Frontex-Kontrollgruppe darf Grenzschutzbehörde nicht reinwaschen
Abschlussanhörung der viermonatigen Untersuchung der Frontex-Arbeitsgruppe
Cornelia Ernst, innenpolitische Sprecherin der Linken im Europaparlament und Mitglied in der FRONTEX-Kontrollgruppe, kommentiert nach der Abschluss-Anhörung im Rahmen der viermonatigen Untersuchung, die Grundrechtsverletzungen untersucht, an denen Frontex beteiligt war, von denen Frontex Kenntnis hatte und/oder bei denen die Agentur nicht tätig wurde:
„Exekutivdirektor Leggeri bleibt dabei, alle Verantwortung für Rechtsbrüche von Frontex wegzuschieben. Er erklärt die Pushback-Praktiken an den EU-Außengrenzen praktisch für legal, indem er versucht, diese zu legitimieren und ignoriert internationales Recht, wie das allgemeine Zurückweisungsverbot der Genfer Flüchtlingskonvention. Das ist inakzeptabel und sachlich falsch. Pushbacks sind immer illegal. Hinzu kommt, dass Leggeri sich nicht an seine eigene Frontex-Verordnung hält: Art. 46 legt klar fest, dass der Exekutivdirektor die Operation beenden muss, wenn im Zusammenhang mit der betreffenden Tätigkeit schwerwiegende oder voraussichtlich weiter anhaltende Verstöße gegen Grundrechte oder Verpflichtungen des internationalen Schutzes vorliegen. Dennoch hat Leggeri dies bis heute nicht umgesetzt. Leggeri handelt hier wie ein Alleinherrscher mit absolutistischen Herrschaftsmethoden und ignoriert seine Verpflichtungen. Wir fordern die sofortige Beendigung aller Frontex-Einsätze in Griechenland. Leggeri muss entlassen werden! Dafür müssen auch die Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission endlich handeln und die Vertuschungspraktiken im Frontex-Verwaltungsrat beenden!“
Cornelia Ernst weiter:
„Dass die Arbeitsgruppe und eine viermonatige Untersuchung zur Rolle von Frontex bei Grundrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen überhaupt zustande gekommen ist, ist maßgeblich dem Druck unserer Fraktion im Europäischen Parlament zu verdanken. Völlig inakzeptabel ist für uns, dass die konservativen Kräfte innerhalb des Parlaments in den letzten Monaten versucht haben, Leggeri und Frontex praktisch reinzuwaschen, indem sie sich immer wieder von unserem ursprünglichen Mandat entfernt haben. So wurde beispielsweise unsere Forderung blockiert, Schlüsselorganisationen mit Beweisen aus erster Hand, wie front-lex, Seawatch, Border Violence Monitoring Network und Überlebende von Pushbacks öffentlich anzuhören. Stattdessen haben wir mehrere Akteure gehört, die keine direkten Beweise oder Zeugenaussagen hatten. Alles war ein politischer Kampf, selbst, dass die Anhörungen öffentlich stattfanden, war nur nach Druck unserer Fraktion möglich.“
Cornelia Ernst abschließend:
„Die Arbeit an unserem Abschlussbericht hat begonnen. Wir werden dafür kämpfen, dass alle Beweise, die wir erhalten haben, gewichtet werden und der Öffentlichkeit tatsächlich ein Bericht vorgelegt wird, der die Rolle von Frontex in systematischen Menschrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen aufdeckt und die Wahrheit ans Licht bringt. Die Agentur ist dem Parlament gegenüber verantwortlich. Es muss hier eine klare Botschaft gesendet werden: Es kann keine Straffreiheit für Frontex geben. Auch hier bemühen sich konservative und rechte Kräfte im Parlament, den Umfang des Berichts so weit wie möglich zu begrenzen und so schnell wie möglich abzuschließen. Sie haben kein Interesse daran, eine umfassende, tiefgehende Analyse vorzulegen. Das ist inakzeptabel. Hier wird sich schützend vor eine Agentur und einen Exekutivdirektor gestellt, die völlig außer Kontrolle sind. Das System Frontex als Teil der Abschottungspolitik der EU muss grundlegend in Frage gestellt werden. Wir brauchen endlich einen unabhängigen Überwachungs- und individuellen Beschwerdemechanismus an den EU-Außengrenzen und eine europäisch organisierte Seenotrettungsmission.“
Hintergrund:
Heute hat fand in Brüssel das letzte öffentliche Anhörung zur Untersuchung der Frontex-Arbeitsgruppe statt. Diese hatte in den vergangenen Monaten eine umfassende Untersuchung durchgeführt, bei der alle relevanten Informationen und Beweise in Bezug auf Grundrechtsverletzungen gesammelt wurden, an denen Frontex beteiligt war, von denen Frontex Kenntnis hatte und/oder bei denen die Agentur nicht tätig wurde. Frontex-Exekutivdirektor Fabrice Leggeri und EU-Kommissarin Ylva Johansson mussten sich zum Abschluss erneut den Fragen der Abgeordneten stellen. Die Frontex-Arbeitsgruppe wird zeitnah ihren Abschlussbericht ihrer Untersuchungen vorlegen.
Brüssel, 23.6.2021