt rechts-konservative Positionen der EU-Regierungen, die EU-Recht, insbesondere im Bereich Asyl, schon lange mit Füßen treten. Praktisch bedeutet das, dass Menschen im Grenzgebiet weiter alleine im Wald gelassen, illegal zurückgedrängt und ihrem Schicksal überlassen werden. Schon mindestens 17 Menschen sind gestorben und wenn humanitäre Organisationen nicht umgehend Zugang zum Grenzgebiet bekommen und sich die EU-Mitgliedsstaaten, auch Deutschland, nicht sofort bereit erklären, die Menschen aufzunehmen, werden noch viele weitere sterben – erfroren, verhungert, verdurstet in den Wäldern unter den wachen Augen der EU-Kommission und der EU-Regierungen. Eine Schande.“